K-1 Grand Prix 1997

K-Grand Prix 1997

Ernesto Hoost
gewinnt K-1
Grand Prix 1997
in Tokyo

Adel verpflichtet

Endlich war es wieder soweit. Nach langen Monaten des Bangens und Wartens konnte die Frage, wer der beste Schwerge­wichts­kickboxer auf der ganzen Welt ist, gelöst werden. Die Frage, die, ähnlich wie bei den Film­fans kurz vor der Oscar­verleihung an den besten männlichen Schauspieler, die Ge­müter und Spekula­tionen bei den Kick­boxfans zur Raserei bringt. Wer wird es diesmal werden? Wird Aerts es trotz Trainer­wechsel schaffen den K-1 Grand Prix ein drittes Mal zu gewinnen? Kann Hug, trotz der zwei KO-Nieder­lagen, die er in diesem Jahr bereits erlitten hat, an seine alte Form Anschluß finden? Schafft „Mr. Perfect“ Ernesto Hoost diesmal den großen Sprung nach oben, da er schon zweimal nur knapp scheiterte? Oder zeigt das brasilianische Wunderkind, Francisco Alvez Filho, was in ihm steckt, und holt sich den begehrten Titel? Fragen über Fragen, die so kurz davor auch die Herzen nicht so ganz eingefleischter Kickboxfans bewegt haben. Die Antworten folgten am 9. November, und wie auch in vergangenen Jahren war der Ort des Geschehens wieder einmal Tokyo.

Tokyo Dome
Das Tokyo Dome: Ready to Rumble.

Die acht stärksten Männer der Welt

Kurz zur Wiederholung für alle, die sich aus unerfindlichen Gr¸nden, die vorletzte Ausgabe des KICK nicht gekauft haben, und deshalb nicht so ganz auf dem Laufenden sind. In der ersten Runde des K-1 Grand Prixs 1997 wurde, wie üblich, den acht Favoriten mehr oder minder starke Gegner entgegengestellt. Dieser entledigten sich die „Acht“, wennauch gleich mit ein, zwei überraschenden Ergebnissen, auf gewonnte Weise, zumeist durch KO, und stiegen somit eine Runde weiter auf . Die „Acht“ waren: Francisco Alves Filho (BRA), Sam Greco (AUS), Ernesto Hoost(NL), Jerome Le Banner(F), Peter Aerts(NL), Mike Bernardo(SA), Satake Masaaki(JPN) und Andy Hug(CH). Näheres dazu nachzulesen, wie schon oben erwähnt, in der Dezemberausgabe von KICK. Diese Reihenfolge stellte auch die vier Paarungen dar, in denen man gegeneinader antreten sollte, wobei der Sieger jeweils aufstieg, und gegen den Sieger einer anderen Paarung kämpft, wie das bei Turnieren üblich ist, und deshalb nicht extra erwähnt werden muß. Die o.a. Paarungen ließen Platz für allerhand Spekulationen, denn gerade im Schwergewicht kann mit einem Schlag alles vorbei sein, so daß dieses Mal eine Voraussage für den Sieg schwer fiel. Gerade im K-1 scheint der Titel des Austropop Sängers Rainhard Fendrich Motto zu sein: „Alles ist möglich, aber nix isí fix.“

Andy Hug K1
Im Endkampf: Andy Hug (links( gegen) Ernesto Hoost.

Die Bedeutung des K-1 Grand Prix für die Welt unter besonderer Berücksichtigung marktstrategischer Vorgangsweisen in Japan, der Schweiz und der ganzen weiten Welt:

K-1 boomt wie noch nie. Der Veranstaltungsort diesmal war der Tokyo Dome, von den Tokyotern auf Grund seiner Form liebevoll „Big Egg“ genannt. Dieser war mit 54.500 Zuschauern ausverkauft. Doch nicht nur das – die Karten waren bereits eine Stunde nach Verkaufsstart vergriffen!! Doch wer keine Karten für das Spektakel bekommen konnte, mußte aus lauter Verzweiflung nicht gleich Seppuku begehen. Die Veranstaltung wurde noch am selben Tag von 19:00 bis 21:00 Uhr im Fernsehen übertragen. Und auch dort erziehlte man bisher überragende Ergebnisse. Zur Hauptsendezeit ausgestrahlt, erreichten z.B. die Vorrundenkämpfe des K-1 Grand Prix Einschaltquoten von bis zu 16%. Dies sind die selben Quoten, die in Japan z.B. Fußballspiele erzielen, wobei Fußball zur Zeit vor Baseball als Sport Nummer eins im Land der aufgehenden Sonne zählt. Und wie ein Produzent von Fuji TV dieses Ergebnis kommentierte: „Solche Einschaltergebnisse können zur Hauptsendezeit unmöglich von Kampfsportfans alleine erzielt werden.“ Ergo sehen es sich auch Leute an, die mit Kampfsport nichts im Sinn haben, was auch zu folgenden Ergebnis führt, das freundlicherweise vom K-1 Office in Tokyo zur Verfügung gestellt wurde: bei einer Umfrage unter 100 männlichen Japanern zwischen zehn und vierzig Jahren gaben 87% an, K-1 zu kennen. Das kann hauptsächlich auf die Fernsehübertragungen, Zeitschriftenartikel, wobei sich in Japan auch viele Zeitschriften, die nicht aus der Sportbranche kommen, des Themas annehmen, und dem Auftritt etlicher K-1 Kämpfer wie Andy Hug, Mike Bernardo, Masaaki Satake oder Sam Greco, im japanischen Werbefernsehen zurückgeführt werden. Die K-1 Kämpfer sind in Japan beliebter und begehrter als je zuvor. Doch zumeist nur in Japan. Während Hug, Bernardo und Konsorten im Land der aufgehenden Sonne keine zehn Meter mehr gehen können, ohne von Fans um Autogramme oder Fotos gebeten zu werden, werden, wie schon so oft, die Propheten im eigenen Lande verkannt. So kommt es, daß zum Beispiel Ernesto Hoost oder Peter Aerts in Amsterdam immer noch unbehelligt einkaufen gehen können, ohne von Fans drangsaliert zu werden. Es sei denn, es handelt sich um Japaner. Nur einer hat selbst in der Heimat keine Ruhe: K-1 Superstar Andy Hug. Laut Angaben des K-1 Büros in Tokyo konnten bei der Übertragung der letzten „K-1 Fight Night“ in Zürich Einschaltergebnisse von durchschnittlich 53,4% erzielt werden. Dies mache Hug in der Schweiz sogar noch populärer als Tennisstar Martina Hingis, was diese aber nur äußerst periphaer tangieren wird, da sie mit ihren 18 Jahren immer dennoch erheblich mehr verdient als Hug mit seinen 33 Jahren, und dabei noch weniger geschlagen wird. Der überragende Erfolg, der dem K-1 auch in der Schweiz zu Teil wurde, wurde von K-1 Produzent Ishii zum Anlaß genommen, seine Fühler weiter auszustrecken. So wurden neue Pläne für die nahe Zukunft veröffentlicht. K-1 goes round the world! Als nächstes soll Amerika in Angriff genommen werden. Von alther für die Japaner der Inbegrif des Westens und des von-Japan-absolut-Andersseins und deshalb eine besondere Herausforderung. Genaues weiß man noch nicht, doch Gerüchten zu Folge könnte bereits im nächsten März die erste K-1 Show in den USA abgehalten werden. Bei diesem Event sollen die ersten K-1 Kämpfe auf amerikanischen Boden abgehalten werden. Doch genug von wilden Gerüchten und Spekulationen und zurück zu den Geschehnissen, die da schon waren.

Harte Männer, starke Sprüche
Zwei Tage vor den Kämpfen fand im Shin Takanawa Prince Hotel die Pressekonferenz statt. Neben den acht Kämfern waren das Fernsehen (Fuji TV und Schweizer Fernsehen) und zahlreiche Reporter anwesend. Die Fragen die gestellt wurden, waren nach den Gegnern und den Erwartungen der Kämpfer gerichtet. Hier was diese darauf von sich gaben:

Francisco Alvez Filho: „Greco ist mein bisher stärkster, aggressivster Gegner. Es wird sicher ein harter Kampf. Osu!“

Sam Greco: „Alle der hier anwesenden Kämpfer wollen gewinnen, alle sind gut vorbereitet. Ich kenne Filho vom Karate und weiß, es wird ein harter Kampf. Filho hat gerade erst mit dem Kickboxen begonnen, deswegen sind seine boxerischen Fähigkeiten noch nicht so gut. Ich werde hauptsächlich meine Hände gegen ihn verwenden.“

Jerome LeBanner: „Alle Kämpfer sind aus dem gleichen Grund hier, um zu gewinnen. Ich möchte besonders Ishii danken, daß man durch ihm vom Thaiboxen leben kann.“

Ernesto Hoost: „Viele sehen meinen Kampf gegen LeBanner als Revanchefight. Ich tue das nicht. Für mich ist es nur die erste Stufe um das Turnier zu gewinnen, denn alleine dafür bin ich gekommen.“

Mike Bernardo: „Ich war bei den vergangenen K-1 Grand Prix‘ bereits im Semifinale und im Finale. Diesmal werde ich der Sieger sein. Aerts will Revanche haben. Es wird mit Sicherheit ein harter Kampf werden.“

Peter Aerts: „Ich habe bereits zweimal gewonnen, letztes Jahr leider nicht. Bernardo wird sich gegen mich anstrengen müssen, denn ich werde diesmal sicher den Titel holen.“

Masaaki Satake: „Es geht nicht so sehr um den Sieg. Nachdem ich den ersten Kampf gewonnen haben werde, werde ich weitersehen. Man muß von Kampf zu Kampf denken. Alle Kämpfe werden hart werden, ich werde aber mein Bestes geben.“

Andy Hug: „Alle acht Kämpfer sind stark. Es kann aber nur einer gewinnen, und das werde ich sein!“

Nach dem Abspielen von Promotionvideos über den K-1 und einigen Fragen aus dem Publikum an die Kämpfer, war die Pressekonferenz zwei Stunden später zu Ende. Jetzt hieß es abwarten und grünen Tee trinken, auch wenn sich das viel leichter anhört als man denkt. Denn jeder, der schon einmal in den Genuß von grünem Tee gekommen ist, weiß, daß der ganz scheußlich schmeckt. Somit hieß es sich irgendwie anders die restlichen anderthalb Tage bis zum K-1 Grand Prix 97 zu vertreiben, was sich im Land der aufgehenden Sonne nicht immer als einfach herausstellt.

Die Stunde der Wahrheit
Doch dann war es endlich soweit. Zusammen mit 54.499 anderen Zuschauern fand man sich im Tokyo Dome ein um der Dinge zu harren, die da kommen sollten. Nach und nach füllte sich der Dome tatsächlich, und als die Veranstaltung plangemäß um 13:00 Uhr losging waren keine Plätze mehr frei. Nach der Ansprache von Seido Kaikan Begründer Ishii Kazuyoshii und einigen Vorkämpfen konnte der K-1 Grand Prix 1997 endlich beginnen. Gleich die erste Begegnung war eines der am schwierigsten Voraussagbaren: Sam Greco aus Australien gegen Francisco Alves Filho aus Brasilien. Während Erfahrung und Aggressivität für Greco sprachen, hatte Filho seine ersten beiden Kickboxkämpfe durch KO in der ersten Runde gewonnen, darunter so prominente Opfer wie Andy Hug. Wie zuvor war Filho auch diesmal wieder zur Vorbereitung nach Seattle zu Maurice Smith gefahren, so daß man auf seinen Kampf gespannt sein durfte. Der Gong. Greco stürmte sofort aus der Ecke und deckte Filho mit wilden Schlägen ein. Der Brasilianer wurde zurückgedrängt. Kurz bevor er in der Ecke war, schlug er eine linke Haken – rechte Haken Kombination. Der rechte Haken traf voll an Grecos Schläfe. Der Australier ging nieder wie ein naßer Sack und wurde ausgezählt. KO nach 15 Sekunden! 54.500 standen auf den Stühlen, die überraschung war perfekt. Auch Organisator Ishii war einen kurzen Moment sprachlos. Der Mann mit der geringsten Kickbox-Erfahrung drängt nach nur 15 Sekunden mit nur einem Schlag einen der Topanwärter auf den Sieg aus dem Rennen. In diesem K-1 schien wirklich alles möglich zu sein!

Ordnung wieder hergestellt
Der nächste Gegner Filhos würde im darauffolgenden Match festgestellt. Hoost gegen LeBanner. Der Franzose hatte Hoost schon einmal KO schlagen können, also war man gespannt, wie es diesmal laufen sollte, wobei man technische Vorteile für den dunkelhäutigen Holländer sah. Doch LeBanner legte gleich von Anfang an los und bedrängte Hoost mit harten Fäusten. Der Holänder war teilweise in arger Bedrängnis, so daß man schon ein frühes Ende erwartete, das auch kam, wenn auch etwas anders. Hoost riß das Ruder herum, und auf einmal war es LeBanner, der die Schläge einstecken mußte. Vier, fünf Schläge mußte der Franzose einstecken, der mit nur wenig Gegenwehr in der Ecke stand. Einem Haken folgte ein rechter Aufwärtshaken, der LeBanner die Beine wegriß. Nun war es am Schiedsrichter seine Aufgabe zu erfüllen, und LeBanner auszuzählen. Nach knapp einer Minute hieß der KO-Sieger Ernesto Hoost.

Der Franzose Lebanner konnte sich nur kurz auf den Beinen halten gegen Ernesto Hoost.

Aerts in alter Form

Aerts gegen Bernardo die Fünfte, lautete die nächste Kampfpaarung. Viermal waren die beiden bereits aufeinandergetroffen, dreimal konnte der stämmige Südafrikaner den Sieg mit nach Hause nehmen. Auch diesmal sagten viele Experten Bernardo den Sieg voraus. Den harten Fäusten des Südafrikaners wähnte man Aerts nicht gewachsen, und durch seine Trennung von Meistercoach Thom Harinck wisse man nicht, wie sich das neue Training beim ihm auswirken würde. Aerts sollte all diese Bedenken beiseite wischen. In Runde eins und zwei dominierte er klar. Seine Kombinationen kamen hart und trocken, und mit Lowkicks und Fäusten konnte er gute Treffer landen. Bernardo hingegen tat in den ersten Runden nur wenig. „Das reicht für mich nicht“, wollte er damit ausdrücken, denn erst als er sich in Runde drei nach einer rechten Geraden des Holländers auf dem Ringboden wiederfand, und vom Ringrichter angezählt wurde, begannen seine Motoren zu arbeiten. Jetzt war er es, der versuchte, alles noch einmal herumzureissen. Doch es war zu spät. Aerts hatte schon zu sehr seinen Rhythmus gefunden, und von dem lies er sich nicht mehr abbringen. Wieder konnte er Bernardo den Rückwärtsgang aufdrängen. Eine rechte Gerade zum Körper lies den Südafrikaner erneut zu Boden gehen. Nach knapp einer Minute in der dritten Runde hatte sich Aerts somit für das Halbfinale qualifiziert. Einziges Hindernis: bei einer seiner Attacken hatte er sich sein Schienbein verletzt. Eine Verletzung, die er sich zwei Wochen vor dem K-1 zugezogen hatte, war wieder aufgebrochen.

Hug setzt sich durch

Vorjahressieger Andy Hug sollte als letzter Zweitrundenkampf auf Lokalmatador Masaaki Satake treffen. Auch dies war ein Returnmatch, den Hug konnte im Oktober des vergangenen Jahres den Japaner nach Punkten schlagen. Satake war auf Revanche aus und bedrängte Hug gleich zu Anfang´. Dieser machte selbst Druck. Einer rechten Geraden folgte ein linker Roundkick zum Kopf des Japaners, der diesen zu Boden sinken lies. Als er wieder hochkam, war er bereits ausgezählt und sein rechtes Auge beträchtlich geschwollen. Die Begegnung Hug gegen Aerts sollte also feststellen wer ins Finale kommt.

„Mr Perfect“ wußte zu überzeugen

Hoost gegen Filho – „Mr. Perfect“ gegen das brasilianische Wunderkind. Beide waren sich der Gefährlichkeit des Gegners bewußt. Filho wußte um die Kicikboxkenntnisse des Holländers, und Hoost hatte erst wenige Minuten zuvor gesehen, daß Filho auch Top Kickboxer auszuknocken kann. Vorsichtig zeigten sich beide in der ersten Runde. Keiner wollte den Anfang machen. Man wartete die erste Bewegung des anderen ab. Die Spannung, die zwischen den beiden herrschte, war in der ganzen Halle zu spüren. Auch in Runde zwei änderte sich das Bild nur wenig. Filho versuchte mit einzelnen Beintechniken Hoost aus der Reserve zu locken, Hoost brachte erste zaghafte Ansätze von Kombinationen, die auch ihr Ziel fanden. Erst in Runde drei hatte Hoost sein Selbstvertrauen gefunden. Immer wieder brachte er seine Kombinationen durch. Zu einfach lies sich der Brasilianer bedrängen, und wich vor allem vor den Händen Hoosts zurück, was ihn aber optimal für die Lowkicks des Holländers plazierte. Immer öfter schlugen diese im Verlauf der dritten Runde in die Beine Filhos. Der Gong und die Punkterichter hatten das Sagen. Diese stimmten zwei zu eins für den Holländer, der somit im Finale stand, und seinem großen Traum ein Stückchen näher gekommen war.

Hoost victory over Filho
Hoost siegt ueber Filho.

Hug im Finale

Der Kampf Peter Aerts gegen Andy Hug sollte den zweiten Finalisten bringen. Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatten die beiden bekanntesten K-1-Fighter die Fäuste und Füße gekreuzt. Damals jagte Aerts eine Schockwelle durch das japanische Publikum zu jagen, als er Hug nach nur anderthalb Minuten KO schlug. Ob ihm dies wieder gelingen sollte? Seine Verletzung am Schienbein stellte ein schweres Handycap für ihn dar. So sah man Aerts nur zu Anfang der ersten Runde die Lowkicks blocken, danach nahm er sie ohne Gegenwehr. Auch von Kicks war diesmal nicht viel von Aerts zu sehen. Zwei-, dreimal versuchte er mit seinen gefürchteten rechten Highkicks den entscheidenden Treffer zu landen, was ihm aber nicht so gelingen wollte. Ansonsten beschränkte Aerts sich auf seine Fäuste und Knie. Im Gegenzug konnte Hug jedoch gute Treffer landen. Besonders ein linker Lowkick, der in Runde zwei voll in die Beine des Holländers krachte, zeigte Wirkung. Auch in Runde drei wußte der Eidgenosse zu überzeugen, und Aerts gehörig unter Druck zu setzten, der sich nur schlecht als recht auf den Beinen zu halten vermochte. So sahen es nach Ablauf der Kampfzeit auch die Schiedsrichter und gaben den Sieg an Andy Hug, der auch diesmal wieder im Finale stand, und versuchte seinen Erfolg vom Vorjahr zu wiederholen.

Andikick
Andy Hug mit seinem beruehmten Axtkick.

Andy Hug Kickboxen
Andy Hug besiegt Peter Aerts im Halbfinale

Rache ist süß

Und dann war er also da. Der Kampf, der bestimmen sollte, wer sich für ein Jahr als der „King of the Kings“ bezeichnen durfte. „Mr. Perfect“ Ernesto Hoost oder Vorjahressieger Andy Hug. Dies war bereits die dritte Begegnung der beiden. Im Sommer 1995 trafen sie in einem drei Runden Match das erste Mal aufeinander. Damals konnte Hoost den Eidgenossen eine Lehrstunde im Kickboxen erteilen und ihn klar in die Schrancken verweisen. Begegnung Nummer zwei fand im Halbfinale des K-1 Grand Prix 1996 statt. Nicht ganz unumstritten konnte Hug damals den Punktesieg nach zwei Verlängerungen davontragen, der ihn zum Sieg des Grand Prix führte. Besonders aus diesem Grund war Hoost mehr als erpicht darauf, wieder auf Hug zu treffen, um sich dieses Jahr den Titel zu holen. So spannungsgeladen ging es in den Finalkampf. Doch der schien Anfangs kürzer zu werden als man gedacht hatte. Nach kurzem herumtänzeln brachte Hoost einen linken Highkick den Hug mit einem Frontkick stopen wollte. Dabei kam er aber zu tief, und traf den Holländer in sehr empfindliche Zonen, so daß dieser mit einem Schmerzensschrei zusammen brach und gekrümmt am Boden liegen blieb. Warís das? War Hoost unfähig weiterzukämpfen, und das war die ganze Finalbegegnung? Nur fünf Sekunden? Doch so kurz vor dem großen Ziel gibt ein echter Niederländer nicht auf, und nachdem der Arzt herbeigeeilt war, einigte man sich auf eine zweiminütige Unterbrechung nach der es weitergehen konnte. Tosender Applaus brauste durch die Halle als Hoost sich wieder kampfbereit zeigte. Gleich darauf demonstrierte er, daß der Applaus nicht umsonst gewesen war. Heftig bedrängte er Hug mit seinen Kombinationen, daß dieser auch den Rückwärtsgang einlegen mußte. Zwar konte der Eidgenosse mit seinen Drehkicks und seinen Fäusten einige Treffer landen, doch Hoost war derjenige, der den Kampf bestimmte. Das gleiche Bild in der zweiten Runde. Der dunkle Niederländer zeigte, warum er „Mr. Perfect“ genannt wird, und griff in die Trickkiste. Aber auch Hug hielt sich trotz einer Fußverletzung nicht zurück, und zeigte sich mehr als willens den begehrten Titel noch einmal zu holen. Doch auch Runde zwei ging mit leichten Vorteilen an Hoost, der die schöneren Treffer landen konnte. In Runde drei kam langsam der konditionelle Einbruch beim Holländer. Hug erkannte das und feuerte aus allen Rohren, um das Ergebnis doch noch ändern zu können. In den letzten 30 Sekunden gaben beide Kämpfer noch einmal ihr Bests um die Kampfrichter zu berzeugen, offener Schlagabtausch. Der Schlußgong und die Urteilsverkündung. Der erste Kampfrichter punktet für Hoost. Kampfrichter zwei für Hug. Nun lag die Entscheidung bei Kampfrichter Nummer drei, und der gab seine Stimme Hoost. Jubel und Trubel in der holländischen Ecke. Endlich hatte Hoost sein Ziel erreicht. Nach dem K-2 Grand Prix, dem K-2 Plus Grand Prix, einer im Finalteilnahme beim K-1 Grand Prix konnte Hoost nun den verdienten Championgürtel erhalten.

Die Krönung des Kings
Doch mehr als über den Gürtel freuten sich Hoost und die Betreuer Vos und Plas über die 230.000 US-Dollar, mit denen der Sieg verbunden war. Diesmal hatte sich Promoter Ishii noch etwas Besonderes ausgedacht. Da es ja um den „King of the Kings“ ging, hatte er eine Krone anfertigen lassen, die von Johann Vos auf Ernestos Haupt gesetzt wurde. Nun war er der wahre „King of the Ring“ und vor allem um 230.000 Dollar reicher. Doch es geht ja nicht um den schnöden Mammon allein. Zumindest nicht für Promoter Ishii. Sein erklärtes Ziel ist es, den Menschen und vor allem den Kindern die wahren Werte des Budo und den Samurai-Spirit zu vermitteln. Dies möchte er erreichen, indem er mit solchen Großveranstaltungen möglichst viele Leute anspricht, und sie auf diesem Weg zum Karate und Budo bringt. Edle Ziele, die er nach der Preisverleihung von sich gab. Leider hörten es nur die 54.500 in der Halle, denn bei der Fernsehübertragung hatte man seine Schlußrede herausgeschnitten.

Hoost wins K-1 1997
Ernesto Hoost, King of K1, streicht 230.000 Dollar Siegpraemie ein.

Who is who:
Die Teilnehmer der Finalrunde

Francisco Alves Filho:
Mit Sicherheit einer der derzeit stärksten Kyokushin Karateka. Gewann die ersten Kyokushin WM mit Gewichtsklassen im April 97 im Superschwer, Dritter bei der Kyokushin WM 95. Trotz erst zwei Kickboxkämpfe beachtliches Potential. Schlug in seinem ersten Kickboxkampf K-1 Gewinner Andy Hug sensationell KO. Sicherlich die ‹berraschung von 1997 und der Mann der Zukunft.

Sam Greco:
Wie Filho und Hug aus dem Kyokushin Lager kommend. Dort gewann er im südpazifischen und australischen Raum so ziemlich alles, was es zu gewinnen gab. Wechselte zu Seido Kaikan und zum Kickboxen. Konnte heuer schon Cikatic KO schlagen, und qualifizierte sich mit einem KO Sieg über den Amerikaner Jean Claude Levier für den K-1 Grand Prix.

Jerome LeBanner:
Dieses Jahr heiß-kalt für ihn. Konnte Amerikas Ex-Parade-Kickboxer Maurice Smith zwar in Paris schlagen, ging dann aber selbst gegen Aerts schwer KO. Für den Einzug in den K-1 schlug er Fullcontact Legende Rick „Jet“ Roufus im zweiten Lowkickkampf seiner Karriere KO.

Ernesto Hoost:
„Mr. Perfect“ himself. Schickte dieses Jahr schon Mike Bernardo ins Land der Träume. In der Vorrunde war der Deutsche Stefan Leko sein Opfer. Könnte es heuer schaffen als erster und einziger K-2, K-2 Plus und K-1 Grand Prix zu gewinnen.

Mike Bernardo:
Der Südafrikaner mußte dieses Jahr empfindliche KO-Niederlage gegen Hoost einstecken, und konnte auch nicht gegen Hug in Zürich überzeugen. Dafür gingen KO-Siege über Satake und Cikatic auf sein Konto, wenngleich letzterer nicht ganz unumstritten blieb. War letztes Jahr im Finale. Hat gute Chancen, wenn er Aerts im ersten Kampf schlagen kann.

Peter Aerts:
Trotz Trennung von Thom Harinck sein Jahr. Schlug Hug Anfang des Jahres in der Traumbegegnung der Kickboxwelt KO. Danach waren LeBanner und der Amerikaner James Warring auf seiner Liste. Gute Chancen den K-1 das dritte Mal zu gewinnen.

Satake Masaaki:
Seit seiner „Wiederbelebung“ letzten Jahres sieht es nicht gut um den Lokalmatador aus. Zuerst verlor er gegen Hug, dann schlug ihn Bernardo KO. Konnte sich über den Japan-K-1, in dem er hauptsächlich Neulinge schlagen konnte, für den Grand Prix qualifizieren. Beste Besetzung: Statistenrolle.

Andy Hug:
Schlechtes Jahr für den K-1 Gewinner 1996. Zuerst verliert er gegen Aerts durch KO, dann schlägt ihn Filho in dessen ersten Kickboxkampf in den Ringstaub. Zumindest konnte er Bernardo in Zürich schlagen. Für die K-1 Qualifikation schlug er den kanadischen Leichtkontakt-Taekwondoka Pierre Guinette in dessen erstem Kickboxfight KO.



Marco Ruas
Erschienen in der Februar 1998 Ausgabe von Kick. Text: Horst Kalcher. Fotos: Susumu Nagao.