Bernie Willems – American Backfist

Bernhard Willems Bernhard Willems

In unserer Rubrik „Silent Heroes“ (Stille Stars) stellen wir ab dieser Ausgabe Kampfsportler vor, die fest auf dem Boden der Realität stehen und es verdienen, aufgrund ihrer Leistungen und Verdienste einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. In der Regel handelt es sich dabei um Personen, die nur deshalb in der zweiten Reihe stehen, weil sie Kampfsport aus der bloßen Freude daran betreiben, ohne sich ständig in den Vordergrund bringen zu wollen. In der aktuellen Ausgabe berichten wir über den Koblenzer Kickbox- und Taekwondo-Spezialisten Bernhard Willems. Hier seine Geschichte.

Bernhard Willems
Bernhard Willems

Im Alter von zwölf Jahren begann der heute 30-jährige Träger des vierten Meistergrades (Dan) mit dem Kampfsport Das koreanische Budosystem Taekwondo legte dabei den Grundstein in seiner Ausbildung, die er beim damals führenden Koblenzer Sportcenter unter Leitung von Hans-Jürgen Hirschgänger, selbst ein bekannter und erfolgreicher Karate- und Semikontakt Kickboxer, der jedoch später auf kriminelle Abwege geriet, begann. Wie viele andere zu dieser Zeit wurde der junge Koblenzer durch die Filme von Bruce Lee zum Kampfsport gebracht Nach dem Enthusiasmus der ersten Stunden und der Begeisterung für das neu entstehende, von seinem Lehrer weit geförderte Sportkarate, faßte Willems den Entschluß sich dem neuartigen System zu widmen und für die ersten Wettkämpfe in dieser Disziplin zu trainieren. Ab 1978 standen die ersten Turniere in den Kasernen der im Semikontakt führenden US-Amerikaner an. Städtevergleichskämpfe mit anderen Sportschulen und die ersten Besuche der immer bekannter werdenden offenen WAKO-Turniere. Die Weichen waren ohnehin auf Sieg gestellt, gestellt, denn Hirschgängers Dojo beheimatete seiner Zeit viele erfolgreiche Sportler wie z.B. den späteren Vollkontakt-Weltmeister Ali Pehlivan. Viele andere bekannte Sportler schauten vorbei, um die günstigen Trainingsmöglichkeiten zu nutzen und über einige Wochen zu trainieren.

EM-Teilnahme: So war es dann nicht verwunderlich, als Bernhard den Sprung in den Juniorenkader der WAKO schaffte, um bei den Europameisterschaften in Dublin den Titel des Vize-Europameisters in der Klasse bis S7 Kg (Semikontakt) zu gewinnen. 1979 folgte im Alter von 14 Jahren bei einem Ranglistenturnier zur Deutschen Meisterschaft in Darmstadt sogar der erfolgreiche Einstieg ins Vollkontakt, der jedoch wenig später durch gesundheitliche Gründe sein Ende fand.

Sportverbot: 1980 rieten die Artze Willems, unbedingt mit dem Sport aufzuhören, da er sonst mit erheblichen Schäden im Wirbelsäulenbereich zu rechnen hätte. Er machte dennoch weiter. Einen Tag nachdem die Ärzte ihm das Sportverbot aussprachen, legte er beim Taekwondo-Meister Ko Eu Min die Prüfung zum ersten Dan ab. Der Wettkampfsport wich aufgrund des ärztlichen Rates immer mehr der Konzentration auf Formen und Waffentechniken. Zusammen mit seinem Trainer Hirschgänger und anderen Sportlern aus seinem Team führte Willems immer öfter Demos für Fernsehanstalten und Diskotheken auf.
Zweiter Rückschlag 1986 erlitt Willems seinen zweiten Rückschlag gesundheitlicher Natur: Der gelernte Maurer stürzte bei der Arbeit vom Gerüst, zog sich dabei eine schwerwiegende Wirbelsäulenverletzung zu. Erneut begann er entgegen ärztlicher Ratschläge mit dem Kampfsport. Wieder waren das Taekwondo und der Kickboxsport seine Disziplinen, in denen er nach vorne kam. Im Taekwondo bekam er nach langjährigen Bemühungen für diesen Stil vom amerikanischen Großmeister Kang Rhee, besser bekannt als der Trainer von Bill Wallace und dem King of „Rock & Roll“ Elvis Presley, den vierten Dan verliehen.

Bernhard Willems
Bernhard Willems mit Taekwondo-Meister Ko Eu Min

USA-Trips: Bereits vor seinem schwerwiegenden Unfall hatte sich Willems trotz hohen sportlichen Respekts von seinem ersten Trainer Hans-Jürgen Hirschgänger auf sportlicher Ebene distanziert, der als Veranstalter von „offenen“ Welt- und Europameisterschaften und ersten Profigalas in die Unseriösität abrutschte – 1987 sogar wegen schwerer Verbrechen für über fünf Jahre in Haft geriet. Willems baute sich innerhalb der Coblenzer Turngemeinschaft eine starke Kampfsportabteilung auf, aus der nach und nach erfolgreiche Sportler hervorgingen, die zumeist im Lager der DBO auftraten. Seine Schüler bereicherte er alle paar Monate mit neuen Erkenntnissen, die er auf seinen zahlreichen USA-Reisen gesammelt hatte, bei denen er viele bekannte Champions wie z.B. Joe Lewis persönlich kennenlernte und mit ihnen trainierte. Zwei bis dreimal im Jahr lädt er selbst bekannte Kampfsportler für Seminare in seinen Verein ein. So waren schon Bill Wallace, Don Wilson und Rob Kaman bei ihm zu Gast um nur einmal die bekanntesten zu nennen.

Bill Wallace Seminar
Bill „Superfoot“ Wallace zu Gast in Koblenz.

SV-Kurse: Im Großraum Koblenz ist Willems zwischenzeitlich zum Inbegriff für qualitativ hochwertigen Kampfsportunterricht geworden. So gibt er regelmäßig im Auftrag des Landessportbundes und der Volkshochschulen Selbstverteidigungsseminare speziell für Frauen. Diese Seminare, wie auch die Lehrgänge mit den bekannten Kampfsportgrößen, stehen zumeist unter einem sozial geprägten Motto, wie z.B. gegen Ausländerhaß, so daß die lokalen Printmedien und der regionale Kabelfernsehsender PT-Koblenzdie reges Interesse an der Berichterstattung zeigen.
PR-Arbeit: So verhilft der mittlerweile zum technischen Zeichner umgeschulte Kampfsportlehrer dem ohnehin angeschlagenen Ruf der Martial Arts zu einem positiven, Feedback in der Öffentlichkeit Bemerkenswert an der Einstellung Willems, ist vor allen Dingen seine sachliche Kompetenz und seine zurückhaltende Einstellung. Andere Sportler mit seinem Wissen hätten schon längst einen eigenen Verband gegründet, um ihren Schülern das Geld nur so aus der Tasche zu ziehen.

Mit beiden Beinen auf dem Boden: Der Koblenzer ist in dieser Beziehung ehrlicher, schreckt im Moment sogar davor zurück, eine eigene Sportschule zu eröffnen, weil er sich in seinem Verein und in den Kursen, die er an anderer Stelle durchführt, wohlfühlt.

Joe Lewis seminar
2000: Bernie Willems mit Joe Lewis, den er für ein Seminar in Koblenz engagierte.

Große Sammlung: Dennoch ist die Eröffnung einer eigenen Sportschule der große Traum des sympathischen Kampfsportlers, der sich selbst in seiner raren Freizeit noch intensiv mit Kampfsport beschäftigt. Seine Leidenschaft liegt in der Dokumentation der Kickboxgeschichte durch Videoaufzeichnungen. Mit rund 300 Videobändern verfügt Willems über die umfangreichste Video-Sammlung in Sachen Kickboxen. Unter seinen Lieblingsvideos kann man Aufzeichnungen der ersten Vollkontaktkämpfe aus den USA (u.a. mit seinem großen Vorbild Benny Urquidez) finden, ebenso die spannendsten Fights der holländischen Thaiboxlegende Rob Kaman und die jüngsten Mitschnitte der Titelkämpfe von Rick Roufus. Es wäre schön, wenn es noch mehr kompetente Kampfsportler gäbe, die so wie Willems mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen und ihren Weg – trotz schwerer Rückschläge – beständig weitergehen. Für seine eigene Sportschule, die er sicher in absehbarer Zeit eröffnen wird, darf man ihm schon jetzt viel Erfolg wünschen.

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Willems mit reichhaltiger Pokal- und Medaillen-Sammlung.

 


KICK magazin
Die Rubrik „Silent Heroes“ erschien im Kick Juli 1994.