Am 4. März 1995 kämpfte in der Wiener Lugner City Österreichs derzeitiger, einziger Klasseboxer Harry Geier im Zuge eines Internationalen Boxmeeting. Veranstalter war das Geier Boxteam sowie Peter Pospichal mit seinem Boxteam Vienna. Die perfekte Organisation zeigte, daß man im österreichischen Profiboxen an Pospichal nicht vorbei kommt.
Aber nicht allein Geier galt die Medienpräsenz, sondern der Karlsruherin Regina Halmich aus dem Profistall von Jürgen Lutz. Als amtierende Europameistern in der “Womens international Boxing Federation” (WIBF) bestritt sie einen 6 Runden Boxkampf gegen die Portugiesin und fünfte der Weltrangliste Paula Moreira. Dieser erste Damenboxkampf in Österreich hatte im Vorfeld ein Medienecho, wie es sich andere Sportarten nur wünschen können.
Großer Medienrummel
Durchaus seriöse Analysen und Bildberichte sowie Meinungen von mehr oder weniger qualifizierten “Fachleuten” waren bereits Tage vorher in der Wiener Presse zu finden. Da speziell in Wien die WKA Kickboxszene sehr stark vertreten ist, wurde Halmich von den Journalisten als Kickboxerin identifiziert. Neben dem Staatlichen ORG war auch das Privatfernsehen mit PRO 7 und Premiere vertreten.
Wirbelwind aus Karlsruhe: Der Kampf selbst hielt dann leider nur wenig von dem, was er im vorhinein versprochen hatte, da Regina wie ein Wirbelwind über die arme Portugiesin hinwegbrauste. Als Nummer fünf der Weltrangliste zeigte Moreira nur in den ersten Sekunden, was sie vielleicht tun wollte, aber der Druck von Regina war dermaßen stark, daß sich die Portugiesin oft nur durch Abdrehen oder Flucht aus der Affäre ziehen konnte. Mit einem Wort, Moreira war als Gegenerin für den blonden Wirbelwind aus Karlsruhe einfach um drei Nummern zu klein. Klar war das einstimmige Punkteurteil nach 6 Runden zu Gunsten von Regina Halmich.
Das Publikum erkannte durchaus, daß das Damenboxen ein seriöser Sport ist, und wie von gut informierten Quellen zu erfahren war, ist ein bekannter Wiener Boxmäzen und Baumeister als Sponsor für Regina im Gespräch.
Geier mit neuem Fallobst
Den zweiten Hauptkampf des Abends bestritt der Wiener Neustädter Harry Geier gegen den US Boy Quincy Pratt von den Bahamas. Dieser Kampf war auf 10 Runden im Superbantam (55,338 kg, WBO) angesetzt. Geier, der durch sein schnelles KO gegen den WBO Weltmeister Daniel Jimenez aus allen Titelträumen erwachte, mußte Pratt klar und eindeutig schlagen, um weiter die Chance an einem Retourkampf gegen Jimenez zu wahren. In der Vorbereitungszeit hatte Geier in Hamburg mit dem US Trainer Chuck Talhami trainiert, der bereits mehrere Weltmeister formte.
Neuer Titelkampf?
Geier wurde immer hinter der vorgehaltenen Hand nachgesagt, daß er nur gegen “handverlesene” Boxer gewinnen könne. Sein Rekord von nunmehr 25 Kämpfen, davon 23 Siege, 1 Unentschieden und eben die eine Niederlage gegen Jimenez sind durchaus gut.
Zum Kampfverlauf
Die erste Runde des Fights zeichnete sich durch Nervosität von Geier aus und außer dem üblichen gegenseitigen Abtasten passierte wenig. Bereits ab der zweiten Runde versuchte Geier aus der Distanz mit Jabs zu punkten und den Ami nicht in den Infight zu lassen. Nur zeitweise ließ Pratt Klasse aufblitzen, und er versuchte seinerseits, mit blitzschnellen Attacken Geier zu überraschen. Auch Runde drei verlief ähnlich und Pratt war zu passiv, während Geier ständig aus der Distanz punktete. Runde vier war Geiers beste Runde. Der Ami war nach einem guten Haken angeknockt, rettete sich in die Pause. In den nächsten Runden zeigte sich das gleiche Bild. Ab hier war der Punktesieg Geiers klar, nur ein KO konnte den Sieg des Österreichers gefährden.
Der einstimmige Punktesieg von Geier geht in Ordnung, aber glänzen konnte er nur selten. Letztlich hat er sein Plansoll erfüllt. Bis Herbst sind noch einige Kämpfe geplant, und wenn alles gut geht, soll es einen neuen Titelkampf geben.
Veröffentlicht in Ausgabe 05 Jahrgang 1995. Text und Foto: Josef Kurta.
Europarangliste der WIBF im Profi Damenboxen.