Günther Weninger

Günther Weninger

Eine Bewegung fegt schemenhaft über die Kampffläche – zu schnell, um sie mit dem menschlichen Auge zu erfassen. „Was war das?“ fragen sich die Umstehenden. „War das ein Vogel, ein Flugzeug?“ Nein, Günther Weninger, zweifacher Weltmeister, zweifacher Europameister, Vizeweltmeister und zweifacher Vizeeuropameister und somit einer von Österreichs erfolgreichsten Semikontakt-Kickboxern, lies wieder einmal seinem Gegner keine Chance um auf seine blitzschnellen und raubtierhaft, geschmeidigen Bewegungen zu reagieren, und konnte sich so wieder den Punkt holen, der alles entscheiden sollte.

 Fritz Exenberger
Weninger mit seinem Coach Fritz Exenberger, Octagon Wien.

Erfolg hat einen Namen: Günther Weninger

Mr. Success
Seit Weninger das erste Mal im September 1987 auf die Kampffläche trat und es damals schon bis ins Finale schaffte, ist viel Wasser die Donau hinuntergefloßen. Und fast genauso viele Titel konnte Günther Weninger in den zehn Jahren erkämpfen. Da wären: WM IAKSA ‘95, ‘97, EM IAKSA ‘92, ‘94, Vize WM IAKSA ‘93, Vize EM IAKSA ‘90, ‘96. Darüber hinaus ist er noch siebenfacher österreichischer Staatsmeister und konnte sich zahlreiche internationale Turniersiege sichern, wie z.B. die Belgian Open ‘96, die Vienna Open ‘97 oder die German Open ‘94, wo er im Finale dem amtierenden Europameister der WAKO, Kai Schluppkothen, zeigen konnte, daß nicht nur WAKO Meister wahre Meister sind. Daneben konnte er bis jetzt auf allen Wiener Landesmeisterschaften seit 1988 seine Vormachtstellung behaupten, wie auf unzähligen kleineren Turnieren zeigen, daß er nicht nur der Größte und Schönste, sondern auch der Beste im Superschwergewicht war und ist. Seit der Geburt seiner Tochter Franziska wurde der geographische Wirkungsbereich erheblich eingeschränkt, und auf die österreichischen Nachbarländer Tschechische Republik und Slowenien begrenzt (da man ja in Deutschland bei vielen Turnieren nicht mehr teilnehmen darf, was aber sport- und keine außenpolitische Gründe hat), so daß manche ihn in der Tschechischen Republik schon mit dem Beinamen „pan dudlik“ (und wer ihn einmal auf Turnieren erlebt hat, der weiß warum) bedacht hat.

IASKA
Sieg bei der IASKA Weltmeisterschaft 1997

Zum Kickboxen über den Umweg Fußball
Am Anfang schien die Karriere Weningers gar nicht so klar zu sein. Eher durch einen Zufall kam er zum Kickboxen. In jungen Jahren war Weninger begeisterter Fußballer, wie andere berühmte Kampfsportler, wie z.B.: Andy Hug oder Ernesto Hoost auch. Eines Tages, genauer gesagt im März 1987, ergab es sich, daß aus unerklärlichen Gründen das Fußballtraining ausfiel, und da Günthi Weniger seine Sporttasche ohnehin schon dabei hatte und auch keine Lust hatte unverdrossen wieder von dannen zu ziehen, schaute er einfach, was sich in der Nebenhalle so tat. Dort war der heutige Semikontakt Kickboxpapst Fritz Exenberger daran, junge Wiener in die hohe Kunst des Kickboxens einzuweisen. „So viel Unterschied zu Fußball ist da auch nicht“, dachte sich Weninger, und absolvierte auch gleich ein Probetraining. Die Begeisterung war sofort da, das Gespann Exenberger-Weninger erwies sich als erfolgreich, und der Rest ist bereits in die Analen des österreichischen Amateur Kickbox Verbandes eingegangen. Was ihm denn am Kickboxen Freude bereitet? „Ich will meinem Gegner Schmerzen zufügen“, antwortet Weninger darauf mit stoischen Gesichtsausdruck. Und warum dann Semikontakt? „Da schlagen die anderen wenigstens nicht so hart!“ Aber im Ernst, auch nach zehn aktiven Jahren macht im das Semikontakt Kickboxen noch Spaß, und wer kann es ihm bei dem Erfolg verdenken. Das große Ziel des Österreichers ist es sich noch bis zum Jahr 2000 bei WM und EM in die Medaillenränge zu kämpfen. Seinen ersten Vizeeuropameistertitel errang er 1990, und er wäre so zehn Jahre immer in den Medaillenrängen zu finden. Eine „Weninger Dekade“ sozusagen.

Weninger
Siegerehrung bei der WM

Arbeitssieger Weninger
Laut Erfolgstrainer Exenberger ist Weninger aber kein extremes Talent, vielmehr ein Arbeitstier. Es gibt viele Kämpfer, die mehr Talent aufweisen, Weninger weiß aber die fehlende göttliche Gabe durch beinharte Trainingkompensation vor wichtigen Turnieren wett zu machen. Sechs bis acht Wochen vor großen Einsätzen beginnt das tägliche Trainingsprogramm, wobei in den letzten beiden Wochen zweimal täglich trainiert wird. Ein Umstand, der dies ermöglicht, ist Weningers Beruf. Als Beamter der Wiener Gemeinde (mit Abitur!) reißt er sich in der Arbeit keine Haxen aus (wer jemals österreichische Beamter, gleich welcher Sorte, gesehen hat, wird das bestätigen können), jedoch ist der Beamte in ihm im Training kaum wiederzuerkennen. Mit einem Trainingsaufwand, der selbst Rockys Training als bessere Schwangerschaftsgymnastik für Rentner hinstellt, eilen er und Trainer Exenberger von Turniersieg zu Turniersieg. Neben Schnellkrafttraining, Bankdrücken und Arbeit an der Beinpresse, steht zumeist ein Massensparring sowie ein Intervall-Reaktions-Konditionsteil, der extra von Exenberger für seinen Erfolgsschüler kreiert wurde und selbst das letzte Tröpfchen Schweiß aus Weninger herausholt, auf dem Programm. Sollte dieses Vorbereitungsprogramm im Kampf nicht die gleiche Wirkung zeigen, die Mirakulix’s Zaubertrank auf die Gallier ausübt, befällt Weninger keine Panik. Angstgegner gibt es für ihn nicht. „Die kochen alle nur mit Wasser“, ist seine Devise. Jedoch hängt seine eigene Leistung stark vom Gegner ab. Hat er einen starken Gegner, liefert er einen guten Kampf und ist kaum zu schlagen, hat er einen schlechten Gegner, stehen zumeist auch schlechte Kämpfe ins Haus. Dies mußten schon viele Gegner erfahren, und zu denen zählen so prominente Namen wie: Nathan Lewis, Peter Edwards, Klaus Nonnenmacher und Kai Schluppkothen, um nur einige zu nennen. Besonders mit dem Engländer Nathan Lewis verbindet ihn einiges. Von ‘93 bis ‘96 trafen die beiden bei allen Finalen von IAKSA WMs und EMs aufeinander. Zweimal konnte Lewis gewinnnen, zweimal Weninger. Die endgültige Entscheidung hätte 1997 fallen sollen, aber Lewis zog es vor eine Klasse tiefer anzutreten, wo er auch prompt WM wurde während Weninger sich seinen Titel wieder im Superschwergewicht holen konnte. Der derzeitige Seriengegner heißt Klaus „Mr. WKA“ Nonnenmacher. Bei dreimaligem Aufeinandertreffen konnte der Deutsche zweimal den Sieg davon tragen, mußte sich aber 1997 bei den Vienna Open den Fäusten Weningers geschlagen geben.

Günther Weninger

Umbruch 1994
Die Umstellung auf den hohe Trainingsaufwand kam erst vor einigen Jahren, genauer gesagt 1994. Damals war Weninger schon zweifacher EM und Viz-WM und wähnte sich so in Österreich gegnerlos. Was er aber nicht war. Im Finale der österreichischen Staatsmeisterschaften traf er auf den Grazer Albin Reinisch. Der Grazer zeigte nur wenig Respekt und konnte Weninger auch prompt besiegen. Dies war die wichtigste Niederlage seines Lebens, sagt Weninger, denn daraufhin wurde der Trainingsplan radikal umgestellt, und das Gewicht von 105 Kg auf 90 Kg gesenkt. Der Erfolg seit dem gab ihm recht. Zwei WM Titel und ein weiterer Vize EM Titel kamen in Folge noch dazu, und so wurde aus Günther Weninger, das, was er heute ist: der Schrecken der internationalen Kampfflächen, der Liebling der Götter und der Freund von Zwerghasen.

Text: Horst Kalcher
Fotos: Fritz Exenberger
Datum: 1998