Wer die zierliche 17-jährige Gymnasiastin mit dem unaussprechlichen Namen zum ersten mal sieht, möchte kaum glauben, daß sie Österreichs Nummer eins im Kickboxen der Damen im Mittelgewicht und Vizeeuropameistern der IAKSA ist. Im Semikontakt versteht sich, da es in diesem Amateurverband keinen Damenvollkontakt gibt.
Nur Semikontakt ???
Wer einmal ein Trainings-Match mir ihr bestreitet, wird schnell zum überzeugten Fan. Trotz ihrer blitzschnellen, technisch perfekten Kicks ist ihre Lieblingswaffe die Backfist. Daß sie auch regelmäßig in der Kraftkammer zu finden ist, sieht man am perfekt austrainierten Body, der keine Wünsche offen läßt.
Trainiert seit zwei Jahren
Obwohl sie erst etwas über zwei Jahre Kickboxen trainiert, ist sie doch eines der größten heimischen Talente. Von ihren rund 50 Kämpfen im In- und Ausland hat sie 46 gewonnen. Zu ihren größten Erfolgen zählt der bereits erwähnte Vizeeuropameister 1994 der IAKSA, der erste Platz bei der Vienna Open im Vorjahr gegen die starke Ungarin Eva Szucz, der zweite Platz bei der German open 1994, wo sie trotz heftiger Proteste der Coach gegen die Kampfrichter nicht gewinnen konnte. Weiters der zweite Platz bei der British open 1994 (WUMA), der Gewinn der Int. Ungarischen Juniorenmeisterschaft etc. etc.
Befragt nach der Situation der Damen im Kampfsport meint sie, daß das Damenkickboxen noch immer zu stiefmütterlich behandelt wird, ja in manchen (Macho) Gehirnen gerade noch die Wertigkeit von Schlammringen in schummrigen Bars aufweist. Obwohl es in letzter Zeit mit den Turnierangeboten besser wurde, wäre mehr Popularität wünschenswert. In den sechziger Jahren wurde Damenjudo ebenso belächelt, heute ist es olympisch.
„Keine Ahnung ?“
“Jeder, der glaubt, daß wir nicht trainieren oder von Trainingsplanung keine Ahnung haben, soll sich einmal so ein Training ansehen”. Ohne tägliches Training im Club, sei es in der Kraftkammer oder im Trainingsraum, ohne ständiges Stretching oder Ausdauertraining kann man nicht an die Spitze kommen. Daß durch Heben von Gewichten die Mädchen unansehnlich werden, ist genauso ein Märchen wie die Behauptung, daß Krafttraining langsam macht. Gewußt wie und besser nie als falsch.
Respekt für Halmich
Vollkontakt ist nichts für sie, ob-wohl sie z.B. für Mädchen wie Regina Halmich oder Christine Yao großen Respekt und Sympathie aufbringt. Kaum positives füllt ihr zu der Amerikanerin Krasnoo ein. “Sie ist als Kämpferin uninteressant und profitiert nur von ihrer Optik. Nichs gegen sexy Outfit, aber alles zu seiner Zeit und speziell auf ihrem Gebiet in den Formen sollte sich sich traditionsbewußter geben, wenn man das noch als Kampfsport bezeichnen will”.
Keine Angst
Angst vor Verletzungen hat sie keine, denn jeder Sportler trägt das gleiche Risiko. Prozentual gesehen ist das Risiko von Verletzungen im Skifahren oder Fuß-ball wesentlich höher als im Kampfsport. Wer auch beim Training mit der richtigen Schutzausrüstung kämpft und sich vorher ordentlich aufwärmt, kann das Verletzungsrisiko ohnehin auf ein kleines Restrisiko minimieren.
Titelträume
Ihre nächsten Ziele sind der österreichische Staatsmeister Titel im Sommer und eine Medaille bei den IAKSA Weltmeisterschaften in Kanada im Herbst dieses Jahres.
Jeder, der ihren Einsatz beim Training sieht, traut ihr zu, daß sie erreicht, was sie sich vornimmt.
Dieses Portrait erschien in der Ausgabe 05/1995 in s/w.
Text & Fotos: Fritz Exenberger
Fritz Exenberger betreibt die Organisation WKF Kickboxing in Wien, Österreich.
Kurz-Steckbrief:
Name: Dunja Grdseloff
Verein: Octagon Wien
Kampfrekord: 46 Siege, 1 Unentschieden, 6 verloren
Alter: 17 Jahre
Beruf: Gymnasiastin (mit Vorzug)
Gew. Klasse: Mittelgewicht -65 kg, IAKSA
Familienstand: verliebt