Jackie Chan Interview

Jacky Chan

Der große Coup

Nach drei erfolglosen Versuchen, als Filmstar in den USA ganz groß rauszukommen, gelang Jacky Chan mit „Rumble in the Bronx“ der langersehnte Durchbruch. „Rumble“ erreichte in der Startwoche die erste Position der amerikanischen Kinocharts. 10 Millionen Dollar wurden allein in der ersten Woche eingespielt, insgesamt kam man in den US-Kinos auf satte 30 Millionen Bucks. Jacky Chan, der König des fernöstlichen Kinos, hat seinen großen Coup gelandet.

Ein Exklusiv Interview von
Paul Maslak und Neva Friedenn

Jacky Chan

Es ist zehn Jahre her, als er seinen ersten Streifen in den USA abdrehte und ganze 15 Jahre seit sein erster Film über eine amerikanische Leinwand flimmerte. Der große Erfolg blieb bislang aus, erst mit seinem neuen, großen Film „Rumble in the Bronx“ hat er den Fuß in die Tür zu den westlichen Ruhmeshallen gesetzt. Nach unserem Interview, unterschrieb Jacky einen Vertrag über mehrere Produktionen beim Branchengiganten Universal Pictures, der u.a. für die letzten fünf Auftritte von Jean-Claude Van Damme verantwortlich war. Chan soll für die Hauptrolle im ersten Film eine Gage in Höhe von 12 Millionen Dollar erhalten. Die Produktion trägt den Arbeitstitel „Confuzius Brown.“ Sie kann dazu beitragen, daß der quirlige Hong-Kong-Chinese in der westlichen Welt den gleichen Erfolg feiert, wie in Fernost. (Anmerkung der Redaktion: Ein Arbeitstitel ist ein vorläufiger Produktionsname. Er wird selten als Titel für den späteren Film genommen. Man will damit Copyright-Probleme vermeiden.)
Obwohl Chan für die breite Masse in Nordamerika und Europa noch ein unbeschriebenes Blatt darstellt, ist er weltweit einer der größten Filmstars. Er ist zu einer bewunderten Kultfigur in seinem Genre avanciert. Anders als die westlichen Superstars hat er sein Publikum durch atemberaubende und gefährliche Stunts beeindruckt. In den Handlungen seiner Filme stellt er anfangs meist den Außenseiter dar, der sich auf nahezu selbstverständliche Weise den Respekt der breitschultrigen Machos erkämpfen muß. Dennoch – und darum beneiden ihn einige der großen Actionstars – halten die Filmkritiker Chan als einzigen „Knochenbrecher“ sehr hoch. Sie sehen in seinem Humor und seiner Mimik vergleichbare Qualitäten zu den großen Komik-Legenden Charlie Chaplin und Buster Keaton. In einfachen Worten gekleidet: er verkörpert im Film einen Helden wie aus einem Comic. „Pulp Fiction“ Regisseur Quentin Tarantino faßte es bei der Verleihung des „MTV Lifetime Achievement Awards“ an Chan treffend zusammen: „Wenn man einen Film mit Jacky Chan ansieht, dann will man so sein wie Jacky Chan. Man will durch die Scheiben springen wie er, man möchte gegen 25 Leute gleichzeitig kämpfen.“

Burt Reynolds
Szene aus „Auf dem Highway ist die Hölle los“: Jackie Chan an der Seite von Burt Reynolds.

Unsere Mitarbeiter Paul Maslak und Neva Friedenn, beide bekannte Filmproduduzenten, interviewten Jacky Chan kurz vor einer großangelegten Wirbelwind-PR-Tour durch die USA für seinen neuen Film „Rumble in the Bronx.“ Sie hatten bereits 1980 ein Interview mit Chan geführt. Damals waren sie das erste Journalistenteam, das ein englisches Interview mit dem heutigen Superstar geführt hat, was ihnen ein besondere Perspektive in der Kommunikation mit ihm gewährt.

CHAN: Wieviele meiner Filme haben sie gesehen ?

KICK: Wir kennen alle ihre Filme … bis auf „City Hunter.“

Gott, schauen sie sich den bloß nicht an. Haben sie schon „Rumble in the Bronx gesehen ?

KICK: Ja, wir haben die chinesische Version sehen können. Wie hat es ihnen gefallen, den MTV Award verliehen zu bekommen?

CHAN: (Chan lacht) Es hat mich überrascht! Über all die Jahre war ich sehr enttäuscht worden in Amerika. Ich war am Boden zerstört. Damals entschloß ich mich, nach Asien zurückzugehen und Amerika aus meinem Gedächtnis zu streichen, weil ich wußte, daß sie nicht empfänglich waren für mich.

KICK: War es nicht auch anders herum ? Die amerikanischen Filmemacher haben nur wenig Schwerpunkt auf die Budotechniken in der ersten Hälfte der achtziger Jahre gelegt, ganz im Gegensatz zu dem, was sie in Hong Kong gemacht haben. War es nicht so, daß die amerikanische Produktionsarbeit für sie wenig Sinn gemacht hat? Sie können ruhig ehrlich antworten.

CHAN: Wie die Amerikaner Filme drehen, gefiel mir nicht. Ich wollte einfach nicht ständig vom Drehort entfernt stundenlang in einem Wohnwagen sitzen, um dann fünf Minuten am Set zu drehen. Als ich endlich zum Set ging, gab es den „Lighting Man,“ der für mich rumstand, um die Ausleuchtung zu testen. Nach einem kurzen Dialog mußte ich wieder in den Wohnwagen zurück. Ich hatte keine Ahnung, was am Set vorging, weil ich keine Zeit hatte. Ich mußte im Wohnwagen bleiben, um Englisch zu lernen. (Er wiederholt beide Seiten der Lektion mit präziser Aussprache) „New York.“ „Yes, get rid of the gum.“ „Get rid of the gum“ (alle lachen). Nein, wirklich. Das haben mir die Dialoglehrer beigebracht. Man gab mir keine Zeit, mich auf die Action vorzubereiten. Als ich am Set angekommen war, hieß es: „Du stehst auf: ein Schlag.“ Als ich dann fragte, „nein, warum dreh ich mich nicht um und kicke,“ schrie der Regisseur, „nein, nein, nein, nein – steh einfach nur auf, wenn du dich umdrehst, müssen wir den ganzen Aufbau ändern.“ Und ich sage: „Warum bauen wir die Sachen dann nicht gleich so auf, daß ich mich drehen kann?“ „Nein, wir haben keine Zeit, Jackie, glaube mir … du wirst toll aussehen.“

Jacky Chan

KICK: Ist nicht die Einstellung der amerikanischen Regisseure das Problem ? Sie kennen nur drei Aufnahmetechniken für Action: die Master-Shot-Technik, die mit der bewegten Kamera und die Montage, wobei es auf den Stil der Montage ankommt.

Genau, sie kennen sich nicht aus. Sie wissen nicht, wie man richtig schneidet. Man muß wissen, wie. Ich schneide meine Filme selbst. Ich kenne den Punch, die Kicks, worauf es ankommt, welche Einstellung eingefügt wird. Die Regisseure hier schneiden nur das Masterband. Sobald sie Ihre Mastershots drinn haben, geben sie das Material dem Cutter, der dann den Schnitt besorgt. Im Grunde weiß der gar nicht, was er machen soll.

KICK: Es muß für sie ein großer produktionsbedingter aber auch kultureller Schock gewesen sein. Nur wenige Amerikaner bewegen die Kameras so, daß es gut für Fightaction ist. Man braucht einen guten Kameramann und einen Choreographen, die auch mit in den Schneideraum gehen.

Yeah, natürlich. Der Kampfsport-Choreograph kennt sich aus. Einer von ihnen kennt mich, Pat Johnson. Er sagte zu mir: „Jackie, du bist gut, aber – das System, es ist das System.“

KICK: Im Westen ist das System leider so, daß der Kampfsport nicht gut zur Geltung kommt. Wie sieht ihr typischer Drehtag bei uns aus ?

Die Kamera ist bereits aufgebaut. Aber wenn ich mich drehe und kicke, muß er (er zeigt mit den Händen auf eine Position) hier sein, um einzufangen, wie sich mein Gesicht dreht. Aber das Licht ist dafür nicht eingestellt. Dann heißt es, „warum hast du das nicht vorher gesagt?!“ Ich sage dann, „ich hatte keine Zeit, ich war in der Schule und beim Dialoglehrer.“ Und dann kommt der Regisseur und sagt, „keine Sorge, du wir lassen dich gut aussehen.“ Ich stehe auf, führe den Punch aus und verschwinde wieder im Wohnwagen um zu lernen. Ich habe echt keine Ahnung, was am Set geschieht.

KICK: Wir haben gehört, daß sie die Story zu „Rumble in the Bronx“ vor 15 Jahren geschrieben haben. Ursprünglich handelte sie von einem Studenten, einem schwierigen alten Meister und einer Gang Jugendlicher. Das war noch bevor „Karate Kid“ mit ähnlichen Elementen spielte.

Damals habe ich an drei Drehbüchern gearbeitet. Das eine war diese „Karate Kid“ Story, das nächste ein Western über einen Mann aus der Ching Dynastie, der nach Amerika kommt. Vor fünfzehn Jahren konnte ich in Amerika noch viel über Scripts nachdenken. Ich drehte nur „The Big Brawl“ und lernte englisch. Sonst hatte ich nichts anderes zu tun, als über Drehbücher nachzudenken. So hatte ich diese drei Ideen. „Karate Kid“ kommt in die Kinos. Ich schaue es mir an und denke, „Sheez, das ist mein Film.“ Dann kommt „Karate Kid II“ und „Karate Kid III.“ So, okay, ich vergesse „Rumble in the Bronx.“ Später wollte ich die Westernstory drehen und „Der mit dem Wolf tanzt“ kommt raus. Natürlich ist die Story anders, aber innendrinn …

KICK: … sie hat viel von der Atmosphäre?

Yeah. Dann wollte ich die dritte Story umsetzen, über Feuerwehrleute. „Backdraft“ kommt raus, so ein Mist. Naja, vergessen wir es. Ich lasse die Sachen einfach zu lange ruhen. Ich werde den Western vielleicht in ein oder zwei Jahren machen.

KICK: 1991 haben sie in einem Interview gesagt, sie würden gerne mal einen Geheimagenten spielen, der so um 1890 in den Westen reist, um einen Killer zu töten. Sie wollten sich dabei mit den Indianern verbünden. Das dürfte doch Gefallen finden. Es könnte auf dem Markt gut ankommen. Man hat sie schon als einen „internationalen Schatz“ bezeichnet.

Ach nein.

KICK: Und sie werden in den USA sehr bekannt.

Ach ja ?

KICK: Aber sicher.

Vielen Dank. Ich werde sie bald wieder sehen! Ich komme nach Amerika, wertes Publikum!

 

Auf dem Highway ist die Hölle los
In „Auf dem Highway ist die Hölle los“ (OT: „The Cannon-ball Run“) verprügelt Jackie Chan an der Seite von Burt Reynolds und Dean Martin eine Gang rauflustiger Motoradfahrer.

Filmographie Jack Chan

Jahr Original-Titel Typ
1971 Little Tiger from Canton Kampfaction
1973 Not Scared to Die Kampfaction
1973 Heroine Kampfaction
1973 All in the Family Kampfaction
1973 In the Eagle’s Shadow Fist Kampfaction
1976 Count Down in Kung-Fu Kampfaction
1976 New Fist of Fury Kampfaction
1976 Shaolin Wooden Man Kampfaction
1977 Spiritual Kung-Fu Kampfaction
1977 Killer Meteor Kampfaction
1977-78 Snake and Crane Arts of Shaolin Kampfaction
1978 To Kill with Intrigue Kampfaction
1978 Half A Loaf of Kung-Fu Kampfaction
1978 The Magnificent Bodyguard Kampfaction
1978 Snake in the Eagle’s Shadow Comedy Kung-Fu
1978 Spiritual Kung-Fu Comedy Kung-Fu
1978 Dragon Fist Comedy Kung-Fu
1978 The Drunken Master Comedy Kung-Fu
1979 The Fearless Hyena Comedy Kung-Fu
1980 The Dragon Fist Comedy Kung-Fu
1980 The Big Brawl Comedy Kung-Fu
1981 The Young Master Comedy Kung-Fu
1981 The Cannonball Run Action Comedy
1981 Dragon Lord Comedy Kung-Fu
1982 First Mission Comedy
1983 Wheels on Meals Action Comedy
1983 Winners and Sinners Action Comedy
1984 My Lucky Stars Action Comedy
1984 The Protector Action
1985 Fantasy Mission Force Action
1985 Police Story Action
1986 Dragons Forever Action Comedy
1986 Police Story II Action
1987 Project A Action Comedy
1987 Dragons Forever Action Comedy
1988 Armour of God Action Comedy
1988 Project A II Action Comedy
1989 Painted Faces (Dokumentation) Guest Role
1989 Mr. Canton and Lady Rose Action Comedy
1990 Armour of God II: Operation Action Comedy
1991 Island of Fire Cameo-Rolle
1992 City Hunter Comedy Kung Fu
1993 Crime Story Action
1993 Supercop II: Project S Cameo-Rolle
1994 Drunken Master II Comedy Kung Fu
1995 Rumble in the Bronx Action Comedy
1995 Thunderbolt Action
1996 Police Story 4: First Strike Action
1996 Mr. Nice Guy Action

* Kinderrollen wurden nicht aufgeführt, deutsche Fassungen z.T. mit unterschiedlichen Titeln.


Jackie Chan’s Preise

und Ehrungen laut Aufstellung von
Russell Cawthorne & Roberta Chow,
Golden Harvest Films, Hong Kong

Jahr Preis/Ehrung Verleiher/Stiftung Land
1983 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1984 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1985 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1985 Best Foreign Director RoadShow magazine Japan
1986 Jackie Chan Day (6.10.) City of San Francisco USA
1986 Ten Outstanding Young Hong Kong Junior Hong Kong
Persons of Hong Kong Chamber of Commerce
1986 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1987 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1988 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1988 Best Foreign Action RoadShow magazine Japan
Director
1988 Outstanding Young Jaycees International Inter.
Persons of the World
1989 Best Foreign Actor RoadShow magazine Japan
1989 Member, Most Excellent British Government Hong Kong
Order of the British Common. Empire
1989 Best Actor Artists‘ Guild Hong Kong
1990 Ten Most Popular Hong Kong Radio & Hong Kong
Performers of the 80’s Television
1990 Des Insignes de Cinematheque France
Chevalier des Arts et Francaise
des Lettres
1992 Five Most Outstanding Regierung von Taiwan Taiwan
Young Chinese of the
World
1992 Ten Most Healthy Per- Hong Kong Radio & Hong Kong
sonalities of Hong Kong Television
1992 Best Actor Golden Horse Award Taiwan
1993 Outstanding Contribu- Asia Pacific Film Asia Pacific
tion to Movies Award Festival
1993 Best Actor Golden Horse Award Taiwan
1994 Best Actor of the Year Cine-Asia Internat.
1995 Lifetime Achievement MTV Movie Awards USA


 

Jackie Chans Schirmherrschaften

laut Aufstellung von Solon So, The Jackie Chan Group, Hong Kong

Zeitraum Organization/Stiftung Funktion
1987-heute Jackie Chan Charitable Gründer Foundation, Hong Kong
1988-heute Jackie Chan Charitable Gründer Foundation, Japan
1989-1991 Hong Kong Directors‘ Guild Mitglied im Executive Committee
1991-1993 Hong Kong Directors‘ Guild Vize-Präsident
1993-heute Hong Kong Directors‘ Guild Präsident
1992-heute Hong Kong Stuntmen’s Exekutiv Committee Association Member
1993-heute Hong Kong Society of Ehren-Präsident Cinematographers
1993-heute Hong Kong Performance Vice-Präsident Artiste Guild
1994-heute Hong Kong Motion Picture Präsident Association


 

 

Mike Chaturantabut
Dieses Interview wurde in KICK Ausgabe 1996 / 10 veröffentlicht.