Rick Roufus: Der erste K-1 Champion in Amerika

Rick Roufus

Die Kickboxszene ist gepalten: Ist Fullcontact oder Kickboxen mit Lowkicks der bessere Sport, ist eine der bekanntesten Zwiespälte. Besonders Fullcontact-Kämpfer schrecken vor Kämpfen mit Lowkicks zurück. Jetzt gibt es jedoch eine Ausnahme: der beste Fullcontact Profi kehrt wieder in den Ring zurück. Rick Roufus will es wissen. In Las Vegas errang er erfolgreich den ersten K-1 Titel in den USA.

kickboxing Fight
Roufus (li.) gegen Jerome Turcan

„Ich habe vier Weltmeistertitel in vier verschiedenen Gewichtsklassen, und ich habe vor, der erste Amerikaner zu sein, der die K-1 Meisterschaft in Japan gewinnt,“ sagt ein selbstbewußter Rick „The Jet“ Roufus. Jedem, der Roufus bei der letzten K-1 Veranstaltung in Las Vegas in Aktion sah, würde es schwerfallen, seiner Vorhersage zu widersprechen. Mit zusätzlich 20 Pfund Muskeln machte Roufus mit seinen K-1 Gegnern kurzen Prozeß. Am Ende des Kampfes stand ein siegreicher Rick Roufus im Ring und nahm einen 70.000 Dollar Scheck sowie ein Ticket nach Osaka, Japan, entgegen, um am finalen K-1 Ausscheidungskampf teilzunehmen. „Mein Ziel ist es, in Osaka zu gewinnen und dann zur Meisterschaft nach Tokyo zu gehen,“ sagt Roufus. Falls Roufus in Osaka einen Sieg erringen kann, wird er seinem größten Ziel einen Schritt näher und eine halbe Million Dollar reicher sein.
„Roufus hat seit seinem 10. Lebensjahr trainiert, um ein Meister zu werden,“ sagt sein Vater Patrick. „Rick hat einige unglaubliche Ziele in diesem Sport erreicht und hat nie das Vertrauen gewonnen, das ihm zustand. Ich denke, dieses Mal wird er der Welt zeigen, was wir schon seit Jahren von ihm wissen. Nämlich, daß er einfach in dem, was er tut, der Allerbeste ist.“



Warum er den Sport einmal aufgab

Der Anspruch, der Beste zu sein, hat Rick auf einen Weg voller Biegungen, Richtungswechsel, Trophäen und Enttäuschungen geführt. Seine Karriere als Kämpfer bedeutete, mit mehr zu kämpfen als nur seinen Gegnern im Ring. Streitereien mit Managern und Förderern wegen Geld und Vertragsbrüchen zwangen den Superstar im Kickboxen schließlich, eine Entscheidung zu treffen, und zwar, den Sport, den er so sehr liebte, aufzugeben. „Ich beschloß einfach, daß ich kein Opfer mehr sein würde,“ sagt Roufus. „Es gab viele unehrliche Leute im professionellen Kickboxen, die versuchten, mich auszunutzen. Es kam die Zeit, als ich einfach beschloß, genug ist genug, und ich war raus aus dem Spiel.“

Quereinstieg ins Profiboxen

Rick handelte und wurde zum professionellen Boxer. Mit einer Bilanz von 15 Siegen, 3 Unentschieden und einer Niederlage hatte „The Jet“ bald den Ruf eines tüchtigen Spielers im Boxzirkus. Zu seiner Bestürzung lernte Roufus jedoch schnell, daß es keinen großen moralischen Unterschied zwischen professionellem Kickboxen und Boxen gab. „Ich stellte fest, daß Boxen, was die Manager und Förderer betraf, genauso schlecht war wie Kickboxen,“ sagt Roufus. „Es kann schmutzig sein, richtig schmutzig. Wenn du nicht mit jemandem verbunden bist, der auf dich aufpassen wird, vergiß es. Du bist nur ein kleiner Fisch in einem großen Teich.

The Jet Rick Roufus
Seine Boxhiebe sind seit seinem Einstieg ins Profiboxen viel härter geworden

Auch wenn die „männliche Kunst“ Roufus nicht genau das gab, was er von dem Sport wollte, gab es ihm die Gelegenheit, seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. „Ich ging raus und lernte zu boxen,“ sagt er. „Ich ging in Sporthallen im ganzen Land, und das half mir enorm. Ich war Armarbeit gewöhnt, aber nun lernte ich, wie ich meine Hüften und Beine einsetzen konnte, um eine Menge Kraft in meinen Fäusten zu erzeugen. Nun gibt es nicht mehr viele Jungs, die ich nicht mit einem Schlag umhauen kann.“

Die Bedeutung einer guten Diät
Ein weiterer wichtiger Grund für seine Verbesserung war seine Diät. „Ich verlor viele Kämpfe, die ich nicht hätte verlieren sollen, weil ich schwach war,“ erklärt Roufus. „Ich trainierte, trainierte und trainierte, aber ich war immer abgespannt. In der dritten Runde war ich völlig fertig. Wir konnten nicht herausbekommen, was nicht in Ordnung war.“ Rick hatte ein Blutzuckerproblem. Nachdem es einmal diagnostiziert war, konnte das Problem durch Änderung seiner Eßgewohnheiten schnell beseitigt werden. „Ich mußte meine gesamte Kost ändern,“ sagt Roufus. „Ich mußte nicht nur verschiedene Nahrungsergänzungen zu mir nehmen, sondern auch alle Kohlenhydrate weglassen. Ich esse alle drei Stunden und ergänze meine Mahlzeiten durch Protein-Shakes. Wenn ich Kohlenhydrate oder natürlichen Zucker brauche, esse ich frisches Obst.“
Die neue Diät brachte ihn nicht nur körperlich in Hochform, sondern hatte auch eine positive Auswirkung auf seine Persönlichkeit. Ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen, wenn ein Mensch, der an Hypoglycemia leidet, einen „Anfall“ hat, läßt es PMS wie einen Spaziergang im Park erscheinen. Diese „Jeckel & Hyde“ Persönlichkeitsänderung kann in einem Herzschlag auftreten und genauso schnell wieder verschwinden.

Rick Roufus
Sieger beim ersten USA K-1: Rick Roufus

Ist Roufus jetzt ein braver Fighter?
Roufus schreibt seinem früheren Problem eines niedrigen Blutzuckers einige seiner Persönlichkeitsprobleme zu. „Kein Zweifel, ich hatte ein schlimmes Mundwerk und keine Angst, es zu benutzen,“ erinnert sich Rick. „Nachdem meine Diät umgestellt worden war, änderte sich meine gesamte Persönlichkeit. Jeder bemerkte den Unterschied. Ich bin viel ruhiger und umgänglicher, als ich es vorher war.“ Der Unterschied in Ricks Verhalten war beim K-1 Ereignis in Las Vegas deutlich erkennbar. Anstatt seinem Ruf eines frechen, aufbrausenden Burschen alle Ehre zu machen, überraschte „The Jet“ jeden durch seine Höflichkeit und die guten Worte, die er für jeden Gegner übrig hatte. Anstatt herumzuprahlen, wie schlimm er seine Gegner zurichten würde (und das tat er), hatte Rick über jeden und alles nur nette Dinge zu sagen. Hätte es eine Trophäe für „Mister Freundlich“ gegeben, Roufus hätte auch diese gewonnen. „Ich mag den netteren und freundlicheren Roufus,“ meinte Don „The Dragon“ Wilson aus Spaß. „Am Ende des Kampfes und bei der Pressekonferenz überraschte Rick jeden mit seinen Kommentaren. Er gab nicht an und machte andere nicht schlecht. Ich glaube, er ist schließlich zu einem großen Kämpfer gereift.“

Durch Krankheit zu besserer Einstellung

„Nun, da ich mein Blutzuckerproblem im Griff habe, bin ich ein ganz anderer Mensch als vorher,“ erklärt Roufus. „Jeder sagt, es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich lernte, daß ich gesund werden mußte, bevor ich in den Ring zurückgehen konnte. Ohne Gesundheit hat man nichts. Also zog ich mich ein Jahr zurück, um gesund zu werden und zu trainieren. Ich mußte in Bestform sein, denn die Jungs, gegen die man im K-1 kämpft, sind kein Fallobst. Sie sind alle größer und stärker als ich. Ich wußte, ich mußte vorbereitet sein, denn wenn nicht, kann man ernsthaft verletzt werden.“

Vorbereitung auf den K-1 Kampf

Rick entdeckte, daß er anders trainieren mußte, um sich für einen K-1 Kampf vorzubereiten. Dieser Weltmeister betrachtet die K-1 Wettbewerbe als wahre Herausforderung seiner Fähigkeiten. „Ich sehe diese Kämpfe als echte Herausforderung, und nun, da ich gelernt habe, wie man in deren Arena kämpft, glaube ich, daß ich es mehr mag als alles andere, was ich vorher getan habe,“ erklärt er. „Ich will das Kickboxen nicht niedermachen. Schließlich wäre ich ohne den Sport nicht da, wo ich heute bin, und ich denke, man kann auch der UFC dafür danken. Als sie aufkamen, schaffte das ein neues Publikum. Die Leute mochten die Gewalt. Sie möchten Verletzte sehen. Sie möchten Knochen brechen sehen. Leider finden die Leute das Fullcontact Kickboxen nicht aufregend, weil man nicht auf Thai-Art kämpft. Was ich tue ist, Prinzipien des Thai-Kickboxens meinen früheren Fähigkeiten im amerikanischen Kickboxen hinzuzufügen. Ich habe gelernt, einen Kick mit meinen Beinen zu blocken und, besonders wichtig, ich habe gelernt, richtig zu kicken.
Damit meine ich, daß man mit dem gesamten Schienbein kickt, nicht nur mit dem Spann. Das Anbringen des Kicks ist auch anders als im Stil des Kickboxens. Beim Kickboxen trifft man seinen Gegner mit dem Fuß. Nun, wenn Sie einem Burschen mit Ihrem Fuß ans Bein treten, kann das Ihren Fuß brechen. Wenn Sie jemanden mit Ihrem Schienbein treten, spürt er das im ganzen Körper und kann leicht sein Bein brechen.“

Team Roufus
Bitte lächeln: Rick Roufus posiert mit seinen neuen thailändischen Trainern für das begehrte Siegerfoto.

Wissenschaftliche Trainingsmethoden
Neben seinem physischen Training trainiert Rick auch seinen Geist zu kämpfen. Durch eine Methode der Visualisierung, bekannt als „Neurolinguistisches Programmieren“ (NLP) sieht Roufus den Ausgang seiner Kämpfe in seinem Kopf. „Ich nenne es „sport-mentale Psyche“ oder „sport-mentale Vorbereitung“,“ erklärt er. „Es ist etwas kompliziert, aber was ich im Prinzip tue, ist, im Geist zu visualisieren, was ich tun werde und wie ich es tun werde. Dann passiert es einfach. Positives Denken kombiniert mit NLP ist ein sehr wirkungsvolles Trainingsmittel.“

Die neue Mission

Rick Roufus ist ein Mann mit einer Mission. Fokussiert und bestimmt sind seine Augen auf den K-1 Meisterschaftstitel gerichtet. Obwohl die zu gewinnende halbe Million Dollar für die meisten Grund genug ist, ist das Geld für den sechsfachen Weltmeister im Kickboxen nicht die Hauptsache. „Ich will den K-1 Titel. Es gab noch nie einen Amerikaner, der ihn gewonnen hat, und das ist mein Ziel. Der Schlachtplan ist, genau das zu tun, was ich in meinem letzten Kampf getan habe. Um zu gewinnen, mußt du in deinen ersten beiden Kämpfen gesund bleiben. Du kannst nicht da hineingehen und versuchen, es mit einer „Wilde-Fäuste“-Mentalität hinzukriegen. Ich habe vor, mir Zeit zu nehmen, fokussiert zu bleiben, hinzugehen und meinen Gegner zu besiegen und rauszukommen, bevor er mich verletzen kann.

Taktik ist im K-1 besonders wichtig

„Der Weg, im K-1 zu gewinnen, ist, im ersten Kampf verletzungsfrei zu bleiben. Deshalb habe ich in meinem ersten Kampf nicht gekickt. Denn wenn man etwas am Schienbein abbekommt, muß man immer noch in den nächsten beiden Runden kämpfen. Man muß vorsichtig sein. Man kann da nicht rausgehen und hart zuschlagen. Genau das passierte mit Curtis (Schuster). Er wurde verletzt und war nicht fähig, in der dritten Runde gegen mich zu kämpfen. Er ist ein Freund, und es tat mir leid, die Menge zu enttäuschen, denn jeder wollte uns kämpfen sehen. Aber er war nicht in der Lage weiterzumachen, weil sein Bein in seinem zweiten Kampf verletzt worden war.“
In Vorbereitung seines bevorstehenden K-1 Kampfes verbrachte Rick 4 Trainingsmonate mit mehreren Thai-Kickboxen-Legenden der Weltklasse in Los Angeles. Er plant, für das Ereignis physisch und mental in der Bestform seines Lebens zu sein. Es ist kein langes Warten. Am 27. September wird Roufus in Osaka bei den finalen Ausscheidungsrunden der K-1 Meisterschaften seinem Schicksal gegenüberstehen. Er hat kaum Zweifel daran, daß es nur eine weitere Stufe zur Meisterschaft in Tokyo im Dezember sein wird.

 


Dan Inosanto Kung Fu
Kung Fu 12/98

Dieser Bericht von Terry Wilson erschien in der letzten Ausgabe der Kung Fu Revue im Herbst 1998.