Cynthia Rothrock Porträt

Cynthia Rothrock Cynthia Rothrock im Film Tage Des Terrors

Im Film vernichted sie reihenweise ihre Gegner durch gekonnte, akrobatische Kampftechniken. Die Amerikanerin Cynthia Rothrock, die heute so turbulent durch die Actionfilme wirbelt, hat ihr Können nicht von irgendwo. Anfang der Achtziger Jahre war sie die führende Frau in der nordamerikanischen Karateszene. Hier ihre Geschichte:

Cynthia Ann Rothrock, 39 Jahre, geboren in Delaware, beginnt 1973 in Scranton im US-Bundesstaat Pennsylvania mit dem Karate und dem Tang Soo Do. Ihr Trainer Frank Rrojanowicz entdeckt ihr großartiges Talent und förderte sie so stark, daß sie bereits nach zwei Jahren für die Prüfung zum Schwarzen Gürtel gerüstet ist. Unter Aufsicht des koreanischen Tae Kwon Do Spezialisten Jay Shul Shin legt sie erfolgreich ihre erste Meisterprüfung ab. Mit der Zeit verlagert sie ihr Interesse zum weicheren Kung Fu und orientiert sich am Stil der nördlichen Shaolinmönche, den sie bei einem Trainingsaufenthalt in China näher studierte. Durch ihre außerordentliche Flexibilität gelangen ihr schon rasch erste Erfolge bei den offenen Formenwettbewerben.

Cynthia Rothrock
Cynthia Rothrock im Film Lady Dragon

Top Ten: 1980 kann sich Cynthia erstmals unter den Top Ten in Nordamerika plazieren. Sie gewinnt nahezu alle großen Turniere angefangen von „Henry Cho’s All American Karate und Kung Fu Championships“ bis hin zum Prestigeturnier „Sattle of Atlanta“. Im Folgejahr verbessert sie sich enorm und schneidet am Jahresende in der Rangliste der Fachzeitschrift „Karate & Kung Fu Illustrated“ als beste weibliche Formenläuferin ab.

Umzug nach Kalifornien :Im selben Jahr zieht sie von der heimatlichen Provinz ins sonnige Kalifornien. San Jose nahe San Franzisko wird zu ihrer neuen Wahlheimat. Dort trainiert sie unter Ernie Reyes in der bekannten Kampfsport-Show-Formation „West Coast Demo Team“, aus der später weitere Schauspieler und Choreografen hervorgehen. Sie nimmt an zahlreichen Turnieren teil und schneidet auch in den Folgejahren, bis 1985, als erste Formenläuferin bei den Damen ab. Darüber hinaus gewinnt sie die Waffenkategorie. Das erstaunliche hierbei ist. daß diese nicht allein mit weiblichen Teilnehmern besetzt ist. Da seinerzeit nur wenige Teilnehmer mit Waffen antreten, und man diese nicht in die normale Disziplin werfen wollte, steckt man kurzer Hand männliche und weibliche Akteure unter denselben Hut.

Erste Werbeverträge: Zu ihrer Zeit im West Coast Demo Team reist die enthusiastische Neu-Kalifornierin für Demonstrationen quer über den ganzen Kontinent und schmückt aufgrund ihrer Erfolge zahlreiche Cover der Fachpresse. Über eine dieser Titelgeschichten wird sie von einer Werbeagentur entdeckt. Sie dreht einen Werbetrailer für die Fastfoodkette „Kentucky Fried Chicken“ und wird ferner vom Sportartikelhersteller „Reebock“ unter Vertrag genommen. Bei den Dreharbeiten kommt sie erstmals als Darstellerin mit der Materie Film in Berührung und so faßt sie den Beschluß, ihre Sportlerlaufbahn auf dem Höhepunkt an den Nagel zu hängen und ihr Glück beim Film zu suchen.

Hit in Hongkong: Kurzentschloßen zieht sie nach Los Angeles und spricht für die ersten Rollen vor. Und sie hat Glück. Sie wird gleich von einer Produktionsfirma engagiert. die überwiegend in Hongkong filmt, und der ein weiblicher Bruce-Lee-Nachfolger gerade recht kommt. Schnell hat sie mit „Ultra Force 2„, „Magic Crystal“, „Karate Tiger 2“, „Tage des Terrors“ und „Eyes of the Dragon“ ihre ersten Filme abgedreht, jeweils in der Hauptrolle. In den USA und Europa haben diese Filme jedoch nur mäßigen Erfolg. Sie gelangen nicht in die Kinos, sondern werden gerade mal auf Video veröffentlicht. Unter Kennern entwickelt sich Cynthia Rothrock aber recht schnell zum Geheimtip. Wenn gerade mal kein neuer Jackie-Chan-Streifen zu haben ist, dann wird die schlagstarke Lady zur ersten Wahl.

Cynthia Rothrock
Cynthia Rothrock im Film Tage Des Terrors

In Fernost werden ihre Filme zu wahren Kassenrennern, sie wird zum Superstar. Cynthia zeigt genau, was gefragt ist. Lange akrobatische Kampfszenen und ihr Charme und Witz treiben zahlreiche Fans in Hongkong, Singapur, Malaysia und auf den Philippinen in die Kinos und in die Videotheken. In Fernost werden Frauen, die böse Buben verprügeln, offensichtlich mehr geschätzt. als auf der westlichen Hemisphäre, das ist eben so.

Vertrag mit Stallone platzt: In den USA bahnt sich für das Jahr 1988 der absolute Durchbruch an. Sie soll an der Seite von Sylvester Stallone in einer der teuersten Hollywood Produktionen aller Zeiten mitmimen. Nachdem sie den Filmvertrag unterschreib, erhält sie von den Investoren die Summe von 250.000 US-Dollar, nur damit sie für die Dauer von einem Jahr keinen anderen Film dreht, und jederzeit für die anstehenden Dreharbeiten bereitsteht. Produzenten ihrer letzten Filme werden davon schwer getroffen. Sie müssen auf notwendige, nachträgliche Bildeinstellungen verzichten, wie zum Beispiel „Summit International Pictures“ für „Eyes of the Dragon“. Letztlich bekommen die Investoren für Stallones Mega-Projekt kalte Füße und Cynthia wird wieder frei für andere Filme.

Langsam aber sicher: Der Durchbruch in den USA und in Europa hat sich zwischenzeitlich auf schleichende Weise vollzogen. Immer mehr Leute haben derweilen ihre zahlreichen Filme gesehen, und so wandelt sie sich vom Geheimtip zur „First Lady des Action-Genres“. Ihre folgenden Filme „China O’Brian“ und „Martial Art Law„, sowie deren Fortsetzungen helfen ihrer Bekanntheit weiter nach oben. Mit „Lady Dragon“ folgte im Vorjahr ein weiterer großer Erfolg. Einige ihrer Filme werden auch im Fernsehen ausgestrahlt. In Deutschland z.B. im Privatsender „PRO 7″.

Keine falschen Ziele: Wenn ihre Filme von seriösen Kritikern noch als stumpfsinnige Gemetzelstreifen niedergemacht werden, so erfreut sich Cynthia derweilen einer weiter steigenden Beliebtheit und Bekanntheit. Sie zeigt in ihren Filmen genau das, was man von einem Martial Arts Film erwartet: Kampfszenen. Kampfszenen und nochmals Kampfszenen. Daß eine „schwache“ Frau letztlich die Oberhand behält, stört kaum, denn Cynthia zeigt, daß sie ihr Handwerk versteht. In ihren Rollen verstrickt sie sich nicht darin, einen Eastwood-Ersatz oder ein Sexsymbol darzustellen. Sie haut einfach drauf, und genau das ist es, was ihr Publikum sehen will.

Zu brutal: Gelegentlich haut sie aber auch zu fest drauf. Dann werden die bundesdeutschen Sittenhüter bei der FSK auf den Plan gerufen. Sie indizieren den Film aufgrund übertriebener Brutalität. So geschehen bei ihrem neusten Streifen „Rage and Honor“, der in den kommenden Tagen in die deutschen Videotheken kommen sollte. Nun werden sich die Fans noch ein wenig gedulden müßen, bis der Videoanbieter „Highlight“ eine verträgliche Version anbieten kann.

Tip: Interview mit Cynthia Rothrock



Cynthia Rothrock
Dieses Portraet erschien in der Oktober 1993 Ausgabe von KICK.