ELEKTROSCHOCK

elektro shock

1998 jährt sich der Todestag von Bruce Lee zum 25. Mal. Es gibt kaum etwas, das über ihn noch nicht veröffentlicht wurde. Es gibt jedoch eine ganze Menge Fakten und Meinungen, von denen kaum jemand etwas weiß. Nur wenige Insider wissen daß z.B. Wong Shun Leung, der zusammen mit Lee unter Yip Man trainierte, Artikel über seine Begegnungen mit Lee verfaßte. Lesen sie im folgenden Wongs Erinnerungen an Lees Traininsgeräte und seinen geistigen Zustand wenige Monate vor seinem tragischen Tod. Die Fotos sind keine Originale, sondern nachgestellte Szenen mit einem Double.

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Training mit Elektroschock
Neben seinem normalen Trainingsprogramm, benutzte Bruce Lee auch elektronische Geräte um seine Muskeln und seine Körperkraft zu trainieren. Er benutzte dazu ein Gerät, das von einem Militärexperten der US Army entwickelt wurde. Es hatte einen stimulierenden Effekt. Elektronikexperten und Ärzte sollen das sogar bestätigt haben, obwohl viele daran zweifelten. Nach ihren Angaben soll das Gerät nicht nur dazu geeignet gewesen sein, die Muskeln zu trainieren und die Kraft zu erhöhen. Es soll auch die Blutzufuhr unterstützt und somit dem Ermüden vorgebeugt haben. Das Gerät wandelte Elektrizität in pulsierende Stromstöße um. Es hatte zwei Regler. Mit dem einen konnte man die Stärke der Stromschläge variieren, mit dem anderen wurde die Frequenz reguliert.

Stromfrequenz für Situps
Bruce benutzte das Gerät um z.B. seine Bauchmuskeln damit trainieren. In eingeschaltetem Zustand zwang es die Bauchmuskeln zu kontrahieren und sich automatisch wieder zu entspannen. Damit erreichte er eine Stärkung der Muskeln, die Förderung der Durchblutung und den Abbau von überflüssigem Fett. Die Qualität der Wiederholungen wurde durch die Energiezufuhr reguliert. Die Einstellung drei stand z.B. für eine Gewichtsbelastung von ca. 40 Kilo. Die Frequenz der Stromstöße regulierte die Anzahl. Die Stufe drei stand für drei Wiederholungen pro Sekunde. Da Bruce sehr beschäftigt war, setzte er dieses Gerät sehr häufig in seinem Haus in Kowloon ein. Das Training mit dem Eletroschockgerät sparte ihm viel Zeit, denn er konnte gleichzeitig trainieren und andere Arbeiten verrichten. Er sprach mit anderen und trainierte simultan mit diesem Gerät.
Bruce benutzte das Gerät auch um bei bestimmten Techniken zum Durchbruch zu kommen. Das ist durchaus möglich. Zum Beispiel brachte er die Sonden auf dem Rücken seines Unterarms an, damit er bei Schlägen Muskeln trainierte, die er sonst nicht hätte optimal isolieren können. Durch die Stromstöße werden alle Muskeln trainiert, nicht nur die, die für eine Technik gebraucht werden. Einem Boxer oder anderen Sportlern kann das sehr helfen. Wenn man in der Lage ist unter diesen Bedingungen zu trainieren, kann die Kraft und Schnelligkeit deutlich erhöht werden. Um das zu verstehen, bedarf es jedoch mehr als nur den Einsatz von Elektroschocks.


Neben diesem elektrischen Gerät benutzte Bruce eine weitere Maschine. Es war eine sehr komplizierte Apparatur, die er jedoch vielseitig nutzte, dennoch war sie platzsparend. Es stand auf dem Boden. Er benutzte es um Hüfte, Bauch, Arme und Nacken zu trainieren. Es hatte die Form einer sechskantigen Säule, die in der Größe variiert werden konnte. In Hong Kong wurde sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht hergestellt, so daß niemand so richtig wußte, woher das Gerät überhaupt stammte. Selbst hatte Bruce die Maschine jedoch nicht entworfen, dazu hatte sie ein zu futuristisches Design.

Hong Kongs erster Punching Ball
In seinem Garten hatte er ein ballähnliches Gerät. Es war etwas kleiner als ein Fußball, der an beiden Enden durch eine Feder und einen Nylonfaden gehalten wurde. Er gebrauchte es, um Schnelligkeit und den Empfindungssinn für Arme und Beine zu trainieren. Durch seine weiten Bewegungen und seine Geschwindigkeit, sah es sehr wahrscheinlich aus, das er sein Ziel damit auch erreichte.
Neben all diesen Geräten benutzte er ständig einen Knie- und Unterschenkelschützer. Die Wirksamkeit war erstaunlich, denn sie bestanden nur aus einer dünnen Gummischicht. Trotz seiner leichten Bauweise konnte es hohe Schläge absorbieren. Ursprünglich wurden sie im Football eingesetzt, doch in Hong Kong kannte man auch diese Schützer zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Alle Kung Fu Sportler in Hong Kong hätten gerne solche Schützer besessen. Bruce wollte Wong Shun Leung sogar welche mitbringen, doch sein Weg führte in vor seinem Tod nicht mehr zu seinem frühen Kung Fu Bruder.

Entspannung durch Vibrationen
Ein elektronisches Spiel benutzte Bruce gerne um seine Gedanken zu trainieren. Es war eine kleine Kiste in der Größe einer Zigarettenschachtel. Man sagte, es würde einem beim Einschlafen helfen. Durch die Anpassung der Frequenz war es möglich eine Rückkopplung mit dem Gehirn zu erreichen. Um es zu gebrauchen mußte es auf dem Kopf befestigt werden. Er benutzte es jedoch nur dann, wenn er mit sich nicht ganz zufrieden war. Seiner Auffassung nach sollten wir uns nicht von unseren eigenen Erfindungen kontrollieren lassen. Bruce sagte, daß dieses Gerät ihm eine Erleichterung bei der Konzentration verschaffen würde. Es gibt wohl Tage, an denen es einem schwerfällt einen klaren Gedanken zu fassen. Eben an diesen Tagen setzte er es ein.

Bruce Lees mentale Verfassung vor seinem Tod
Bruce war schwer dadurch belastet, daß er ständig seine körperliche Fitness aufrechterhalten und verbessern wollte. Ich sage das nicht ohne Grund. Bruce war an einem Punkt angekommen, wo er nur nach vorne und nach oben schauen mußte. Er konnte es sich nicht leisten, zurückzuschauen, denn er hatte Angst davor, daß ihn vielleicht jemand überholen würde. Es war seine Psyche, die ihn dazu zwang. Ich fand das sehr schade. Etwa zwei bis drei Monate bevor er starb, rief er mich an. Er wollte in meine Schule kommen um ein paar Fotos zu schiessen. Das war an einem Sonntag. Meine Familie war die ganze Woche zu Hause und wir wollten zusammen etwas unternehmen, so daß ich seinen Vorschlag ablehnte. Später habe ich diese Entscheidung bereut, schließlich waren wir alte Freunde. Es wäre nicht zuviel verlangt gewesen, wenn ich ihm erlaubt hätte, die Fotos zu machen. Danach war es zu spät.
Obwohl ich es ihm nicht ermöglichte bei mir Fotos zu schiessen, besuchte ich ihn am selben Nach-mittag. An diesem Tag haben wir unsere Gedanken über die Martial Arts ausgetauscht. Wir verglichen unsere Ideen. Danach verließ er Hong Kong für neue Dreharbeiten. Als er zurück kam, rief er mich an und schlug mir eine Rolle in „The Game of Death“ vor. Er lud mich für Probeaufnahmen ins Studio ein. Ich wollte ihm nicht versprechen, die Rolle zu übernehmen, dennoch ging ich zu den Proben.

Elektroshock Li

Merkwürdiger Glanzin den Augen
Ich nahm meinen Schüler Wan mit. Die Beleuchtung im Studio war sehr intensiv. Während einer Einstellung kreuzten sich unsere Blicke, ich bekam ein unangenehmes Gefühl. Seine Augen strahlten etwas aus, was ich vorher schon gesehen hatte. Er hatte noch viel Zeit. In den Pausen spielte er mit einer teuren Kamera. Das Objektiv war sehr lang. Er hatte sie um seine Schulter geschnürt und lief damit stolz durch das Studio. Das Studio war voll, so daß ich in der Pause rausging um mich auszuruhen. Der Ausdruck von Bruces Augen ging mir nicht aus dem Kopf. Warum kam mir das so bekannt vor? Wo hatte ich das schon einmal gesehen?

Strapazen nach Dreharbeiten
Nach einiger Zeit fand ich die Antwort. Ich sahe dieses Phänomen bei meiner Tante zwei Monate bevor sie starb. Damals war ich noch ein kleiner Junge, dennoch war ich an medizinischen Beobachtungen sehr interessiert. Zum Glück hatten wir in unserer Familie mehrere Ärzte, die mir alles erklären konnten. Ich erkannte, daß Bruces Augen nicht klar waren. Das Schwarze und Weiße war nicht deutlich zu erkennen. Als ich darüber nachdachte, kam Bruce zu mir nach draussen. Ich fragte ihn sofort: „Bist du müde? Deine Augen sehen so anders aus? Kommt es daher, daß du solange in einem anderen Land warst?“ „Nein, ich sehe keinen Unterschied,“ antwortete er kurz. Ich ging davon aus, daß er überarbeitet war und riet ihm zu einer Pause. Er konnte viel und hart arbeiten, doch ohne eine Pause würde auch er zusammen brechen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er gerade die Dreharbeiten zu „Der Mann mit der Todeskralle“ beendet. Wer diesen Film gesehen hat, kann sicher meine Gedanken nachvollziehen. In diesem Film sind seine Augen dunkel und düster. Ihr Aussehen unterscheidet sich dramatisch von früher, z.B. in „Big Boss.“ Ich hatte die tiefe Hoffnung, daß es nur die viele Arbeit war, die ihm diesen Ausdruck verleihte. Das war jedoch nur der Versuch, nicht an die mögliche Wahrheit zu denken, also sagte ich ihm nichts.

Gemeinsames Training
Rund zwei Monate vor seinem Tod habe ich ihn besucht. Wir unterhielten uns über unsere Resultate der jeweiligen Untersuchungen über Kung Fu während unsere Frauen sich draussen unterhielten. Zuerst wollten wir die Power unserer Schläge testen. Wahrscheinlich wollte er nur wissen, wie alt ich war. Wir machten das einmal und wiederholten es. Er war sehr stark, aber nicht mehr so wie noch einige Jahre zuvor. Früher war er fitter. Das lag wahrscheinlich daran, daß er früher disziplinierter lebte, weniger belastet war, und eben jünger war. Dieses Mal war es jedoch anders. Jetzt war er berühmt. Alle Aspekte seines Lebens veränderten sich. Darüber hinaus hatte sich seine Lebensqualität verbessert. Wenn ein Sportler nicht genug trainiert, zu wenig pausiert und sich auf Vitamine und Medizin verläßt, werden seine Fähigkeiten nicht besser. Wie auch immer, Bruce hatte lange so gelebt. Obwohl ihm das Training mit dem elektronischen Impulsgeber half, blieben seine physischen und mentalen Belastungen enorm. Nach dem Überprüfen unserer Schlagkraft verglichen wir die Kraft unserer Kicks. Bei diesem Vergleich zeigten sich viele Parallelen. Dennoch gab es bestimmte Punkte, bei denen wir grundsätzlich auseinander lagen. Ich fühlte, daß er nicht mehr so gut war wie früher.

Bruce wurde ein Supermann

Wir gingen in den Garten, wo er einen Punching Ball hatte, mit dem Faustschläge trainiert werden konnten. Er war etwas kleiner als ein amerikanischer Football. Das eine Ende war oben befestigt, das andere über ein flexibles Band am Boden verankert. Wenn man den Ball traf, drehte er sich und schwang heftig hin und her. Seine Bewegung verhielt sich proportional zur Kraft, mit der er getroffen wurde. Er war mit seinem Training fertig und ließ mich daran üben. Obwohl ich nicht so genau treffen konnte wie er, war der Unterschied nicht allzu groß. Er hatte den Ball installiert, so hatte er natürlich mehr Erfahrung im Umgang damit als ich, der ich zum ersten Mal daran trainierte. Dafür war ich schon recht gut. Das übertraf seine Erwartungen. Meine Vorstellung hatte Schatten auf seinen Traum, ein Supermann zu sein, geworfen. Ursprünglich hatte er gedacht, daß ich nicht in der Lage sein würde, den Ball überhaupt zu treffen. Nach dem Versuch hatte er eingesehen, daß die Unterschiede zwischen Menschen kleiner sind als er dachte. Ich hatte ihm schon früher gesagt: „Wenn ein Mann die gleiche Größe und Kraft hat wie du, wird er auch dann mit dir kämpfen können, wenn er kein Kung Fu kann. Du wirst gewinnen, weil du bessere Techniken beherrschst. Wenn man sich nicht als Supermann sieht, wird man ein besseres und erfülltes Leben verbringen; ansonsten wirst du dich kalt und verlassen vorkommen.“ Er hätte an meine Worte denken sollen.

Ich habe keine Angst vor dem Tod, ….
Er zeigte mit zwei Fingern auf die Lücke zwischen den Augenbrauen um für eine kurze Weile zu meditieren. Er atmete tief und sagte: „Leung, ich bin jetzt ein anderer Mensch. Ich habe eine Lebensversicherung abgeschlossen. Mir kann jederzeit etwas passieren. Meine Familie soll sich um die Zukunft keine Sorgen machen. Ich brauche mir auch keine Sorgen zu machen. Wenn mich jemand stört, sollte er sehr vorsichtig sein. Ich habe keine Angst vor dem Tod, denn ich kann jeden Angreifer umbringen.“ Bruce schien viele Sorgen und Ängste zu haben. Ich konnte ihm nur gut zureden: „Du sollst so etwas nicht sagen. Ein Vater zu sein bedeutet mehr als nur Geld zurück zu lassen. Wenn das so wäre, dann würde jeder Millionär ein guter Vater sein. Du solltest dich mehr um deine Frau und deine Kinder kümmern, wenn du die Zeit dazu hast. Verbringe nicht deine ganze Zeit damit, Geld verdienen zu wollen.“ Er schaute mich an, schüttelte seinen Kopf und lachte, „du ……“.

Zwei große Sorgen
Zu diesem Zeitpunkt hatte Bruce gemerkt, daß ich ihm sehr kritisch gegenüber stand. Er wollte oder konnte mit mir nicht argumentieren, so daß er das Thema wechselte. Er fragte mich, ob es einen Wing Chun Kämpfer gibt, der im Filmgeschäft arbeitet. Meinen Informationen zufolge gab es einen. Er fragte mich nach seinem Kung Fu und ich gab ihm Auskunft. Er war stets an neuen Kämpfern interessiert. Natürlich gab es damals keinen einzigen, der es mit ihm hätte aufnehmen können.
Während er gegen den Punching Ball schlug erzählte er mir, „Leung, laß mich dir über zwei Begebenheit berichten. An einem Tag traf ich einen Statisten im Studio, der die Gültigkeit meines Kung Fu anzweifelte. Ich erkannte seinen Stolz und sagte: ‚Wenn ich kein richtiges Kung Fu mache, kann ich mir nicht vorstellen, daß du es kannst. Du bist ein Dummkopf!‘ Er forderte mich heraus. Ich wurde wütend. Ich forderte ihn auf, herunter zu kommen und zu kämpfen. Er folgte meiner Aufforderung. Er fragte, ‚wie sollen wir spielen?‘ ‚Kämpfen – das werden wir spielen!‘ Zusammen mit einem Schrei kickte ich ihn gegen den Bauch. Ich schlug nur mit geringer Kraft und dennoch hatte er keine Ahnung, wie er sich verteidigen könnte. Er fiel rückwärts gegen eine Tafel. Er kam wieder auf mich zu, ich kickte ihm auf die Brust. Er war verletzt. Er sah übel aus und brachte keinen Ton hervor. Als später andere kämpfende Schauspieler vorbei kamen, wollten sie ihn verprügeln, also entschuldigte er sich. Als ich ihn so sah, wollte ich ihm nicht mehr weh tun. Ich ließ ihn gehen.

Herausforderung auf offener Straße
Einige Tage später, als ich an der Waterloo Hill Road entlang lief, fragte mich ein Bauarbeiter, ob ich mit ihm kämpfen wollte. Ich sprang über die Absperrung und forderte sie auf: ‚wer will mit mir kämpfen?‘ Niemand antwortete, also begann ich, sie zu beschimpfen.“ Ab hier ließ er dem Slang freien Lauf. Als ich ihn hörte, lachte ich und entgegnete: „Du hast also nicht gekämpft.“ Worauf er sagte: „Am Ende haben sie sich verbeugt und sich entschuldigt. Sie sagten, sie wollten nur mit mir spielen. Als ich das sah, wollte ich nichts mehr von ihnen wissen, und setzte meinen Lauf fort.“ Durch das Vortragen dieser beiden Begebenheiten zielte er darauf ab, beweisen zu wollen, daß er es jederzeit mit jedem aufnehmen könne. Das stand unmittelbar im Zusammenhang mit seinen Worten. Er wollte sich um nichts anderes kümmern. Wenn ein berühmter und reicher Mann normal ist, würde er so etwas nicht sagen – es sei denn, er hätte große Geheimnisse zu verbergen.

Für alles war gesorgt
Als Bruce zu mir sagte, daß seine Kinder nicht verarmen würden, wußte er, daß er jung sterben würde. Wie auch immer er sich gab und versteckte, seine Worte ließen diesen Schluß eindeutig zu. Es war sehr schwer für ihn, sein wahres Ich zu verstecken. In seinem Leben war er sehr diszipliniert. Es gibt jedoch kaum die Möglichkeit die Art und den Ort für den eigenen Tod vorherzusehen. Viele Gründe wurden für seinen Tod angegeben, die seinen Namen beschmutzten. Es ist eine Tatsache, daß wir das nicht streng nachvollziehen können. Wenn wir kritisch sind, könnte selbst Konfuzius keinen aufrechten Standpunkt einnehmen. Auch die Bauchmuskeln trainierte Lee mit dem Elektroschockgerät.


Bruce Lee Kung Fu
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 4 der Kung Fu Illustrierten 1997