
Die Superheldin, die aus dem Nichts kam: Die harte und zähe Sophia Crawford lernte ihre Arbeit in Sachen Schauspielerei bei mehreren Hong Kong Filmproduktionen und anonym unter dem Helm des pinkfarbenen Power-Rangers. Nun, da die Hollywood-Produzenten weibliche Hauptdarsteller für Action-Rollen suchen, ist sie auf dem Weg zu größerem Ruhm, sie spielt eine Superheldin in der neuen Serie “Hammer Squad”.
Viele Freunde des Hong-Kong-Films haben gesehen, wie sich Sophia Crawford durch eine Reihe anspruchsvoller Rollen gekämpft hat. Sie spielte in Fernsehfilmen mit und schlug sich ihren Weg durch Gangsterfilme, doch wie viele andere hatte sie es sich zum Ziel gesetzt, irgendwann in Hollywood zu spielen.
“Als ich das erste Mal in Los Angeles ankam”, erklärt Crawford in ihrer sexy Aussprache, “habe ich mir erst einmal angesehen, wie hier Action-Filme gemacht werden. Einer der Filme, die ich gesehen habe, war “Mission of Justice”. Er hatte eine überraschende Mischung aus Stunts, wie sie in Hong Kong gemacht werden, und amerikanischer Choreographie, und ich wußte, daß ich in Amerika solche Filme machen wollte.
Nachdem sie in eingen Fernsehspielen und einem Film für das Kabelfernsehen mitgespielt hatte, stellte sie sich für einen Film vor, der bei Amerikas Kindern bereits auf großen Zuspruch stieß: Die Power-Rangers. Die Serie wurde zur Nummer eins und zog einen richtigen Boom nach sich. Und Sophia hatte bei der Vergabe der Filmrolle das As im Ärmel.

“Der Action-Direktor, Jeff Pruitt, war zufällg der gleiche Mann, der auch die Stunt-Coordination für “Mission of Justice” gemacht hat. Daher wußte ich genau, daß es kein gewöhnlicher Job werden würde. Ich hatte bereits zuvor mit ihm gearbetet, er kannte meinen Hong Kong Hintergrund und wußte, daß ich auch dann kämpfen kann, wenn ich einen pinkfarbenen Helm trage”, sagt Crawford.
Pruitt wußte, was er tat, und die englische Schauspielerin wurde unter hunderten von Mitbewerberinnen ausgewählt. “Während des folgenden Jahres”, erinnert sie sich, “arbeitete ich ständig daran, den pinkfarbenen Ranger nachzuahmen: Ich machte all die Gags und die verrückten Stunts, die die Serie so erfolgreich werden ließen. Die Kids lieben das, denn es ist etwas völlig anderes, wie das, was sie bisher gesehen haben.”
Power Rangers – der Film
Als nächstes kam der Film, für den Jeff Pruitt sich noch bessere Stunts ausgedacht hatte. Auch hier spielte Crawford den pinkfarbenen Ranger. “Immer dann, wenn sich die Schauspieler in Rangers verwandeln und kämpfen, springt mein Stunt-Team ein”, verrät Pruitt. “Es war sehr schwierig, jemanden zu finden, der alles für den pinkfarbenen Ranger machen konte, doch dann fanden wir Sophia. Es war ihr Stunt-Training von Hong Kong, was sie aus der Masse hervorhob. Sie war für die Rolle bereit. Ich habe mit allen aus dem Team das Posing und die Stunts für jeden einzelnen geübt. Den Kampfstil des pinkfarbenen Rangers änderte ich, damit er zu Sophias eigenem Stl paßte. Was sie gemacht hat, sah viel besser aus als in der Originalversion aus Japan. Ich wollte, daß die Mädels genauso kämpften wie die Jungs, und Sophia hatte mit harten Aktionen keine Probleme.”

Halzbrecherische Stuntarbeit
Im Film war ein Stunt, der so hart war, daß ihn niemend machen wollte – außer Sophia. Als Pruitt ihn erklärt hatte, zog sie sich einen gelben Ranger-Anzug an. Dann ließ sie sich neun Meter weit katapultieren, knallte gegen eine Beton-Wand, prallte ab und landete auf dem Boden. “Wir haben das vier mal gemacht”, erzählt Pruitt. “Die australische Mannschaft dachte, ich würde sie umbringen, aber für sie war das ganz normale Arbeit. Hinterher haben wir kräftig darüber gelacht. Wenn ich die Mannschaft solche Stunts machen lasse, denken viele, die das nicht gewöhnt sind: Der Kerl ist ein verrückter Teufel. Wenn ich sowas dann von einem Asiaten machen lasse, denken sie: Wow, der Kerl hat‘s wirklich drauf. Lasse ich es aber von Sophia machen, denken alle: Wie kann das von so einem süßen kleinen Mädchen verlangen? Wenn man Stunt-Coordinator ist, erwarten alle, daß man ein ernstes Gesicht macht und graue Haare hat”, sagt Pruitt. “Von einer Frau denken dann alle, wenn sie sehr hübsch ist, kann sie ja ncht so gut sein – ich hasse solche dummen Vorurteile.”
Erste Rolle in Amerika
Gegen Vorurteile mußte Crawford bereits ankämpfen, bevor sie nach Hollywood kam: In den Hong Kong-Filmen bekommen Ausländer meist nur solche Rollen, in denen sie das Böse Gegenstück des Helden darstellen. In Hollywood erkannte Sophia, was andere Schauspielerinen gelernt haben, als sie “Sword of Honor” spielte, ihren ersten amerikanischen Film. Der Unterschied ist, daß dort die weibliche Hauptdarstellerin, auch wenn sie eine Kämpferin ist, nicht gegen, sondern mit dem Haupt-darstelle kämpft – oft stellt sie dessen Freundin dar.
Bald kommen bessere Scripts
“Ich habe unheimlich gerne böse Rollen gespielt”, sagt sie, “denn das ist vielleicht der größte Spaß, den man als Schauspielerin haben kann. Trotzdem wäre es schön, wenn es für weibliche Schauspielerinnen bessere Scripts geben würde. Vielleicht ändert sich das, wenn Pam Andersons Film “Barbed Wire” ein Erfolg wird. Ich denke, die Zeit für Frauen in Action-Filmen ist gekommen.” Damit hat sie vielleicht mehr Recht, als viele denken: Nachdem die Power Rangers abgedreht waren, wurde Jeff Pruitt gebeten, eine neue Super-Helden-Show zu machen. Gesucht wurde eine Frau, die sich von den Mädels in Power Rangers unterschied.
Reiche Kampfkunsterfahrung gesucht
“Wir brauchten eine gutaussehende Frau, die nicht nur Kampfkunsterfahrung hatte, sondern auch schauspielen konnte”, sagt Produktionsleiter Seth Ersoff. “Dabei kam niemand an Sophia Crawford heran.” Die Serie “Hammer Squad” wird in Toronto abgedreht, was in der Filmszene schon den Spitznamen “Nord-Hollywood” trägt.
Kung Fu Serie
Sophia Crawford erzählt, sie habe dort bereits garbeitet, um die neue Version der Kung-Fu Serie zu drehen. “Es ist ein toller Ort, und ich kann es kaum abwarten, bis die Leute zu sehen bekommen, was wir vorhaben. Das ist das tolle an den Hero-Filmen: Du kannst einfach jede Technik machen, die du dir vorstellen kannst. Die Grenzen setzt du dir also selber.”
Für Sophias Abenteuer gibt es also keine Grenzen…

Veröffentlich in Ausgabe 12/95.
Text: Larry Segal.
Fotos: Archiv: Sophia Crawford