1992 verlor die Kampfsportszene eine ihrer beeindruckendsten und umstrittensten Persönlichkeiten: Georg Friedrich Brückner starb am 30.12.1992 an den Folgen eines langen Krebsleidens in seiner Heimatstadt Berlin.
Brückner war ein Pionier des Budosports, der seinesgleichen suchte. Bereits in den 50er Jahren begann er mit dem Jiu-Jitsu. Kurze Zeit später folgten Karate und das neue Taekwondo, beides Sportarten, die damals nur von ganz wenigen in Deutschland stationierten US-Soldaten betrieben wurden. Einer dieser Soldaten war Mike Anderson. Brückner hörte von Andersons Können und reiste jedes Wochenende von Berlin nach Garmisch Partenkirchen um die Kunst des Taekwondo zu erlernen. Als Gespann waren die beiden später massgeblich an der Veränderung der Kampfsportszene beteiligt und trennten die modernen wettkampforientierten Kampfstile von den alten traditionellen Systemen ab.
Freundschaft mit Mike Anderson
Als einer der ersten Sportler, die in den sechziger Jahren Karate und Taekwondo betrieben, eröffnete Brückner in Berlin eine der ersten kommerziellen Kampfsportschulen in Europa. Dazu mimte er in zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen kleine Rollen und in vielen weiteren Produktionen stand er seinen Mann als einer der ersten Deutschen Stuntmen (u.a. in den Jerry Cotten Verfilmungen). Ende der 60er Jahren´ bereiste er die USA, nahm dort mit seinen Schülern an Turnieren teil und importierte später zusammen mit seinem Freund Mike Anderson das amerikanische Sportkarate, wie man den Vorreiter des Kickboxen früher nannte, nach Deutschland.
Der Vater des Kickboxens und die WAKO
Seitdem gilt Brückner als der Vater des europäischen Kickboxens. 1974 und 1975 veranstaltete er in der Berliner Deutschlandhalle die ersten Europameisterschaften im All-Style Sportkarate, Vergleichskämpfe gegen die besten Amerikaner (Joe Lewis, Bill Wallace, Jeff Smith, u.a.) und den ersten Profi-WM-Kampf im Fullcontact in Europa.
1977 begründete er mit anderen Kampfsportpionieren den ersten Weltverband für Amateurkickboxen, WAKO, den er lange Jahre massgeblich lenkte, und organisierte zahlreiche Grossveranstaltungen in renommierten Arenen. Georg F. Brückner entwickelte die WAKO Grafik, die bis heute dem Weltverband und seinen Nationalverbänden als Logo dient und ließ dieses weltweit urheberrechtlich schützen.
Brückners Meilensteine als Veranstalter:
- 1974 – Berlin Deutschlandhalle, 1. All-Style Karate EM als Ausscheidung zur PKA WM in den USA, Teamkampf Europa gegen USA, u.a. mit Bill Wallace und Howard Jackson
- 1975 – Berlin Deutschlandhalle, 1. Profi Fullcontact Karate WM in Deutschland zwischen Ramiro Guzman und Gordon Franks.
- 1978 – Berlin Deutschlandhalle, 1. WAKO Weltmeisterschaft im Fullcontact
- 1987 – München Olympiahalle, 5. WAKO Weltmeisterschaften und Wiedervereinigung der WAKO
TopTen Ausrüstung
Seinen grössten Verdienst feierte der „Erfinder der weichen Handschuhe“ (Zitat: Berliner Morgenpost) mit der Erfindung der TOP TEN Schutzausrüstung. Brückner war mit der Qualität und Haltbarkeit amerikanischer Safeties, die er Anfang der 70er Jahre über seine Firm „Universal Import KG & Co. KG“ importierte, nicht zufrieden und entschloss sich, eine eigene Schutzausrüstung zu entwerfen. An diese Schutzausrüstung stellte er sehr hohe Anforderungen. Brückner entwickelte die TOP TEN Schutzausrüstung nicht nach Gesichtspunkten des Marketings, sondern zielgerichtet auf eine optimale Einsatzfähigkeit im Leistungssport. Eine Absicht, die mit der Anerkennung als offizielle Boxhandschuhe bei 3 Olympischen Spielen ab Barcelona 1992, ihren Ritterschlag erhielt.
Eine großartige Persönlichkeit
Die bis heute sichtbaren Leistungen dieses Mannes lassen nur vermuten, was für eine tolle Persönlichkeit dahinter stand. Seine Freunde liebten ihn eben darum und die anderen konnten gar nicht erst seine Freunde werden. Deshalb werden sich alle, die ihn kannten, noch lange an ihn erinnern. Selbst Menschen, die mit ihm über lange Zeit im Streit lagen, reden heute mit großer Bewunderung über seine Taten und vermißen seinen Einfluß. Viele andere haben ihm viel zu verdanken. Georg unterstütze und förderte Sportler und Freunde mit persönlichem Einsatz und stellte teilweise große wirtschaftliche Mittel als Förderer zur Verfügung. Als ich z.B. die erste Ausgabe des „Kicksiders“ veröffentlichte, hat Georg mir nach Durchsicht meiner Anzeigenpreisliste gesagt: „Junge, deine Preise sind zu niedrig. Ich gebe dir das Doppelte.“ Er wurde für seine Großzügigkeit sehr geschätzt und unterstüzte Veranstalter, Spitzensportler und Verbände aus seinem privaten Vermögen.
Georg, wir vermissen dich!
Unten: Original Nachruf wie im KICKsider 1993 veröffentlicht.