Moranbon Cup ’97
Europäer räumen beim Japanischen ITF-Taekwondo-Großereignis ab
Die internationale Bedeutung des Moranbon Cups mag verschwindend gering sein, für Japan ist es aber das Taekwondo (ITF) Ereignis schlechthin. Was auch mit, wie in Japan so üblich, mit Geldpreisen verbunden ist. Pro Gewichtsklasse winkt dem Gewinner immerhin rund 7.000.- DM. Nicht viel im Vergleich zum K-1, aber immer noch besser als der berühmte Stein am Kopf.
Internationale Erfolge: Um das Ereignis auch für das Publikum interessanter zu gestalten, werden von den Organisatoren immer ausländische Kämpfer eingeladen. Pro Gewichtsklasse, in der acht Kämpfer starten, sind das vier, also die Hälfte. Es sind nicht irgendwelche, wie oft von anderen Kampfsportorganisationen getan, um den japanischen Nationalstolz zu heben, sondern die Stärksten und Besten, die es gibt, was sich meist weniger gut auf die Resultate und auf den japanischen Nationalstolz auswirkt. Aber was sollte ein koreanischer Nationalsport schon groß mit japanischen Nationalstolz am Hut haben? Im Oktober 1997 wurden wieder zwölf starke Ausländer für drei Gewichtsklassen eingeladen. Am prominentesten las sich die Teilnehmerliste im Leichtgewicht. Neben Weltmeister Vladislav Nam aus Uzbekistan waren auch Stephan Tapilatu aus Holland, Ex-Weltmeister Hwang Su Il aus Japan und Tomaz Barada aus Slowenien am Start. Letzterer ist nicht nur im TKD 4-facher EM, sondern auch WM und 3-facher EM im Leichtkontakt Kickboxen. Bei den diesjährigen Weltmeisterschaften war im das Glück nicht so hold. Er mußte den Titel Nam überlassen, aber die Stunde der Rache war gekommen. Im ersten Kampf entledigte er sich bravourös des Japaners Kaito Atsushi. Eine Runde höher aufgestiegen stand Barada dem früheren Weltmeister Hwang Su Il, einem in Japan lebenden Koreaner, gegenüber.
Der Gefährlichkeit seines Gegners bewußt, lies es der Slowene eher verhalten angehen. Zum richtigen Zeitpunkt wußte er aber Druck zu machen, und konnte siegreich aus dieser Begegnung schreiten. Somit hatte er den Sprung ins Finale geschafft. Dort traf er auf Widersacher Vladislav Nam, der sich über den Japaner Utsugi Noboru und Stephan Tapilatu ins Finale gekämpft hatte. Nun hieß es ernst machen, und die bei der Weltmeisterschaft erlittene Schmach wieder heimzuzahlen. Was man im Finalkampf der beiden sah, lies davon spüren und war vom Feinsten. Blitzschnelle Chagis wechselten mit gutgetimten Konterpunches ab. Eine wahre Werbung für das ITF Taekwondo. Nach Ablauf der Kampfzeit war es Barada, der die meisten Treffer gelandet hatte, und als Sieger feststand. Glücklich stand er auf dem Siegertreppchen und strahlte, als er die Siegerprämie entgegennahm. Und mal ehrlich, wer hätte das nicht getan.
Schuster bleib bei deinen Leisten: Auch im Schwergewicht waren bekannte Namen am Werk. Die meiste Aufmerksamkeit kam aber jenem Manne zu, der den Moranbon Cup schon zweimal gewonnen hatte: dem Kanadier Pierre Guenette. Moment doch, mögen sich einige Leser denken, den Namen kenne ich doch. Aber woher? Ja, dieser Pierre Guenette war es, der Andy Hug dieses Jahr den Einzug in den K-1 Grand Prix ermöglichte, wenn nicht gar erleichterte. Immer auf der Suche nach neuem Blut war K-1 Promoter Ishii letztes Jahr auf Guenette aufmerksam geworden als dieser den Moranbon Cup das zweite Mal gewinnen konnte, und fragte ihn, ob er denn nicht einmal beim K-1 mitspielen möchte. Der Farbe des Geldes erlegen, schließlich bekam er für seine Teilnahme am K-1 genausoviel wie für den Turniersieg beim Moranbon Cup, sagte Guenette auch zu und stand flugs Andy Hug gegenüber. Dieser freute sich besonders, denn so einen leichten Gegner hatte er schon lange nicht mehr gehabt. 16 Kilo leichter als Hug und Leichtkontaktler, was begehrt das Thaiboxerherz noch mehr? Daß Andys Freude berechtigt war, zeigte sich, als Guenette sich schon in der ersten Runde durch KO verabschiedete. Sein Auftritt beim K-1 war kurz aber schmerzvoll. Somit war die K-1 Karriere Guenettes Geschichte, und er erinnerte sich wieder seiner Herkunft. So war er auch heuer wieder mit dabei beim Moranbon Cup um zu zeigen, was er denn wirklich so drauf hat. Und im ITF Taekwondo ist das einiges. Nichts und niemand konnte ihn stoppen, und auch im Finale war ihm Landsmann Thommy Cacio kein wirklicher Gegner. Guenette konnte die Bewegungen Cacios voraussagen, und war so im Stande ihn herrlich auszupunkten. Somit war der Moranbon Cup zum dritten Mal sein, und auch die 7.000.- DM. Diesmal mit weit weniger Schmerzen als beim K-1. Hinter Sprichwörter steckt manchmal doch ein Funken Wahrheit.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Januar 1998 (9801), veröffentlicht im Dezember 1997. Verfasser: Horst Kalcher. Diese Seite dient als Archiv.