Axel Schulz – Auf Schmelings Pfaden

Axel Schulz Axel Schulz

Seit dem legendären Max Schmeling gab es keinen Deutschen, der um die WM im Schwergewicht kämpfte. Axel Schulz will der deutschen Abstinenz in der Königsklasse der bezahlten Faustkämpfer ein Ende bereiten: Er wird Champion George Foreman herausfordern.

Axel Schulz
Box-Experte Tobias Drews knipste diesen tollen Schnappschuss von Profiboxer Axel Schulz mit seiner Lektuere, dem Kicksider, Kick Illustrierte im Jahr 1995 vor seinem WM-Kampf gegen George Foreman.

Nach dem Unentschieden und der anschließenden Niederlage gegen den Engländer Henry Akinwande in den Kämpfen um die Europameisterschaft hatte Axel Schulz (Frankfurt/ Oder) den direkten Anschluß an die Weltspitze verpasst. Hinzu kam eine Schulteroperation, die ihn zu einer längeren Ringpause zwang.

Der große Coup: Aber Manager Wilfried Sauerland gelang vor wenigen Wochen der grosse Coup: Er vermittelte seinen Schützling in die USA, der dort am 22. April im Superdome in New Orleans als Herausforderer des amtierenden Schwergewichtschampion George Foreman antritt. „Das ist Wahnsinn,“ freute sich Schulz, der jetzt damit . nicht gerechnet hatte. Die Entwicklung zu diesem Superkampf begann im September, die Kampfsportillustrierte KICK blickt auf die Anbahnung des „Jahrhundertkampfes“ aus deutscher Sicht zurück.

„Wahrsager“: Nach 22 Kämpfen mit 20 Siegen bei einem unentschieden mußte für Axel ein echter Prüfstein her, ein Härtetest, oder wie man in Fachkreisen zu sagen pflegt, ein „Wahrsager“. Also einen Gegner mit einer guten Reputation, der noch immer einen guten Namen hat, aber nicht mehr die absolute Weltspitze verkörpert. Gesucht, gefunden: Niemand geringeren als den Ex-Weltmeister James „Bonecrusher“ Smith präsentierte Matchmaker Jean-Marcel Nartz dem blonden Schwergewichtler als Gegner für einen Kampftag im September letzten Jahres in der Rheinmetropole Leverkusen. Smith hatte von 53 Profikämpfen seit 1981 immerhin 39 Einsätze siegreich gestalten können und wurde mit einem Blitz-K.O. Sieg in Runde 1 über Tim Witherspoon 1986 sogar Weltmeister im Schwergewicht. Im bedeutensten Kampf seiner Karriere trat er 1987 gegen „Iron“ Mike Tyson (USA) an, kam über die 12-Runden-Distanz und verlor nur ehrenvoll nach Punkten.

Publikumsliebling: „Bei einem meiner USA-Kämpfe, den ich im August vergangenen Jahres in Atlantic City absolviert habe, boxte Smith auf der gleichen Veranstaltung,“ erklärt Schulz den Wunsch, gegen den Mann aus Magnolia im Bundes-staat North Carolina die Handschuhe zu schüren. Damals habe ihn die Ausstrahlung des Ex-Weltmeisters beeindruckt. „Außerdem war er ein wirklicher Publikumsmagnet,“ erzählt Schulz weiter, „alle haben ihm zugejubelt, er war der Star der Veranstaltung“. Kein Wunder also, daß Schulz sich berechtigte Hoffnungen machen konnte, mit einem Sieg über den „Knochenbrecher“ amerikanische Fachleute überzeugen zu können.
Harte Dollar Für einen guten und weißen Schwergewichtsboxer wachsen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten die Bäume wirklich noch in den Himmel, gibt es jede Menge harte Dollars zu verdienen. Auf zehn Runden war das Schwergewichtsduell der beiden Kontrahenten angesetzt, die Vermutung auf ein vorzeitges Ende erfüllten sich nicht. Schulz (97,5 kg) begann den Kampf druckvoll, bestimmte von Anfang an das Tempo. Mit der linken Führhand, so wurde schnell klar, wollte er den Kampf bestimmen, den um einen halben Zentner schwereren Smith (122,5 kg) auf der nötigen Distanz halten. Zum Teil etwas überhastet, aber dennoch mit dem nötigen Überblick ging Schulz zu Werke.

Schöne Kombinationen: Neben der guten Linken waren es auch die schön vorgetragenen Drei-erkombinationen, die das Gesamtbild des überlegenen Schulz abrundeten. Zwar schlug Smith vereinzelt die schwere rechte Hand, doch Schulz war beweglich genug, diesen Dampfhämmern auszuweichen. Vielleicht hatte Axel Schulz in der einen oder anderen Situation zu viel Respekt vor seinem Kontrahenten, zum Schaden war es letztlich nicht. In Runde acht kam dem erschöpft wirkenden Smith eine „Platzwunde“ am linken Boxhandschuh gelegen, die er gemein-sam mit seinen Betreuern für eine längere Erholung nutzte. Ganze fünf Minuten dauerte die Prozedur des alten-Handschuh-Ausziehens und neuen-Handschuh-Anziehens. Danach hatte sich der Boxsenior erholt, Schulz war ein wenig von der Rolle. Vielleicht brachte er in diöser
Zeit auch nicht mehr genügend Konzentration auf, denn nach dem Kampf, den Schulz letztlich sicher und einstimmig nach Punkten gewinnen konnte, diagnostizierten die Ringärzte ein gebrochenes Nasenbein auf Seiten des Oderstädters. Das Motto „Hopp oder Top“ hatte sich für Schulz gelohnt, er war international wieder im Gespäch.

Absage für Lake Tahoe: „Es war ein harter Kampf für Axel, aber er hat die Aufgabe wirklich mit Klasse gelöst,“ war Trainer Manfred Wolke mit der Leistung seines Boxers zufrieden. Das es in einem Boxerleben mal „Auf“ und mal „Ab“ geht mußte Schulz nur wenige Wochen nach dem Duell mit Smith realisieren. Wiedermal holte den blonden Hünen seine Verletzunganfälligkeit ein, wiedermal mußte ein Kampf abgesagt werden, diesmal ein für Mitte Dezember geplantes Engagement in Lake Tahoe/ USA. „Die Amerikaner wollten nur Schulz, der nach seinem Sieg über Smith dort plötzlich populär geworden ist,“ konnte Matchmaker Nartz den Kampftag nach dessen Absage nicht mehr retten. Ende Dezember kam dann heraus, woran Manager Sauerland viele Wochen gebastelt hatte: Der WM-Kampf mit George Foreman, der mit dem Sensationssieg über Michael Moorer der wohl populärste Meister aller Klassen seit der Ära Tyson ist. Kurz nach Bekanntwerden dieser Sensation sprach KICK mit Axel Schulz:


KICK: Vor einigen Monaten geisterte die Meldung durch die Presse, Sie hätten ein Angebot vom Ex-Weltmeister Riddick Bowe vorliegen. Als Börse wurden rund 250.000 US-Dollar genannt. Stimmt das, und wenn ja, warum haben sie das abgelehnt?

Schulz: Das Angebot stimmte, aber der Kampf wäre wohl etwas zu früh für mich gekommen. Bowe ist eine Klasse für sich, da muß man schon topfit sein, um überhaupt eine Chance zu haben. Mit dem Sieg über Smith im Rücken könnte ich allerdings noch ein wenig intensiver über die Sache nachdenken.

KICK: Nun sieht es so aus, als ob der Kampf um die Weltmeisterschaft mit George Foreman perfekt ist, mit einer Börse von 500.000 US Dollar für sie. Foreman bezeichnet sich selbst als das „achte Weltwunder“, wie wollen sie diesen Mann schlagen?

Schulz: Das wird natürlich ein ganz harter Gang. Aber der Bonecrusher boxt von der Anlage einen ähnlichen Stil wie Foreman, und den habe ich ja gerade geschlagen. Mit dem Selbstbewußtsein aus diesem Kampf und meiner Schnelligkeit rechne ich mir schon etwas aus. Ich will einen guten Kampf machen, meinen Manager nicht enttäuschen.

KICK: Der Sieg über Smith – was hat er Ihnen nun genau gebracht?

Schulz: In jeder Hinsicht eine ganze Menge. Erstmal hat er mich in der Weltrangliste nach vorne gebracht, so daß man auch in Amerika auf den Namen Schulz aufmerksam wurde. Ohne diesen Sieg würde der Foreman-Clan wohl kaum ernsthaft über mich als Herausforderer nachdenken. Und rein psychologisch hat mir dieser Sieg den Glauben an mich selbst zurückgegeben, daß ich mir so einen schweren Gang gegen Foreman überhaupt zutraue.

KICK: Für diesen Kampf wünschen wir alles Gute und vielen Dank für das Gespräch.


Cynthia Rothrock
Dieses Interview führte Tobias Drews. Es erschien in Ausgabe 02 / 1995.