Kampfsport ist für viele ein Hobby. Es gibt einige talentierte und mutige Sportler, die ihr Hobby zum Beruf machen wollen: Kämpfer und Trainer. Die Euro Ving Chun Connection ist eine große deutsche Kung Fu Organisation, die ein weitreichendes Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten und damit verbunden an Aufstiegschancen und Verdienstmöglichkeiten bereithält. Ein Mitglied der Organisation berichtet über einen typischen Ausbilderlehrgang, der den Anwärtern bei bestandener Prüfung das Tor zum professionellen Ving Chun öffnet.
Freitag, der 27. Januar 1995, ein kalter, verregneter Tag in Köln. Es war der Tag, an dem Sifu Birol Özden mit der Prüfung der Lehrergrade begann. Sechs Personen hatten sich zur Prüfung zum ersten, zwei für die Prüfung zum zweiten Lehrergrad qualifiziert. Um 10.00 Uhr kam Sifu in die Akademie und begrüßte die Anwärter. Er erklärte seine Erwartungen für einen Lehrergrad der EVCC.
Der erste Tag war für Vollkontaktsparring reserviert. Die Teilnehmer bildeten einen Kreis, in dem einer für zwei Durchläufe in die Mitte gestellt wurde und von allen anderen knallhaft attackiert wurde. In den ersten zwei Stunden mit freien Fuß- und Handangriffen. Jeder bekam schwere Treffer, doch keiner gab auf. Alle setzten sich über ihr körperliches Leistungspotential hinweg. Nach fünf Minuten Pause ging es für zwei Stunden weiter. Nun durften die Angreifer zusätzlich den Mittelmann mit Griff und Ringerangriffen in den Bodenkampf bringen. Und jeweils zwei Angreifer waren mit Ratanstöcken bewaffnet, die sie ohne Rücksicht einsetzten. Jeder der einzelnen Ving Chun Kämpfer setzte sich erfolgreich zur Wehr. Einmal mehr bewies sich die Effizienz von Ving Chun im Straßenkampf.
Um 14.00 Uhr gab sich Sifu sichtlich zufrieden über die Leistungen seiner Schüler eine zweistündige Pause. Jeder der Anwärter war zwar leicht angeschlagen, aber dennoch voller Energie. Pünktlich um 16.00 Uhr ging es wieder los. Ving Chun Bodenkampf stand auf dem Programm. Sifu erläuterte, daß man auch im Bodenkampf immer mit seinen Ving Chun Prinzipien arbeitet, seine Waffen, Knie und Ellenbogen und nicht seine Kraft einsetzt. Es gibt Kampfkunstfamilien (auch in der Yip Man Linie), die sehr viel, gerade im Bodenkampf, mit Kraft arbeiten. Diese müssen, da ihr Bodenkampf mehr einem Ringkampf der klassischen Schule ähnelt, im Unterricht mit dicken Bodenmatten arbeiten. Doch wo ist da die Logik? Es handelt sich um ein System, das von einer Frau erschaffen wurde und das speziell auch für Frauen und schwächere Menschen praktikabel sein soll! Ein System, wie das Ving Chun, das innerhalb seiner über 300 Jahre alten Geschichte noch niemals als Wettkampfsport betrieben wurde muß, um effektiv zu sein, auch heute noch unter realistischen Bedingungen funktionieren. Deshalb wird in den Schulen der EVCC. der Bodenkampf ohne Matten unterrichtet. So behält der Schüler einen gesunden Bezug zur Realität und lernt auf hartem Boden zu kämpfen, ohne sich zu verletzen.
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In den nächsten Stunden mußte jeder beweisen, daß er im Bodenkampf gegen einen und mehrere Gegner erfolgreich bestehen kann. Jeder Teilnehmer konnte wertvolle Erfahrungen sammeln. Kurz vor Schluß dieser Trainingseinheit wurde ein angehender erster Lehrergrad durch einen Ellenbogen schwer im Rippenbereich getroffen. Trotz der Schutzweste, die er trug, bedeutete dies sein Ausscheiden, was allen sehr leid tat. Wieder einmal zeigte sich die unglaubliche Schlagkraft der VC-Nahkampfwaffe auf kurze Distanz.
Sifu gab eine halbe Stunde Pause, nach der es mit Konditionstraining weitergehen sollte. Nun ging es in die Endphase des heutigen Tages. Sandsack und Pratzentraining. Zwei Stunden lang gab jeder den letzten Rest seiner Energie. Keiner wollte vor dem anderen zurückstecken, so daß die volle Zeit auf höchster Leistungsstufe trainiert wurde. Um 20.30 Uhr beendete Sifu Özden das Training. Alle waren froh, gemeinsam diesen ersten harten Tag hinter sich gebracht zu haben. Beim gemeinschaftlichen Essen in einem naheliegenden Restaurant ließen alle den vergangenen Tag Revue passieren.
Der Samstag sollte ganz für Formen und Grundtechniken benutzt werden. Um 10.00 Uhr begannen alle mit der SIU TAU, der ersten Form des Ving Chun und dann der CHAUM KIU, der zweiten Form.
Sifu überwachte den Ablauf der Form sehr kritisch und gab einzelne Anregungen, die jedem neue Erkenntnisse brachten. Sifu erklärte allen die enorme Wichtigkeit der Formen, in denen alle Geheimnisse des Ving Chun verborgen sind. Nach einer einstündigen Pause begannen alle Lehrergradanwärter mit dem Training der Grundtechniken. Die zweiten Lehrergradanwärter trainierten unter Sifus Aufsicht die BIU CHI, die dritte und höchste waffenlose Form des Ving Chuns. Da Sifu Özden von verschiedenen Meistern gelernt hat und somit sein Wissen nicht auf eine einzige Quelle beschränkt ist, ist er in der Lage, die Unterschiede in den einzelnen Interpretationen der Formen sowie deren Fehler zu erkennen und auszuschalten. Die nächsten drei Stunden sollten nun der Philosophie und der Psychologie des Ving Chuns gehören. Die Komplexität und Logik des Gedankengutes, das im Ving Chun steckt, begeistert einen immer wieder aufs Neue und jeder, der Ving Chun ernsthaft studiert erkennt, daß der reine körperliche Kampf nur die Spitze des Eisberges ist.
Das Training am dritten und letzten Tag begann ebenfalls um 10.00 Uhr. An diesem Sonntag war gleichzeitig ein Ausbilderlehrgang. Aus ganz Deutschland kamen mehr als hundert Ausbilder, Assistenten und Anwärter. Im ersten Abschnitt wurden Bodyguard-Unterrichtsprogramme trainiert und im zweiten einzelne Teile der VC-Esoterik. Die Lehrergradanwärter gaben an diesem Tag Lehrproben in einzelnen Ving Chun Sparten.
An diesem Tag durfte Sifu Özden auch einen hohen Gast begrüßen. Den Boxnationaltrainer und Betreuer der türkischen Mannschaft, Ali Cakir. Der Boxtrainer, der selbst in jungen Jahren sehr erfolgreich war, kann heute mit vielen seiner Schüler Meisterschaftstitel vorweisen. Als Fachmann bezeichnete er die Sparringskämpfe der Ving Chun Schüler als hochqualifiziert und niveauvoll und betonte, daß auch er Ving Chun-Nahkampfprinzipien in das Training einbaut. Er gab bekannt, daß in Zukunft Boxwettkämpfe stattfinden werden, die durch die EVCC gesponsert sind und als Zeichen für eine gute Zusammenarbeit und seiner Anerkennung überreichte er Sifu Özden eine goldene Boxtrophäe. Mit tobendem Applaus wurde Cakir verabschiedet und Sifu Özden schritt dann zur feierlichen Ernennung der Lehrergrade: Jeder hatte bestanden. Somit begrüßen wir 6 neue Lehrergrade im Team der EVCC: Gunther Triebel, Stefan Köcher, Michael Wallow, Gerd Rütten, Donato Porfilio, Erkan Sengül und zum zweiten Lehrergrad beglückwünschen wir Jochen Brandt und Andreas Silbersack.
Sie waren glücklich über das erreichte Ziel, und man bedankte sich für den tobenden Beifall und ganz besonders bei Sifu Özden, der immer wieder mit Rat und Hilfe zur Seite gestanden hat. Jeder war sich einig, daß sie verstärkt daran arbeiten werden, traditionelles Ving Chun nach den Richtlinien und dem Konzept von Sifu Birol Özden zu verbreiten, so daß jeder in der Lage sein wird, richtiges Ving Chun in seiner Nähe lernen zu können.
„Das Jahr 1995 soll wieder ein erfolgreiches Jahr für die Euro Ving Chun Connection werden,“ verlautete Sifu Özden in einem Presseinterview. In der kommenden Ausgabe werden wir die Geschichte der EVCC und die Aussichten Özdens in einem neuen bericht festhalten.
Dieser Bericht wurde von der Pressestelle der EVCC zur Verfügung gestellt. Er erschien in der Ausgabe 05/1995.
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