Lange mußte Berlin warten, bis auch in der Bundeshauptstadt eine große Budonacht fußfassen konnte. Animiert durch die Europapräsentation von van Dammes „The Quest“ und nicht entmutigt durch die zeitlichen Komplikationen des Schauspielers aus Belgien, machte sich der Veranstalter Media Point, Zossen, in kurzer Zeit an die Realisierung dieser für die Berliner Kampfsportszene wichtigen Veranstaltung. Unterstützt wurden sie dabei von Kampfsportzeitschriften und dem Sponsor Top Ten.
Budo contra Love Parade
Der anläßlich der Filmpräsentation von van Damme ausgewählte Veranstaltungstag, der Sonntag nach der „Love Parade“ – war im Hochsommer mitten in der Urlaubssaison sehr kühn gewählt. Diesen vagen Kriterien wurde ein Mammutprogramm entgegengesetzt, welches von seiner Vielfalt und Größe als Tageveranstaltung gedacht war. Als dann pünktlich um 20.30 Uhr die Band „Screamz“ ihren Veranstaltungstitel „Stay alone“ anstimmte, hatten sich rund 2.000 Zuschauer in der Charlottenburger Sömmeringhalle eingefunden. Nach der Show der Cheerleader aus Spandau eröffnete Sportmoderator und Geburtstagskind Hans Kleiner von Berliner Privatsender FAB die Budoshow. Ihren siebten Geburtstag feierte an diesem Abend der erste kleine Star Melissa Lee. Sie zeigte Tierformen des Kung Fu. Kickboxweltmeister Cengiz Koc brachte im Anschluß Thaiboxen mit Aktion dem begeistern Publikum nahe. Der junge Immobilienmakler gehört zu den Lichtblicken im Berliner Kampfkunstnachwuchs. Das Blackbelt Center aus Worms bereicherte den Abend mit ihren bekannten Formen und Teckniken. „Die Abwechslung von knallharter Action, Harmonie und Tradition kam beim Publikum gut an,“ zeigte sich Organisator Gerald Meinel nach den ersten Demos begeistert. Die Vertreter der neuen Generation Bernd Hempel (Kobudo), Elmar Engelhard (Nunchaku), Ralf Bartzsch (Bach Ki Do) oder Uwe Giese und sein WT Demoteam zeigten ebenso viel Professionalität wie die alten Hasen Achim Möller und seine Berliner Anti-Terror-Kampf-Mannschaft und Oktav Sitiachi mit seinen Silat Schülern.
Weiche Stile aus China
Gleich zwei unterschiedliche Taijiquan-Stile demonstrierten der Hamburger Jan Silberstorf, welcher in Deutschland den traditinellen Chen Stiel vertritt, und der Chinese Yang Zhen He. Der Meister ist ein direkter Schüler des letzten lebenden Großmeisters Yang Zhen Duo. Das Publikum honorierte die weichen, fließenden Techniken ebenso wie die folgenden Highlights.
Die Baumarkt-Connection
Zu den angesprochenen Spitzen gehörte Meister Bambang, welcher auch bei dieser Veranstaltung alle Register zog, und seinen Schülern bei sommerlichen Temperaturen keine Schwächen zubilligte. Bambang, dem gute Kontakte zu führenden Baumärkten nachgesagt werden, zeigte bei seinen Bruchtests Hand- und Fußtechniken, denen einfach kein Material standhielt. Anthony Davis aus den Vereinigten Staaten zeigte Show- und Tanztechniken aus seinem Serra-da-Escrima, mit denen er ein wenig Hollywood Atmosphäre in die Show zauberte. Eine weitere Show aus den USA war der Taekwondo-Beitag des Blackbelt-Teams unter Kwon Jae Hwa. Der Kieselstein-Spezialist brachte mit seinem Team die ganze Technikexplosion des koreanischen Kampfsports in die Sömmeringhalle. Er wurde mit stürmischem Beifall belohnt.
Sensation
Mit Spannung wurde der Auftritt von Earl Blijd erwartet. Earl und seine Wushu Truppe konnten nach langer Pause absolut überzeugen, auch wenn man dem „Panther von Curacao“ die Belastung deutlich ansah (Anm. der Red.: Blijd erlitt 1995 bei einem Autounfall schwere Verletzungen). Allein die Teilnahme an dieser Veranstaltung war eine hohe Aufwertung und so wurden die Holländer in Berlin freundlich begrüßt. Einen großen Fanblock hatte in der Hauptstadt nach der Absage von Jaen-Claude van Damm, der „CanadianTornado“ Jean Frenette, der nach zwei seiner bekannten Formen etliche Autogrammunterschriften zu leisten hatte.
Tops aus Österreich
Die Überraschung der Nacht waren die Brüder Weinold mit dem Besten im Bereich Budo, was das Berliner Publikum seit Jahren erlebt hat. Viele kannten die Zwillinge bis zu diesem Sonntag nur aus dem Katalog eines bayerischen Kampfsportausstatters oder von Berichten aus Magazinen. In Berlin übertrafen sie sich selbst und ernteten stehende Ovationen.
Neue Galas in Planung
„Bleibt hier nur zu erwähnen, daß dieses sicher nicht die letzte Budonight in Berlin war, und auch die letzten Besucher, die um 2.00 Uhr früh die Halle verließen, auf den September 1997 warten,“ freuen sich die Veranstalter auf kommende Galaveranstaltungen in der Hauptstadt. Die Resonanz der Fernsehsender war bei dieser Budonight überraschend: 7 Fernsehsender, darunter auch Pro 7 und RTL berichteten in mehreren Beiträgen. Die Printmedien nahmen dem Veranstalter die kurzfristige Pressekonferenz etwas übel und sahen die Technojünger bei der Loveparade als das Ereignis an diesem Wochenende.
Dieser Bericht über die Gala verstaltet von Gerald Meinel erschien im Herbst 1996 in der zweiten Ausgabe der Kung Fu Revue.
Text: M. Rakowski