Master Toddy

Master Toddy Muay Thai

Vom Krokodilbändiger zum Muay-Thai-Trainer von Jane Hallender

Über 15 Jahre lang wurde der Name von Meister Toddy als Synonym für europäische Thaibox-Größe genannt. Dies ging so weit, daß, sobald ein Europäer einen Titel gewann, Toddy der Ruhm zugesprochen wurde, der Trainer des Champs zu sein. Nun ist er nach Amerika ausgewandert. Er lebt in Las Vegas, wo er bereits einen Weltmeister der neuen Generation hervorgebracht hat. Hier ist seine Geschichte, von den Ringkämpfen mit Krokodilen in seiner Jugend zum Weltruhm als Thaibox-Trainer.

Neuer Weltmeister
Die amerikanische Kickbox-Szene hat neuerdings einen Vorteil über den Rest der Welt: Meister Toddy, den Trainer von mehr als 20 Weltmeistern. Sein neuster Star ist Melcher Menor, der WKA und ISKA Super-Leichtgewichts-Weltmeister. Toddys richtiger Name ist Thosaphon Sitiwatjana, und er stammt aus Thailand. Er wurde auch durch Kickbox-Fernsehübertragungen bekannt. U.a. durch seinen Verdienst werden Kickbox-Kämpfe in Thailand und Amerika sowie in ganz Europa live übertragen. So kommen europäische Kämpfer wie Ronnie Green und Lisa Howarth mit thailändischen und amerikanischen Kämpfern wie z.B. Dale Cook zusammen.

Bangkok Muay Thai
Als Promoter steht Toddy mit Verbandsoffiziellen und thailändischen Hauptkämpfern bei einer Pressekonferenz vor der Kamera

Regelmäßige Trainingsreisen nach England
Durch seine zahlreichen Erfolge in Europa wurden die amerikanischen Kickboxer auf Toddy aufmerksam. Dale Cook, Don Nielson und Maurice Smith reisten regelmäßig nach England, um mit Toddy zu trainieren. Sie übten mit Spitzenkämpfern aus Japan und Europa. Dann sorgte er dafür, daß ein Welttitelkampf, der in Oklahoma stattfand, der nach Thailand übertragen wurde. Zwölf Millionen Zuschauer sahen, wie Dale Cook, mit Techniken, die er von Toddy gelernt hatte, einen Thai-Champion schlug. Das war das erste Mal, daß im thailändischen Fernsehen gezeigt wurde, wie ein Thai von einem Amerikaner geschlagen wurde. Der Kampf zeigte, was viele schon lange dachten: Toddy wird in Amerika gebraucht.

Master Toddy Muay Thai

World Thaiboxing School
Als Toddy noch nicht dort war, hatten die Amerikaner nur wenige Chancen gegen die Thais. Die WKA hatte Tritte zu den Beinen zugelassen. Leider wußten die Amerikaner nicht, wie man sie am besten einsetzt. Nun ist Meister Toddy ein geschätzter Trainer. Er lebt nun in Las Vegas, wo seine World Thaiboxing-School schon mehr als 200 Schüler angezogen hat. In kürzester Zeit hat er mit Melcher Menor einen weiteren Weltmeister hervorgebracht. Nach nur acht Monaten Training gelang es ihm, den amtierenden Weltmeister Paul Lenihan aus Irland, mit einem Lowkick KO zu schlagen. Lenihan hatte 56 Kämpfe und hielt seinen Titel fünf Jahre lang – Menor hatte nur 8 Kämpfe…

Toddy und das Krokodil
Toddys Geschichte beginnt in Thailand. Ja, sein erster Gegner war ein Krokodil. Toddys Vater war ein Polizist, der auch eine Krokodilfarm besaß. Oft wurden gefährliche Krokodile dorthin gebracht, um die Bevölkerung vor der Gefahr zu schützen. Eines dieser menschenfressenden Tiere flüchtete eines Tages durch einen Zaun. Als ein wertvolles Tier mußte es eingefangen, aber nicht getötet werden. Nachdem 15 Männer das Tier umstellt und ihm einen Sack über den Kopf gestülpt hatten, mußte einer auf den Rücken des Krokodils steigen, um es zu fesseln. Dieser eine war Toddy. Er sprang auf das Krokodil, das sich zu schütteln begann und, mitsamt Toddy, wieder ins Wasser sprang. Es versuchte, Toddy zu ertränken, indem es mehrmals untertauchte. Nur durch seine starken Arme und seinen Mut, konnte er das Krokodil vom Tauchen abhalten. Das erschöpfte Krokodil wurde zurück auf die Farm und der erschöpfte Toddy zurück nach Hause gebracht.
Toddy sagt heute, daß dieser Ritt in seiner Jugend den Weg für seine zukünftige Karriere geebnet hat. “Selbst gegen fünf Männer zu kämpfen kann nie so schlimm sein, wie gegen ein Krokodil zu kämpfen,” erklärt er.

Melchor Menor und Ronnie Green
Melchor Menor (l), der jüngste Weltmeister aus Toddys Schmiede und Ronny Green (r.), sein erster Welt- meister.

Muay Thai Training
Toddys Familie lebte in einer Anordnung von drei Häusern am Ende der Krokodilfarm. In einem der Häuser lebte ein ehemaliger Box-Weltmeister von den Philippinen mit seinem Sohn, einem Kickboxer. Seit Toddy fünf Jahre alt war, sah er den beiden beim Training zu, bis sie ihn irgendwann mitmachen ließen. Und so begann seine Karriere.

Wie alle anderen thailändischen Jungen erlernte Toddy Muay Thai, den thailändischen Nationalsport. Mit 13 Jahren trat Toddy der ersten Taekwondo-Schule in Bankok bei. Ein Jahr später trug er den schwarzen Gürtel und folgte seinem Meister – als dessen Assistent – nach Ootapau. In Ootapau war ein Erholungszentrum für amerikanische Soldaten, die im Krieg in Vietnam kämpften. Viele trainierten Taekwondo, um sich wieder fit zu machen. So kam es, daß Toddy gegen Erwachsene kämpfen mußte, die ihre Techniken kaum kontrollieren konnten. Während seiner Zeit in Ootapau erkannte er die Vorteile der Kombination zwischen den Taekwondo-Techniken und den Prinzipien des Thaiboxens. Er bleibt auch heute noch bei diesem Prinzip, daß jeder seiner Schüler erst einige Zeit Taekwondo trainieren muß, bevor er in den Ring darf.

Ein Schicksalsschlag in England
Nachdem Toddy nach England gekommen war, wollte er seiner Ausbildung zum Ingenieur nachgehen. Nebenher arbeitete er als Türsteher in einem Pub. Als der Clubmanager Toddys Fähigkeiten sah, organisierte er Kämpfe zwischen ihm und anderen Kämpfern der verschiedensten Stilrichtungen. Nachdem er nie geschlagen wurde, riet man ihm, seine eigene Schule zu eröffnen. Er tat dies, und der Rest ist Geschichte. Toddys erster Champion war einer seiner ersten Schüler: Ronnie Green, der in Europa Kickbox-Geschichte geschrieben hat. Der ehemalige Disco-Tänzer gewann seinen ersten EM-Titel nach nur drei Monaten Training mit Toddy. Wenig später wurde er Weltmeister. Eines der Geheimnisse von Toddys Erfolg ist seine Fähigkeit, zu sehen, wer das Zeug zum Champion hat. Selbst der beste Trainer kann nicht jeden zum Weltmeister machen. Trainer müssen sehen, wer das hat, was Toddy “Herz” nennt.

Geheimrezept
“Zuerst sehe ich mir die Persönlichkeit eines Schülers an. Ist er intelligent? Wie sind seine emotionalen Reaktionen? Lernt er schnell? Hat er ein gutes Erinnerungsvermögen? Zeigt er Einsatz? Wie sieht es mit seinem Ego aus, wie verhält er sich anderen gegenüber?” Dann schaut er sich den Hintergrund an: Braucht er Geld? Was motiviert ihn? Wenn er kämpft, um reich zu werden, wird er nie erfolgreich werden, denn es ist ein hartes Spiel, bei dem nur wenige das große Geld verdienen. Wenn er aber kämpfen will, weil er seinen Sport liebt und für seine harte Arbeit Anerkennung sucht, wird er es gut machen. Toddy konzentriert sich darauf, Trainer auszubilden, die gutes Thaiboxen unterrichten können. Er unterrichtet Leute aller Stile und heißt jeden willkommen, der an Cross-Training Interesse zeigt.

Das Herz eines Champions testen
Toddy ist berühmt für die Tests, mit denen er prüft, ob seine Schüler das “Herz eines Champions” haben. Als Ronnie Green unter Toddy zu trainieren begann, hat er sich einmal daneben benommen. Toddy ließ Green dann in der Mitte der Halle sitzen, mit einer Kerze in der Hand. Er kam erst Stunden später zurück und sah Green immer noch da sitzen, obwohl das Wachs über seine ganze Hand gelaufen war. Da wußte er, daß er einen ganz besonderen Schüler gefunden hatte.
“Wenn einer zu mir kommt und sagt, er wolle Weltmeister werden, sage ich: O.K., schlage 500 Rundtritte auf den Sandsack, obwohl ich weiß, daß das viel zu viel für einen Anfänger ist”, sagt Toddy. “Trotzdem will ich sehen, wie er reagiert. Wenn er zögert oder meine Anweisung in Frage stellt, dann weiß ich, daß er nicht das Herz hat. Wenn er aber sagt: Yes, Sir, dann sage ich: 500 sind zu viel, mach 200.”

Sicherheit im Muay Thai
Als international anerkannter Trainer und Veranstalter hat Toddy viel Energie darauf verwendet, die Muay Thai Techniken auf Sicherheit gerichtet zu überarbeiten. Er ist nicht der Meinung, daß Thaiboxen ein gefährlicher Sport ist, es sei denn, es ist schlecht organisiert. Wie er sagt, ist es nicht gefährlicher als westliches Boxen. Der Ringrichter spielt in Sachen Sicherheit eine wichtige Rolle. Ein guter Ringrichter sorgt dafür, daß die Regeln eingehalten werden und damit für die Sicherheit der Kämpfer.
Toddy hat vier Regeln für sichere, schöne Kämpfe aufgestellt: Ein hoher Trainingsstandart garantiert Kämpfer, die sicher und dennoch interessant kämpfen. Zum zweiten müssen die Kämpfe gut aufgezogen sein, die Kämpfer müssen zueinander passen. Drittens müssen faire Regeln aufgestellt werden, die ein kompetenter und erfahrener Ringrichter kontrolliert. Als letzten Punkt führt Toddy die Ausrüstung an. Er ist der Meinung, daß ein Ring immer vier straff gespannte Seile haben sollte, damit die Kämpfer nicht herausfallen können. Desweiteren sollten Männer stets einen Unterleibsschutz haben, denn jeder Kampf, bei dem Lowkicks erlaubt sind, ist auch für den Unterleib gefährlich. In Thailand wird der Unterleibsschutz von einer Schnur gehalten, nicht von einem Gummiband, wie es hier üblich ist. Die Gummibänder seien zu gefährlich, denn die Tritte von der Seite kommen dann durch, sagt er. Außerdem verwenden die Thais Metallbecher und nicht die Plastikschalen, die bei einem harten Tritt zu Bruch gehen können.

Thai Boxen wurde schnell in der westlichen Welt populär, deshalb wurde die Internationale Thai-Box-Föderation gegründet, um Fairneß und Sicherheit bei internationalen Kämpfen zu garantieren. Zur Zeit hat der Verband 34 Mitgliedsländer. Toddy steht ihm in Großbrittanien vor und baut gerade Amerika auf.

Kick Joe Lewis
KICK 12/95 mit Joe Lewis

Diese Reportage erschien in der Ausgabe 12/1995 und wurde von Jane Hallender erstellt. Wer sich für Master Toddy’s Muay Thai interessiert, kann ihn hier erreichen:
http://www.mastertoddy.com/