In Koblenz fand vor einer großartigen Kulisse in der Rhein-Mosel-Halle das Finale der 2. Deutschen Meisterschaft im Fullcontact-Karate statt. In der herrlichen Halle, die den 800 Zuschauern von jedem Platz aus gute Sicht bot, herrschte eine gespannte Atmosphäre, die sich laufend in Beifallstürmen entlud. Dank der ausgezeichneten Mitarbeit des Sportstudios Koblenz mit seinen führenden Kräften Armin Ernst, Hans Stacklies und Bruno Gärtner, lief die Veranstaltung reibungslos über die Bühne.
Selten haben Veranstaltungen so viel Qualität. Das Publikum war einhellig begeistert. Das Niveau der Kämpfer ist beachtlich gestiegen. Vor allem das sportlich faire Verhalten der Fighter, die sich bei unbeabsichtigten Kollisionen sofort beim Gegner mit einer freundlichen Geste entschuldigten, fand spontanen Beifall. Die Vollkontaktkämpfer stellen eine neue Generation dar, die nach nur knapp eineinhalb Jahren und durch einen modernen Entwicklungsprozeß überwältigend in Kampfkraft und technischer Brillanz sind. Es sind Techniker par excellenz darunter. Wen wundert es, sie sind zu 99% auch alle erstklassige Leichtkontaktler. Wenn man Schätzungen glauben darf, die in unserem Land etwa 50.000 Sportler mit der echten Nei-gung zum modernen Karate vermuten, dann wäre dies eine Potenz, die vereinigt, geschult und motiviert in einem groß angelegten Wettbewerb zu einer Spitzengruppe führen müßte, die auf der Welt, für einige Jahre wenigstens, zu den absolut Besten gehören könnte. Im Schwergewicht konnte Manfred Vogt, Neustadt, unangefochten die Meisterschaft für sich verbuchen. Kunibert Back und Tom Rissmann konnten nicht starten. Der eine war krank, der aridere war beruflich unterwegs.
Das Halbschwergewicht war ebenfalls eine eindeutige Sache für Dirk Peter, Berlin. Maurice Moore ist in die Staaten zurückgegangen. Im Mittelgewicht war die Konstellation bis zum letzten Kampf völlig offen. Dieter Herdel, Neustadt konnte allerdings nicht mehr eingreifen. Er hat einen schweren Meniskusschaden, der ihn schon im 1. Kampf zum Abbruch zwang. Alle jagten den Favoriten Darryl Tyler. Stefan Kessler, Schifferstadt, tat sein bestes, aber es reichte nicht, diesem schnellen US-Boy die Punkte abzunehmen. Dann kam Günter Häuslein. Er hatte in diesem Jahr noch nicht gekämpft, weil ihm der Dienst bei der Bundeswehr keine Möglichkeit bot. Unerschrocken setzte er Tayler zu, so daß dieser oft in Bedrängnis kam. Mit einem solchen Löwenmut hätte er sicher gesiegt, wenn er nicht einen so großen Trainingsrückstand gehabt hätte. Auch Bernd Eggert, Berlin, der in diesem Jahr ganz nach vorn gekommen ist, wollte es nicht gelingen, diesen schnellen Amerikaner aus dem Rennen zu werfen. Aber sicher ist, noch nie hatte es Tyler so schwer, die ihn fordernden Deutschen zu stoppen. Ich glaube nicht, daß Tyler das nächste Jahr, sollte er noch in Deutschland bleiben, die Saison unbeschadet durchsteht. Neue Talente sind ihm eng auf der Spur und brennen darauf, ihn zu schlagen. Wo noch vor Jahresfrist größter Respekt manche auf den Kampf lieber verzichten ließ, da steht jetzt der glühende Ehrgeiz, Revanche zu nehmen. Angst kennen sie nicht mehr vor ihm. Eggert schlug Alfs, ldar-Oberstein, nach kurzem Prozeß und hatte dann einen schweren Brocken zu bewältigen: Frank Kauten, Duisburg. Würde Frank die Möglichkeit zu einem richtigen Vollkontakt-Training haben, er wäre sicher einer der schwierigsten Gegner, die man sich vorstellen kann. Was soll man groß berichten über das Halbmittelgewicht? Peter Harbrecht, Darmstadt, ist und bleibt der absolute König in dieser Gewichtsklasse. Da Klaus Lutze nicht antreten konnte, gab es zwar einige beachtliche Gegner, denen es aber noch an manchem fehlt, um Peter auch nur zu gefährden. Im Endkampf bot der erst 17 Jahre alte Ivan Ferkula, Berlin, einen hervorragenden Kampf bis zu dem Punkt, da es ihn endgültig erwischte.
Reportage: 1. Ranglistenturnier 1978 in Hamm, Vollkontakt
Im Leichtgewicht konnte Heinz Klupp sicher Meister werden, obwohl er schon im 1. Kampf gegen Kemal Zeriat, Berlin, seine erste und einzige Niederlage dieses Jahres hinnehmen mußte und auch die so knapp wie es selten geschieht. Zwei Punktrichter gaben unentschieden 14:14, 15:15 und einer sah Zeriat mit 16:15 vorn. Unangefochten sicherte sich Rafik Jamali, Berlin, die Meisterschaft ohne anzutreten. Sein Punktkonto war so hoch, daß es von niemandem mehr erreicht werden konnte. Der 2. Platz ging an Klaus Friedhaber ohne Mühe, obwohl er den Endkampf gegen den noch unbekannten Jörg Leuk-Emden, Trier, verlor. Auch sein Punktekonto war aus den vorangegangenen Turnieren ein sicheres Polster. Im Fliegengewicht wurde Michael Kuhr, Berlin, Meister. Ali Phelivan hat von der WAKO Startverbot für ein Jahr erhalten, nachdem er sich in außergewöhnlicher Weise in Hamm und bei einem Leichtkontakt-Turnier in Linz sportlich so negativ aufgeführt hat, daß man ihn bei soviel Unbeherrschtheit ausschließen mußte. Schade. Aber wer die Regeln des Sports durch Eigensinn und unkontrolliertes Temperament nicht beachtet, der muß sich auch gefallen lassen, daß man ihm erst einmal eine Denkpause verpaßt. Die Verantwortlichen der WAKO jedenfalls werden solches Benehmen nicht dulden.
Fotos: Wolfgang Bullmann
Text: Georg F. Brückner