Die besten Fullcontact Kickboxer aller Zeiten

Sugarfoot in Paris

Durch die Zerstrittenheit des Kickboxsports gibt es immer mehr Verbände, dadurch eine ständig wachsende Flut an Welt- und Europameistern. Kaum jemand hat ein Durchsehen. Wir haben uns die Mühe gemacht in Zusammenarbeit mit namhaften Journalisten, Trainern und bekannten Promotern eine ewige Top Ten Rangliste der besten Fullcontactfighter aller Zeiten zusammenzustellen. Die Rangliste stellt unserer Meinung nach zur Zeit die ultimative Reihenfolge im Vollkontakt dar. Dabei handelt es sich nicht um eine rein mathematische Zusammenstellung, bei der den Kämpfern für alle Siege Punkte addiert und für Niederlagen etwas abgezogen wird. Das Aufstellen einer solchen Rangliste ist auf die Gesamtzeit des Sports, von 1974 bis heute, ohnehin nicht möglich. Während man heute in aller Welt kickboxen kann, gab es diesen Sport in den ersten Jahren praktisch nur in den USA. Zu dieser Zeit, man nannte das Kickboxen noch Fullcontact Karate, rekrutierten sich die Sportler vornehmlich aus dem Karate und dem Point Fighting (=Semikontakt). Heute kommen immer mehr Kämpfer mit dem Muay Thai und dem klassischen Boxen in Verbindung, verfügen folglich auch ausserhalb des Vollkontakt-Kickboxens über beachtliche Kampferfahrungen und zumeist über einen starken Background als Amateur.

Don Wilson
Nummer eins: Don „The Dragon“ Wilson

1. Don „The Dragon“ Wilson
Er kämpfte von 1975 bis 1991 in allen Gewichtsklassen vom Mittelgewicht aufwärts. Insgesamt gewann er 10 Weltmeisterschaftstitel bei den Professionals. Zum Beginn seiner Karriere war er vor allem für seine tollen Kicks bekannt, denn in den schweren Gewichtsklassen gab es kaum einen Fighter, der so gut kicken konnte wie er. Später erntete er den Ruf eines sehr berechnenden, abgebrühten Konterfighters, der seine sich seine Gegner austoben ließ, und im Laufe der letzten Runden ausknockte. Seine besten Kämpfe lieferte er sich mit Jean-Ives Theriault (Unentschieden), Branko Cikatic, Ferdinand Mack (K.o.-Siege), Dennis Alexio und Maurice Smith (beides Punktsiege). Als er ab 1988 im Filmgeschäft Fuß faßte vernachlässigte er jedoch sein Training und beendete nach einer Titelverteidigung seiner WKA-Leicht-Schwergewichtskrone über Gabe Carmichael (USA) seine Karriere. In einem seiner letzten Fight erlitt er gegen den Polen Marek Piotrowski ein umstrittene Punkt-Niederlage, die praktisch den einzigen gravierenden schwarzen Punkt in seiner Laufbahn darstellt.
Siehe auch: Interview mit Don Wilson



2. Benny Urquidez
Seit 1974 bestritt Benny Urquidez, der aufgrund seiner blitzschnellen Fußtechniken auch als „The Jet“ bezeichnet wird, Kämpfe im Vollkontakt, mit und ohn Lowkicks und im Thaiboxen. Er war der erste und für lange Zeit der einzige US-Amerikaner der in Fernost unter original Thaiboxregeln mit Lowkicks kämpfte. Seine Kämpfe gegen die Japaner Okao und Suzuki sind vielleicht die besten Kämpfe der Kickboxgeschichte. Durch seine zahlreichen Kämpfe Ende der siebziger Jahre half Urquidez bei der Etablierung der WKA (World Karate Association) als konkurrierenden Verband zur führenden PKA (Professional Karate Association). Ab Mitte der achtziger Jahre kämpfte Urquidez nur noch selten. Seine hohen Gagenforderungen machten es für viele Promoter unmöglich mit ihm zu veranstalten. 1993 verabschiedete er sich mit einem knappen Punktsieg über den Japaner Tagami vom aktiven Wettkampf. Heute arbeitet er vornehmlich im Filmgeschäft als Stuntman, Trainer und Choreograph. Ausserdem veröffentlichte er drei Bücher und mehrere Lehrvideos.

3. Rick Roufus
Er ist der US-Superstar im Vollkontakt schlechthin. Seine Kicks und Schläge sind so schnell, daß auch er den Spitznamen „Jet“ trägt. Sein Kampfstil ist wie Kickboxen aus dem Bilderbuch. Er hat die meisten Kontrahenten vom Mittel- bis zum Cruisergewicht in den letzten 12 Jahren vorzeitig mit einem Kick auf die Bretter geschickt. Ein K.o.-Sieg über den starken Holländer Rob Kaman findet man ebenso wie Siege über Piotrowski, Theriault und Hoost. Seine einzige schwere Niederlage im Fullcontact hat ihm der Holländer Ernesto Hoost im letzten Jahr in Frankreich zugefügt. Die Revanche für die Schlappe steht für den 11. November in Marseille an. Danach will Roufus mit dem Kickboxen aufhören um sich als Berufsboxer nach vorne zu schlagen.

4. Demetrius Havanas, USA
Heute kennen ihn nur noch sehr wenige, den „Griechen.“ Er war einer der ersten amerikanischen Kämpfer aus der Gründerzeit Mitte bis Ende der siebziger Jahre. Sein Kampfstil war so spektakulär, das es bis heute keinen Fighter gibt, der ihm gleich kommt. Seine große Stärke war seine immense Kondition, die es ihm ermöglichte über viele Runden hohe, harte und spektakuläre Sprung- und Drehkicks auszuführen. Seine Ausdauer trainierte er sich mit Sprints und Dauerläufen unter der drückenden Mittagssonne von Dallas. 1981 fand Havanas bei einem Flugzeugabsturz einen tragischen Tod. Seinen größten Fight bestritt er gegen Benny Urquidez, den er umstritten nach Punkten verlor.

5. Rob Kaman, NL
Kaman, mit bürgerlichem Namen heißt er Diem, ist der erfolgreichste und einer der vielseitigsten Kämpfer Europas. Ob Thaiboxen, Kickboxen mit oder ohne Lowkicks, er kämpft einfach alles. Seine gefürchtete Waffe ist sein Lowkick, mit dem er seine Gegner wie mit einem Fallbeil von den Beinen holt oder sie bis zur Aufgabe maltretiert. Er kämpfte oft in Thailand und Japan. In Holland und Frankreich ist er ein sehr bekannter Sportler. Im klassischen Vollkontakt hat er zahlreiche Siege über bekannte Fighter errungen. Der Schweizer Jean-Marc Tonus und der Kanadier Jean-Ives Theriault konnten nicht gegen ihn mithalten. Lediglich US-Boy Rick Roufus konnte ihm eine schwere Niederlage zufügen. Den spannendsten Kampf seiner Karriere bestritt er in Amsterdam gegen seinen Landsmann Ernesto Hoost. Kurz vor einer Niederlage stehend zog er in der letzten Runde alle Register und riß das Rad mit einem K.o.-Erfolg auf seine Seite. Im Vorjahr gewann er in Paris einen großes Preisgeldturnier. In naher Zukunft dürfte vielleicht ein Fight mit dem Ami Dennis Alexio anstehen.

6. Dennis Alexio, USA
Während im Boxen die Hauptanziehung vom Schwergewicht ausgeht, sind im Kickboxen die gewichtigeren Jungs eher als träge, langsam und kickfaul bekannt. Nicht so Dennis Alexio. Der Amerikaner, der an der Seite von Jean-Claude van Damme in „The Kickboxer“ mitwirkte, ist mit Abstand der beste Kicker, den es im Vollkontakt gegeben hat. Zahlreiche seiner K.o.-Siege errang er mit der brachialen Zerstörungskraft seiner schnellen und ungemein kraftvollen Kicktechniken. Ob vorderes Bein, hinteres Bein, Sprung- oder Doppelkicks, Alexio kann alles. Darüber hinaus hat er jede Menge Dampf in den Fäusten. In seinem Rekord tauchen Besiegte auf wie z.B. Jerry Rhome (USA) und Branko Cikatic. Nur von Don Wilson konnte Alexio bislang in die Schranken gewiesen werden. Im letzten Jahr hat Alexio keinen Kampf bestritten. Obwohl er offiziell noch nicht zurückgetreten ist, rechnen viele damit, daß er in Kürze seine Titel aufgeben wird, es sei denn, daß es zu lukrativen Kämpfen gegen Roufus oder gegen Kaman kommen sollte.

7. Peter Harbrecht, Deutschland
Der Darmstaädter verblüffte Mitte der siebziger Jahre bei WAKO-Turnieren in ganz Europa die Fachwelt. Mit seine exakt getimten Kombinationen überrollte er wie eine Kampfmaschine seine Widersacher. 1978 gewann er als erster Deutscher einen WM-Titel im Vollkontakt durch einen Finalsieg über den US-Amerikaner Harold Roth (aka Harold Diamond). Harbrecht war seiner Zeit um zwei Generationen voraus. Selbst heute geben ihm viele Fachleute noch eine hohe Chance, ganz oben mitzuspielen. Sein aggressiver Kampfstil war allseits beliebt und gefürchtet. 1980 beendete er im Alter von 21 Jahren ungeschlagen seine Karriere und hinterließ bis heute eine Lücke, die selbst so bekannte und versierte Kämpfer wie Ferdinand Mack und Michael Kuhr nicht schließen konnten.

8. Peter Cunningham, USA
Wenn Cunningham im Ring steht, sieht man garantiert die besten Techniker, den man im Kickboxsport je zu sehen bekommen hat, und das in alles unterschiedlichen Regeln und Verbänden. Cunninghams Stärke sind seine formidablen Kicks, die es ihm erlauben jeden Kämpfer auf Distanz zu halten. Mit ihnen erntete er den Spitznamen „Sugarfoot.“ Er bewegt sich fließend und verfügt über Boxkombinationen die stark an das Boxidol Sugar Ray Leonard erinnern.
Siehe auch: Interview mit Peter Cunningham
und Bauchmuskel Training fuer Kickboxen.

9. Gilbert Ballentine, NL
Seine Fans nennen ihn den „Bullterrier,“ ein Kämpfer der sich festbeißt und niemals aufgibt. Wie Kaman, bestritt der leichtgewichtige, farbige Holländer zahlreiche Kämpfe in Fernost. Er akzeptiert alle Regeln und kämpft so vielseitig, daß ihm kaum einer seiner Kontrahenten das Wasser reichen kann. Siege über seinen Landsmann Ramon Dekker, den Thai Chanoy und die Deutschen Murath Cömert und Michael Kuhr schmücken seine Kampfbilanz.

10. Ferdinand Mack, D
Der 35jährige Mannheimer ist der erfolgreichste Vollkontakt Kickboxer im Lager des Weltverbandes WAKO. Bekannt und erfolgreich wurde er durch seinen vielseitigen Kampfstil, in dem er zahlreiche Doppelkickkombinationen implementierte. Der vierfache WAKO Amateurweltmeister wurde in seiner Laufbahn vor allem durch den euripäischen Kickboxpionier Georg Brückner und Peter Harbrecht beeinflußt. 1989 griff er erstmals im Profilager nach einem WM-Titel, verlor jedoch unglücklich nach hoher Führung in der vorletzten Runde gegen Don Wilson. Zwei Jahre später erkämpfte er sich durch einen Punkterfolg die Profi-WM im Mittelgewicht über den Ami Robert Harris, der zuvor John Longstreet die erste Niederlage zugefügt hatte.

11. Peter Aerts, Holland
Der Holländer ist der am stärksten Aufstrebende Thaiboxer. Für einen Schwergeichtler verfügt der Harinck-Schüler über ausgezeichnete Kombinationen und Kicks. Siehe auch Samurai Bericht ueber sein Comeback im K-1 Kickboxen.

12. Ernesto Hoost, Holland
Im letzte Jahr besiegte er Rick Roufus, doch dann folgte eine Niederlage gegen Branko Cikatic. Mit ein paar Niederlagen weniger auf dem Konto könnte er in dieser Rangliste viel weiter oben stehen.

13. Jean-Ives Theriault, Kanada
Er regierte in den achtziger Jahren das Mittel- und Leichtschwergewicht bei PKA, PKC und ISKA. Er ist der bekannteste Kickboxer, der aus Kanada kommt. Man sagt ihm Pfund für Pfund die härtesten Fäuste im Kickboxbusineß nach.

14. Ramon Dekkers, Holland
Meine Fresse, ist der hart. Doch er bestreitet des Geldes wegen zuviele Kämpfe. Interessant wäre eine weitere Auseinadersetzung mit Gilbert Ballentine oder ein Superfight mit Peter Cunningham.

15. Joe Lewis, USA
Der erste Vollkontakt-Fighter überhaupt. Er hob den Sport aus der Taufe, und ging als erster Schwergewichts-Weltmeister (1974) in die Annalen ein, drehte mehrere Lehrvideos. Hier mehr ueber das Sidekick Training mit Joe Lewis.

16. Steve Shepard, USA
Unter den ersten Vollkontaktfightern war er der beste Geschäftsmann. Er veranstaltet seine Kämpfe selbst, verdiente dabei großes Geld. Er war einer der gefürchtetesten Fighter überhaupt.

17. Troy Dorsey, USA
Der Texaner gewann Titel bei WAKO, PKA, ISKA, PKO und anderen Organisationen. Dem Leichtgewichtler gelang 1991 der Titelgewinn im Profiboxen nach Version der IBF.

18. Jeff Smith, USA
Der erste Leicht-Schwergewichtsweltmeister. Ein sehr disziplinierter Kämpfer mit guten Kombinationen und harten Fäusten.

19. Bill Wallace, USA
Das schnellste linke Bein. Wallace konnte aufgrund eines Unfalls nur mit links kicken, das aber besonders gut. Er dominierte von 1974 bis 1981 das Mittelgewicht. Zuvor kämpfte er erfolgreich traditionelles Karate und Semikontakt. Bill Wallace Seminare in Deutschland.

20. Ronnie Green, England
Der beste britische Fighter. Holte u.a. Titel bei der WKA. Von vielen Insider wird der Toddy-Schützling als der beste leichtgewichtige Europäer betrachtet. Er kämpfte u.a. gegen Benny Urquidez.

Die vorliegende Top Ten Rangliste wurde nach folgenden Kriterien zusammengestellt (Stand 1995):

1. Erfolge: Anzahl der Titel, nach Möglichkeit in unterschiedlichen Verbänden und Gewichtsklassen.
2. Charisma: Je einzigartiger und erfolgreicher der Kampfstil eines Kämpfers ist, desto höher kann er sich plazieren.
3. Qualität: Die Klasse der bestrittenen Kämpfe. Waren die Kämpfe spannend, sehenswert und herausfordernd ?
4. Quantität: Zahl der Kämpfe insgesamt und Kampfrekord mit möglichst vielen Siegen, nach Möglichkeit vorzeitig. Kontinuität der Leistung.
5. Verdienste: Durch ein ansprechendes Image und weite Bekanntheit in den Medien kann sich ein Sportler um den Sport besonders verdient machen.

In der kommenden Ausgabe präsentieren wir die ewige Rangliste der weltbesten Semikontakt-Fighter.

Kick Joe Lewis

Veröffentlicht in Ausgabe 12/95.