Seit über 15 Jahren mischt Harabi Derin in der internationalen Szene im Semikontakt Kickboxen mit. In den Gründerjahren des Sports machte er sich einen hervorragenden Namen als Sportler, heute überzeugt der in Rüsselsheim lebende Türke durch seine Arbeit als Trainer, Funktionär und Veranstalter im deutschen und türkischen Kickbox-Business. Die Stationen seiner Laufbahn imponieren selbst eingefleischten Insidern.
Sein Bruder Ibrahim – früher selbst ein sehr erfolgreicher Karateka und Kickboxer – nahm Harabi im Alter von 14 Jahren mit ins Karatetraining. Der kampfbegeisterte Teenager, der nur vier Jahre zuvor mit seinen Eltern aus der Türkei ins hessische Rüsselsheim übersiedelte, legte das gleiche Talent an den Tag wie sein Bruder und gelangte unter seinen. Trainern Reinhard Schuller und Klaus Reinheimer zu ersten Erfolgen im traditionellen Karate.
Semikontakt Sparring
Ab 1977 begann für ihn und seinen Bruder das Training im neuaufkommenden Semikontakt Sportkarate, dem heutigen Kickboxen. Der Enthusiasmus für den neuen Stil, bei dem man seinen Gegner in einem fairen, realistischen Zweikampf gegenüberstand, war so groß, daß er sogar lange Fahrten in Kauf nahm, um von allen möglichen Aushängeschildern zu lernen. Sein Weg führte ihn u.a. zum Friedberger Meistertrainer Horst Leneis, dem Mann, der begann, das Sportkarate in Hessen nach vorne zu bringen.
Meistertrainer Leneis
Unter seinen Fittichen wuchsen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre so bakannte Sportler wie Andreas Lindemann (WAKO Weltmeister 1979), Peter Bernt (WAKO Vize-Weltmeister 1987) und Mladen Markesina heran. Leneis brachte Harabi über das Semikontakt hinaus zum Hsia Pai Lee Stil, seiner eigenen Richtung des chinesischen Kung Fu, die Harabi in den Lehrgruppen seiner Heimatstadt verbreitete und heute auch in die Türkei trägt.
Tolle Fights Seine sportliche Karriere hatte von 1978 bis 1989 viele Höhepunkte. Spannende Semikontaktkämpfe mit den Koryphäen dieser Ära, wie Harald Edel, Daryll Tyler und Hans-Jürgen Hirschgänger sind vielen Insidern bis heute in guter Erinnerung geblieben.
Viele Meistertitel
Zahlreiche Siege bei großen offenen Meisterschaften – Welt- und Europatitel bei WMAA, EPKA, DBV, EIKO, u.a. – kürten seine Karriere ebenso wie Erfolge in Lager der WAKO. Bei letzterer hatte er trotz starkem Engagements in Deutschland immer mit den Übel zu kämpfen, daß er sich als Ausländer nicht für die Nationalmannschaft qualifizieren konnte.
Gründung der WAKO Türkei
Da es zu dieser Zeit jedoch keine offizielle Vertretung des euro-asiatischen Landes am Bosporus gab, nahm er stets als einziger Vertreter seiner Heimat an Welt- und Europameisterschaften teil – bis er sich 1987 selbst um die Organisation des Kickboxens in der Türkei kümmerte. Angeregt durch den Berliner Kickboxpionier Georg F. Brückner reiste Harabi in seine Heimat, um für die Weltmeisterschaft in der Münchener Olympiahalle ein Team von Semi- und Vollkontaktkämpfern zusammenzustellen.
Langer Anlauf
Die Erfolge ließen jedoch einige Zeit auf sich warten, so daß das erste Team ausschließlich aus Legionären bestand. 1990 gelang ihm mit Hilfe des Sportbundes der Durchbruch. Er begann mitzuhelfen, einen starken Verband in seiner Heimat aufzubauen, der mitlerweile durch das Privatfernsehen weite Popularität genießt. Für deutsche Verhältnisse ist der Erfolg kaum faßbar. Die Welle der ersten Begeisterung bescherte beim ersten Ausbilder- und Trainermeeting vor vier Jahren bereits eine Teilnahme von 140 Schwarzgurten. Bei den ersten internationalen Meisterschaften in Gehbze im Sommer 1994 verzeichnete er eine Rekordteilnahme von knapp 1.000 Sportlern, die vornehmlich aus der Türkei kamen. Unter den zahlreichen Teilnehmern fanden sich auch einige der besten in Deutschland lebenden türkischen Sportler wieder, die unbedingt in ihrer Heimat zeigen wollten, daß sie ihre Landesfarben bislang zurecht vertreten hatten.
Große Popularität in der Heimat
Die Verbindung zu seiner deutschen Wahlheimat wahrte Harabi übrigens auf der Linie des Sponsors. Der kam nämlich aus dem Hessischen und stellte die Schutzausrüstung für die Wettkämpfe. „In zwei bis drei Jahren sind wir für ganz große Dinge bereit,“ verkündet Harabi neulich voller Stolz in einem Presseinterview. Er hofft, dann eine Welt- oder Europameisterschaft nach Istambul zu holen. Und weiter: „Die Unterstützung des Fernsehens und der Presse ist uns gewiß,“ kommentiert er den Enthusiasmus für den vermutlich erfolgreichen Verlauf des geplanten Spektakels, das mit einer Profigala im kommenden Jahr seine erste Generalprobe erhält.
Offen für alle Verbände
Bemerkenswert an Harabi ist seine sportliche Einstellung. Obwohl er sich in seinem Heimatland vornehmlich für die Interessen der WAKO einsetzt, und das, obwohl der türkische Fachverband in der konkurrierenden IAKSA vertreten ist, steht er allen anderen Verbänden offen gegenüber. So kommt es, daß er auch als türkischer Repräsentant der WKA anerkannt ist, und selbst dann bei der konkurrierenden IKKC (ex-WKC) gern gesehen wird. Hauptsache: Viel Erfahrung sammeln Neben diesen großen Verbänden beschickt Harabi auch internationale Turniere von kleinen Verbänden, um seinen Top- und Nachwuchskämpfern ausreichende Möglichkeiten zu bieten, Wettkampferfahrung zu sammeln.
Starker Nachwuchs im eigenen Haus
Neben seinen aktiven Nationalkämpfern baut Harabi für die Zukunft auf seinen 7-jährigen Sohn Ümit, dem ältesten seiner drei Kinder. „Umit hat viel Talent,“ lobt er den Trainingsfleiß seines Juniors, der schon heute auf Fotos eine Figur hinlegt, wie sein Vater zu besten Zeiten als Aktiver. Mit Vater und US-Kickboxlegende Don Wilson als Vorbild schwenkt der gelenkige Dreikäsehoch auf eine vielversprechende Richtung ein. Wenn er so weitermacht und Erfolge auf Turnieren erzielt, werden wir ihn sicher in einer der kommenden Ausgaben von KICK als „Talent des Monats“ vorstellen. Ein Name, auf den man in Zukunft achten sollte, scheint sich hier zu entwickeln.
Veranstaltungen geplant
Trotz seines großen Engagements in der Türkei, will Harabi weiterhin in Deutschland bleiben. Er wird in Zukunft weiterhin seine bekannten Turniere wie die frühjährlichen „Leneis Open“ in Rüsselsheim und den „Supercup“ im Oktober in Duisburg veranstalten. Zwischendurch wird er weiterhin Profigalas und Länderkämpfe im Rhein-Main-Gebiet auf die Beine stellen. Hier zählt er nicht umsonst als einer der aktivsten Protagonisten der Szene überaupt. Freilich ist das Feuer eines Kämpfers in ihm noch nicht ganz erloschen. Vielleicht sehen wir ihn bald wieder als aktiven Kämpfer auf deutschen und türkischen Turnieren.