Die Dog Brothers

Dog Brothers

Hart, Härter, Dog Brothers!

„Hohes Bewußtsein durch härteren Kontakt,“ das wollen die harten Jungs der Dog Brothers erreichen. Wenn sie Stockkampf trainieren, dann nicht etwa mit Schutzausrüstung und schaumstoffgepolsterten Sticks – nein – knallharte Bambusstöcke und ohne Panzer! Am Ende eines Turniers vergleichen sie stolz die Größe ihrer Blutergüsse, ihre einzigen Trophäen. Sie kämpfen so hart, daß selbst die Veranstalter von regellosen Ultimate-Fights sie nicht in den Ring steigen lassen wollten.
Terry Wilson stellt uns die weltbekannten Draufgänger aus Kalifornien näher vor.

Marc "Crafty Dog“ Dennis
Marc „Crafty Dog“ Dennis hatte die Idee für den eigenwilligen Namen, den er aus einem Schlachtruf eines Comics um „Conan der Barbar“ entnahm.

Die „Hunde Brüder“ ist schon ein merkwürdiger Name für eine Gruppe von Kampfsportlern. Wer sie einmal in Aktion erlebt hat, weiß, ihr Testosteron hat eine viel höhere Wertigkeit als bei normalen Menschen. Berühmt wurden sie dadurch, daß sie bis zum Umfallen mit harten Bambusstäben nur zum Spaß aufeinander draufhauen. „Fullcontact Kali“ ist der Name ihres Spiels, das sie so ernsthaft betreiben wie kein anderer. Nähte, Platzwunden und Blutergüsse am ganzen Körper sind die Wahrzeichen ihrer Ehre. „Die Blaue-Flecken-Brüder“ wäre wohl die treffendste Bezeichnung für sie. „Wir gehen hart zur Sache, das steht fest,“ sagt Marc „Craft Dog“ Denny, der Anführer des Haufens. „Wir sind eine Band von schwitzenden, riechenden Psychopathen, die Stöcke in den Händen haben. Es gibt nichts, was wir lieber tun, als einen Nachmittag im Garten zu verbringen um mit vollem Kontakt zu üben.“

Kendo
Nur mit Gesichtsmaske fighten die Dog Brothers mit vollem Kontakt

Dieser aussergewöhnliche Wunsch die Freizeit zu verbringen erwuchs aus dem Wunsch die Widerstands-fähigkeit eines Menschen an die Grenzen zu bringen während man seine kämpferischen Fähigkeiten erprobt. Keine Frage: nach einem ihrer Workouts ist die körperliche Kondition deutlich eingeschränkt. „Wir gehen gleich ran und ziehen nur zurück, wenn wir eine lebensbedrohende Verletzung befürchten,“ erklärt Denny. „Klar, wir machen eine Menge Abstecher ins Krankenhaus. Jeder von uns kennt das Gefühl genäht oder mit Eisbeuteln versorgt zu werden zu Genüge. Aber wir schlagen niemals zu, wenn jemand in einer aussichtslosen Position ist und sich nicht verteidigen kann. Unser Leitspruch besagt, daß wir durch den harten Kontakt zu höherem Bewußtsein gelangen wollen. Es ist ein Zeichen von Respekt gegenüber dem Gegner, wenn man ihm richtig zusetzt. Wir sagen, daß wir ihn respektieren und an seine Fertigkeiten glauben, mit dieser Situation zurechtzukommen. Ja, da gibt es selbst im Moment des Adrenalinschubs einen Augenblick, in dem man sich um das Wohlergehen des Gegners sorgt, weder ihn noch den Stamm schwächen will.“

Dog Brother Kali
Die meisten „Dogs“ haben einen soliden Background in den philippinischen Stockkampfsystemen

Komm doch mal mit zu Dan Inosanto …
Bevor Denny mit dem Kali in Verbindung kam lebte er in New York, wo er „Tiger Claw Kung Fu“ erlernte. Nach dem Abschluß seines Jurastudiums, zog der angehende Anwalt nach Washington, wo er mit dem Taekwondo begann. „Mein frühes Kampfsporttraining im Kung Fu und im koreanischen Stil gaben mir eine starke Basis und einige Grundtechniken, mit denen ich arbeiten konnte, aber es war nicht, was ich suchte. Eines Tages traf ich diesen Typen an einem Strand in Kalifornien. Er erzählte mir über die Kali Akademie. Nie zuvor hatte ich von Kali, Dan Inosanto oder seinem Stil gehört. Dennoch war ich interessiert und so ging ich hin und bin bis heute dabei geblieben.“

Einer ruft Marc, und vier drehen sich um
Der Name 2Dog Brothers“ entstand an einem Nachmittag bei einem Training im Freien, als plötzlich vier Leute – alle mit dem Vornamen Mark – auftauchten und mittrainierten. „Jemand rief ‚Mark‘ und plötzlich hörten vier Leute darauf. Wir suchten nach Rufnamen. Als ich zu einem etwas Nettes sagte, bezeichnete er mich als einen ‚Crafty Dog‘. Das wurde mein neuer Name. Dann war da dieser Typ, gerade mal 18 Jahre alt. Ihm gaben wir den Namen ‚Puppy Dog.‘ Der andere Mark brachte beim Kämpfen alles durcheinander, ihn nannten wir ‚Mongrel‘. Eines Tages las ich einen Comic über Conan den Barbaren. W?ärend er seine Männer in eine Schlacht führte, rief er ihnen zu ‚Los, kommt – ihr Dog Brothers.‘ Das war es: die Dog Brothers waren geboren. Die Kombination unserer Rufnamen und Conans Ruf zu den Waffen gab mir den idealen Namen. Seitdem hat sich diese Bezeichnung zu einer Metapher entwickelt, deren Bedeutung wir am Anfang nicht erahnt haben.“

Marc Denny
Marc „Crafty Dog“ Denny mit einem seiner Artgenossen. Wer genau hinschaut, entdeckt das Logo der Machado-Brüder, bei denen die Dog Brothers Jiu Jitsu trainieren.

Eine volkstümlichere Einschätzung ihres Namens kommt aus der Beobachtung, daß sie wie Katzen und Hunde kämpfen, wobei die Katzen sich gar nicht erst trauen mitzustreiten.

Durch Schmerzen zum vollständigen Fighter
Laut Denny tragen sie so wenig Schutz wie möglich. „Beim Stockkampf haben wir den Kodex, da? wir am Ende des Tages Freunde sein wollen. Wir können nicht genug Regeln schaffen um zu verhindern, daß jemand verletzt wird. Es passiert so schnell, da? man einen Schiedsrichter braucht, doch den wollen wir nicht, also lassen wir das mit den Regeln einfach. Niemand soll die Nacht im Krankenhaus verbringen und jeder soll mit dem Intelligenzquotienten Heim gehen, mit dem er angefangen hat.“ Laut Denny steckt hinter den schmerzlichen Erfahrungen beim Training die Entdeckung dessen, was es bedeutet ein vollständiger Fighter und ein Mensch zu sein. „Ich wollte immer, daß meine Kunst etwas Wirkliches ist. Einige sind zufrieden mit der sportlichen Qualität ihres Trainings, aber ich wollte wissen, wie weit ich gehen kann. Wir wissen, daß Knochen brechen können und das auch mal passiert. Vor zwei Jahren war bei uns ein Typ, dessen Kniescheibe in zwei Hälften geteilt war. Einmal hat mich ein Stock auf die Rückseite meines Daumen getroffen und den Nagel ganz abgerissen – das war eine lehrsame Erfahrung. Gebrochene Rippen und Handknochen sind eine ganz normale Sache. Natürlich haben wir nach einem Training am ganzen Körper jede Menge übler Blessuren.“

Wie man ein Dog Brother werden kann
Die Vollkontakt „Hundekämpfe“ der Brüder bezeichnen sie als eine gemütliche Runde im Hinterhof. Sie halten zweimal pro Jahr ein Turnier ab. Über einen Zeitraum von drei Tagen finden circa 20 Kämpfe statt. Der Videoproduzent Panther, USA, hat eines dieser Turniere aufgezeichnet, die Videos finden weltweit reißenden Absatz. Um an diesem Turnier teilnehmen zu dürfen muß man ein Mitglied der Dog Brothers werden. Das wird man ganz einfach dadurch, in dem man sich den Dog Brothers vorstellt und sie sich mit einem bekannt machen. Die erste Hürde besteht darin, daß man von Crafty Dog, Top Dog oder Salty Dog, dem Rat der ältesten, einen Namen erhält.

Stockkampf Verletzungen
„Salty Dog“ NACH einem Wettkampf. (Anm. der Red.: leider können wir nicht sagen, ob er gewonnen oder verloren hat.)

Rangsystem in drei Stufen
„Unser erster Rang ist #Dog‘,“ erklärt Denny. „Der Neue muß akzeptiert werden vom Stamm. Der nächste Rang ist ‚Candidate Dog Brother‘. Zu diesem Zeitpunkt muß der Bewerber ein bestimmtes Maß an Wahrnehmung des Kämpfens erreicht haben, das wir von einem ‚Dog Brother‘ erwarten. Üblicherweise warten wir mindestens über drei Turniere ab. Wenn die Zeit gut läuft, wird er ein richtiger ‚Dog Brother‘. Sobald jemand diesen Status erreicht hat, wird er ein neues Mitglied in unserem Haufen und ist jederzeit zur Teilnahme an unseren Turnieren willkommen. Von diesem Zeitpunkt an kann er überall hingehen, solange er einen Stock dabei hat und willens ist ihn einzusetzen.“

Auch Kicks und Grappling sind erlaubt
Beim Stockkampf unterliegt man einer hohen nervlichen Belastung, ein hoher Ausstoß des Körperhormons Adrenalin ist unausweichlich. Jeder, der diesen Sport kennt, weiß, daß die Konfrontation mit einer ernsten Auseinandersetzung die Wahrnehmung und Einstellung gravierend verändert. „Wir konzentrieren uns nicht nur auf unsere Stöcke, Unser Curriculum basiert auf der Entwicklung aller Fähigkeiten innerhalb der Martial Arts. Wir bauen nicht nur zusätzliche Techniken aus philippinischen und indonesischen Systemen ein, wir benutzen auch Kicks, Würfe, Hebel und Würgegriffe. Wir sind der Auffassung, daß wir trotz des Stockes in einen Ringkampf verwickelt werden können. Gerade auf dieser nahen Distanz kann ein Stock die Situation völlig verändern. Ein guter Stickgrappler kann gut mit dem Stock kämpfen, grapplen und stickgrapplen und alle drei Fähigkeiten auf einmal ausführen.“

Starker Einfluß durch Brazilian Jiu Jitsu
Obwohl die meisten Teilnehmer ihrer Turniere einen soliden Ursprung im philippinischen System finden, hat das brasilianische Jiu Jitsu sie alle beeinflußt. Seit 1986 erlauben sie das Grappling bei ihren Wettkämpfen. Denny hat damals begonnen, bei den bekannten Machado Brüdern Unterricht zu nehmen. „Ihre Kunst des Jiu Jitsu war für mich sehr wertvoll. Ich habe sie in meinen Stockkampf eingebaut. Z.B. wenn jemand in meiner Deckung ist würde die Antwort im klassischen brasilianischen Jiu Jitsu heißen, umfassen und den Oberkörper aufrecht halten. Nun, wenn jemand in meiner Deckung ist, kann ich ihn mit den Enden meiner Stöcke auf seine Ellbogen hauen. Wenn er mich zu Boden wirft, selbst wenn ich flach auf dem Rücken liege, kann ich ihm meinen Stock auf den Kopf hauen und es gibt viele Möglichkeiten mit dem Stock zu würgen.“
Die Veranstalter der „Ultimate Fighting Championships“ hatten es zunächst ernsthaft in Erwägung gezogen einen der Dog Brothers in ihrem Oktagon antreten zu lassen. Nachdem die Promoter ein Video ihrer Wettkämpfe gesichtet hatten, erteilten sie Denny eine schriftliche Absage. Ihnen war die Intensität, der Kampfwillen der Dog Brothers zu stark. „Mir gefällt die Aussage, daß wir für die UFC zu intensiv sind,“ belächelt Denny den Rückzieher der Veranstalter. „Obwohl sie uns nicht bei der TV-Übertragung dabei haben wollten, luden sie mich zur UFC 10 als Punktrichter ein. Offensichtlich ist unser Sport nicht für jederman. Viele Teilnehmer sind bekannte Kampfsportler, die ihr Recht in die Hand nehmen um herauszufinden, ob ihr eigener Stil gegen einen anderen bestehen kann. Wir wollen sicherstellen, da? ein Kämpfer, die richtige Einstellung hat. Wir wollen niemanden, der in der Hitze des Gefechts den Kopf verliert, durchdreht, und jemanden ins Krankenhaus schlägt. Erneut will ich auf unseren Leitspruch hinweisen, denn jeder soll genau soviele Gehirnzellen mit nach Hause nehmen, wie er sie vor dem Training besessen hat.“
Wer mehr über die Dog Brothers erfahren will, kann sich auf ihrer Website im Internet unter www.dogbrothers.com umschauen.

 


Don Wilson cover

Der Beitrag von Terry Wilson wurde in der Ausgabe 10 / 1998 veröffentlicht.