Neues aus Hong Kong: Polizei goes Wing Chun
Seit Ende 1996 werden Polizeioffiziere, verdeckte Ermittler, Polizistinnen und Rauschgiftfahnder von Meister Lok Yiu im Wing Chun unterwiesen; er wird dabei von seinen Söhnen, seinem Schüler Benny Chung und einem Schüler seines Sohnes Sang unterstützt. Der Unterricht findet in Gruppen von bis zu 50 Personen statt, wobei die Teilnehmerzahl steigt.
Auf die Frage, warum er in seinem Alter noch die Mühe des Unterrichtens auf sich nimmt, antwortet Meister Lok Yiu: „Die Wahrheit soll auch in Hong Kong ans Tageslicht kommen. Mein To-Dai Wei Lam (so wird Wilhelm Blech von Lok Yiu genannt) arbeitet in Europa hart daran, und ich will ihn unterstützen, wo ich nur kann; obendrein ist das nur ein kleiner Beitrag, den ich damit leiste.“ Dazu gekommen war es, nachdem eines Tages Choy Kin-Cheung von der Royal Hong Kong Police anfragte, ob seitens Meister Lok Interesse bestünde, Angehörige der Polizei zu unterrichten. Es hatten bereits andere Wing Chun Lehrer Interesse angemeldet. Meister Lok sagte zu und erhielt schließlich den Zuschlag.
Weitere Nachrichten von Lok Yiu und Sifu Wilhem Blech aus 1996.
Unterrichtet wird in den ersten sechs Monaten das traditionelle Basisprogramm des Wing Chun, um eine solide Grundlage zu gewährleisten, dann folgt ein von Meister Lok Yiu speziell zusammengestelltes Programm, das eine schnelle Verteidigungsfähigkeit herstellen soll – ein speziell auf die Bedürfnisse der Polizei zugeschnittenes Unterrichtsprogramm also.
Während seines Aufenthaltes in Hong Kong im Oktober/November 1996 assistierte Wilhelm Blech seinem Si-Fu Lok Yiu beim Unterricht und konnte so wertvolle Erfahrungen mit solch einem spezialisierten Konzept sammeln. Zur Frage, wie man auf Meister Lok Yiu gekommen sei, sagte Choy Kin-Cheung: „Jeder in Hong Kong kennt Wing Chun und weiß, daß Meister Lok Yiu die unumstrittene Kapazität dieses Kampfstils ist. Die Entscheidung ist uns leicht gefallen.“
Festival in Hong Kong
Der 25.11.1996 sollte ein großer Abend für die Kampfkünste in Hong Kong werden: Erstmals veranstaltete die Royal Hong Kong Police ein Kampfkunstfestival. Eingeladen waren Teilnehmer aus fünf Nationen, ihre Kampfkünste vorzuführen. Es waren Teilnehmer aus England, Neuseeland, Taiwan, China und Deutschland angereist. Gezeigt wurden verschiedene Stile, darunter Tai Chi Chuan, Hung Kuen, Choi Li Fat, Pak Mei, Lo Han, Lau Gar Kuen, Adlerklauen-Stil, Fa Kua, Chi Gong-Übungen sowie Wing Chun. Bei letzterem waren allein vier Stilrichtungen zu sehen, die mit Yip Mans Wing Chun kaum etwas gemein hatten.
Meister Lok Yiu war mit seiner Familie, zu der er auch seinen deutschen Schüler Wilhelm Blech zählt, als Ehrengast geladen. In der Eröffnungsrede wurde Meister Lok Yiu als lebende Legende des Wing Chun und ältester noch lebender Schüler des verstorbenen Großmeisters Yip Man vorgestellt. Die Anwesenden erhoben sich und applaudierten dem Wing Chun-Meister.
Nach der Vorstellung der vertretenen Meister und Stilrichtungen ging es ans Eingemachte: Alle Demonstrationen wurden hervorragend dargeboten. Zuerst kamen die nördlichen Stile an die Reihe, nach einem opulenten Abendessen aus der kantonesischen Küche dann die südchinesischen Stile. Der Reigen der südlichen Stile wurde von Meister Lok Yius Sohn Sang eröffnet, der perfektes Wing Chun zeigte. Zuerst führte er die Biu Zie-Form vor, dann demonstrierte er mit einem Schüler Chi Sau und Go Sau. Eine schwere Vorgabe besonders für die anderen Wing Chun-Praktizierenden, die nach Lok King Sang kamen. Ein Neuseeländer ging sogar so weit, daß er sich bei Meister Lok für sein Wing Chun entschuldigte und um Unterricht nachsuchte. Mit einem freundlichen Lächeln wurde er an Wilhelm Blech weiterverwiesen. Nach dem Ende dieses gelungenen Festivals wurden noch einige Gruppenfotos gemacht; gerade Meister Lok Yiu war an diesem Abend ein begehrtes Motiv.
Diese Nachrichten erschienen in der dritten Ausgabe der Kung Fu Revue im Frühjahr 1997.
Text und Fotos: ELYWCIMAA
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