Regina Halmich bekommt Konkurrenz: Neben der 16-jährigen Silke Weickenmeier, die ihr Profidebüt allerdings verlor, will auch die Frankfurterin Natalie Meiß (16) an die Erfolge der Karlsruherin heranreichen. Meiß gewann ihren ersten Kampf in frankfurt durch technischen K.o. in der zweiten Runde, braucht aber logischerweise noch einige Zeit, ehe sie an ähnliche Aufgaben herangeführt werden kann, wie sie Regina bewältigen muß.
Die 19-jährige Profiboxerin ist dauernd in Aktion, verteidigt ihre Titel sooft, wie keine andere Championesse. In Sartory-Saal in Köln hatte es Regina Anfang November mit der Walliserin Petrina Philips zu tun. Dabei stand nicht ihr Welttitel auf dem Spiel, sondern nur der EM-Titel im Limit des Superfliegengewichts.
Boxen liegt im Blut
Die Boxerin von der Insel stand der Deutschen in nichts nach, hatte 10 Siege aus 12 Kämpfen im Rekordbuch verzeichnet und über 40 internationale Kickbox-Auftritte hinter sich. Außerdem scheint das Boxen bei Familie Phillips im Blut zu liegen. Petrinas Schwester boxt ebenfalls, und zwar im Leichtgewichtslimit. Schon mit 12 Jahren zog Petrina zum erstenmal die Fäustlinge über die zarten Finger – und von da an kaum mehr aus. „Mein Vorbild ist Riddick Bowe, der WBO-Schwergewichtschampion,“ erzählte Petrina vor dem Duell mit Regina. Doch die Nummer drei der Europarangliste, die nebenbei in einer Discothek jobbt, konnte Regina nicht das Wasser reichen. Sie hielt zwar gegen und steckte auch nicht auf, doch fehlte ihr das boxerische Vermögen, um Regina in irgendeiner From Paroli bieten zu können. Regina zeigte sich wiederum verbessert, was vor allem Coach Chuck Talhami freute. „Regina steigert sich von Kampf zu Kampf, boxt auch immer konzentrierter,“ meinte der aus Miami stammende Trainer, der auch Darisuz Michalczewski auf Titelkämpfe vorbereitet. Nach zehn gutklassigen Runden stand Regina als klare Punktsiegerin fest. Die Punktrichter gaben drei bis sechs Runden Vorteil an Regina.
Glück in Karlsruhe
Anfang Dezember stieg Regina wieder in den Ring. In der Karlsruher Carl-Benz-Halle stand ihr WM-Titel gegen Anitha Zamarron (USA) auf dem Spiel. „Sie hat sich derart verbessert, daß diesmal die Karten ganz neu verteilt sind,“ meinte Heimtrainer Jürgen Lutz, der diesen Kampf als neu gekürter Vize-Präsident des Weltverbandes, WIBF, in Deutschland auf die Beine stellte. Zwar siegte die 18-jährige Karlsruherin nach Punkten, doch ohne Heimvorteil und wohlwollenden Punktrichtern, die erstmals auch unter der Aufsicht des BDB ihre Punktergebnisse auf die Score-Cards schrieben, hätte die ehemalige Anwaltsgehilfin im härtesten Kampf ihrer Karriere den sicher kürzeren gezogen. Zu oft ließ sie sich auf den Nahkampf ein, wo sie ihrer Gegnerin deutlich unterlagen war.
Fallobst für Weber ?
Ein weiterer Hauptkampf in Köln war das Schwergewichtsduell zwischen Kim Weber und dem Amerikaner Jeff Williams. Was man von dem farbigen US-Boy halten sollte, wußte nach dem eindrucksvollen Tko-Sieg von Weber in der zweiten Runde niemand. Ernsthafter Prüfstein oder doch eher Fallobst? „Ich hatte seinen Stil genaue studiert und wußte was zu tun war,“ erklärte Weber nach getaner Arbeit. Das es eher Webers Klasse war, als die Unfähigkeit Williams, die den Kampf so kurz werden ließ, verdeutlicht Williams Kampfrekord. Erst im September hatte er den Ex-Cruisergewichts-Weltmeister Bobby Czyz über die volle 10 Runden Distanz gezwungen. „Ein starker Sieg,“ fand Manager Klaus-Peter Kohl, der Weber nun um den Deutschen Titel boxen lassen will. Den verteidigte ein anderer Kohl -Schützling ebenfalls in eindrucksvoller Manier. Mario Schießer setzte drei, vier gut getimte Treffer an das Kinn von Herausforderer Steffen Wiesenthal (beide Berlin), ehe Wiesenthal entnervt aufgab.
Dieser Nachrichten Beitrag entsprang der Ausgabe 02 / 1996.
Fotos: Tobias Drews & M Sieger
Ergebnisse des Kampfabends in Karlsruhe:
Frauenboxen: EM im Superfliegengewicht, 10 Runden
Regina Halmich (Karlsruhe) PS über Petrina Phillips (Wales)
Weltergewicht, 8 Runden:
Ahmed Kotiev (Ruflland) PS über Jorge Ramirez (Dominikanische Republik)
Cruisergewicht, 8 Runden:
Rene Breitbarth (Leverkusen) PS über Frank Wüstenberghs (Belgien)
Leichtgewicht, 6 Runden:
Marco Rudolph (Cottbus) PS über Mazasi Kangodi (Italien)
Deutsche Meisterschaft, Schwergewicht, 10 Runden
Mario Schießer (Berlin) TKO-Sieger Rd.5 über Steffen Wiesenthal (Berlin)
Schwergewicht, 8 Runden:
Kim Weber (Köln) TKO-Sieger Rd. 2 über Jeff Williams (USA)