„Mr. Perfect“ – Ernesto Hoost, der perfekte Kickboxer
von Horst Halcher (1997)
Gewinner des K-2 Grand Prix‘ in Tokyo, Gewinner des K-2 Plus Turniers in Amsterdam und auch bei den K-1 Turnieren immer ganz vorne dabei, obwohl diese nicht ganz seinem Wettkampfgewicht entsprechen. Viele Insider bezeichnen das Allroundtalent als den besten Techniker in der internationalen Kickboxszene. In Japan kennt man ihn unter dem Namen „Mr. Perfect“. Die Rede ist von Ernesto Hoost aus der Sportschool Vos.
Kometenhafter Aufstieg
Begonnen hat die Kampfsportkarriere Hoosts in der kleinen Stadt Hoorn etwas nördlich von Amsterdam. 1981 schrieb er sich bei der Kickboxschule Sokudo ein. Damals spielte er noch Fußball, wo er auch beachtliche Erfolge erzielen konnte, sodaß er sich nach einiger Zeit entscheiden mußte, auf welchen Sport er sich konzentrieren wollte. Wie die Wahl ausfiel ist mittlerweilen bekannt und manchen Gegnern Hoosts wäre es wohl lieber gewesen, er hätte sich für Fußball entschieden. So wahrscheinlich auch Wim Scharrenberg, der im Dezember 1983 Ernesto Hoosts erstes Opfer im Ring bei dessen Kampfdebut wurde. 1987 wechselte Hoost zur bekannten „Sportschool Vos,“ da er hier bessere Möglichkeiten sah international erfolgreich zu werden. Wieder hatte Hoost die richtige Wahl getroffen, denn im folgendem Jahr wurde er vierfacher Europameister im Thaiboxen, Fullcontact, Savate und bei der WKA. 1989 konnte er noch den Weltmeistertitel im Savate und Thaiboxen holen. Somit war er zum besten Kämpfer im Leichtschwergewicht aufgestiegen und es blieb ihm scheinbar nur mehr ein Gegener zu bezwingen, um in den absoluten Thaibox-Olymp aufzusteigen: Rob Kaman. Diese Begegnung fand am 18. November 1990 statt, es war ein langersehntes Rematch, denn etliche Jahre zuvor hatte Hoost schon einmal gegen Kaman im Ring gestanden. Damals verlor er entscheidend. Obwohl er im gesamten Rückkampf der deutlich bessere Kämpfer war, konnte Kaman in der fünften Runde eine kleine Unachtsamkeit ausnutzen und Hoost ausknocken. Die ausverkaufte Jaap-Edenhall stand Kopf, viele Zuschauer meinten, „das war der beste Fight, der je in Amsterdam stattgefunden hat.“ Trotz des riesigen Fights war der Aufstieg Hoosts vorerst gestoppt. Eine weitere Niederlage, diesmal gegen den US Amerikaner Rick Roufus, ließ befürchten, daß er in der Versenkung verschwinden würde. Eine neue Chance bot sich unverhofft im fernen Osten.
Angebot aus Japan
Zu dieser Zeit hielt Kazuyoshi Ishii gerade seinen ersten K-1 Grand Prix in Tokyo ab. Eigentlich hätte Gerald Gordeau am Star sein sollen, aber auf Grund einer Verletzung Gordeaus wurde Hoost als Ersatzkämpfer nominiert. In der ersten Runde konnte er seinen Landsmann Peter Aerts schlagen, in der zweiten Runde den Ami Maurice Smith. Im Finale traf er auf seinen Erzrivalen Branko Cikatic. Das Glück war ihm nicht hold und aufgrund von Verletzungen an der rechten Hand um am rechten Fuß war er nicht voll konzentriert, so daß es Cikatic gelingen konnte, ihn K.o zu schlagen und sich für seine Niederlage 1989 zu revanchieren. Damals hatte Hoost Cikatic dominiert bevor der Kroate disqualifiziert wurde. Zu Ende des Jahres konnte Hoost seine Klasse wieder unter Beweis stellen und den K-2 Grand Prix gewinnen. Auch im darauffolgenden Jahr konnte man Ernesto Hoost nicht stoppen. Damals erreichte er den Sieg, der für ihn die größte Bedeutung besitzt. Vor ausverkaufter Halle schlug er den Amerikaner Rick Roufus in der elften Runde K.o. Dieser Sieg zählt für ihn umso mehr, da dies sein erster Fullcontact Kampf nach einer dreijährigen Pause war, in der er nur Thaiboxkämpfe bestritt. Bis zur elften Runde lag er zwar knapp nach Punkten vorne, war sich aber dessen nicht sicher, so daß der K.o. das Tüpfelchen auf dem i wurde. Seitdem absolvierte er in Europa keinen Kampf mehr und konzentrierte sich nur noch auf die Aktivitäten in Japan.
Großes Ziel K-1 Grand Prix
Wie bei vielen anderen Kämpfern ist auch bei Ernesto Hoost das größte Ziel der Gewinn des hochdotierten K-1 Grand Prix in Tokyo. Bisher war er immer ganz vorne dabei, doch für den ersten Platz hat es noch nie gereicht. Ein Grund dafür mag das Kampfgewicht Ernesto Hoosts sein. 1993 nahm er noch mit dem typischen Cruisergewicht von 86 Kilo am K-1 teil. Ein Umstand, der sich in der letzten Zeit geändert hat. Durch spezielles Gewichtstraining hat er sich auf 94 Kilo hochtrainiert und möchte noch drei bis fünf Kilo zulegen, um beim K-1 eine optimale Leistung bringen zu können. Die Bedeutung des K-1 ist für Hoost deswegen so groß, da es für ihn das ultimative Turnier darstellt. Drei Kämpfe an einem Abend gegen die besten Superschwergewichtskämpfer der Welt bestreiten – dadurch avanciert der K-1 Grand Prix zum wahren Prüfstein eines jeden Champion. „Als Weltmeister,“ so Hoost, „wird man vergessen, als K-1 Gewinner nicht.“ Darüberhinaus sei er schon seit 1989 Weltmeister in den verschiedensten Disziplinen, so daß diese Titel für ihn keinen besonderen Reiz mehr darstellen. Außerdem möchte er der erste (und einzige) Kämpfer werden, der sowohl den K-1 als auch den K-2 Grand Prix gewonnen hat.
In Zukunft Parties organisieren
Für Hoost, der erst vor einem halben Jahr Vater eines Jungen geworden ist, stellt sich die Frage nach dem Aufhören noch lange nicht. Solange er im Ring noch seine Leistung erbringt und es seine Gesundheit erlaubt, wird er weiterkämpfen. Doch auch für später hat Ernesto Hoost schon einiges inpetto. In postringlichen Zeiten möchte er Parties für Jugendliche und Junggebliebene von 16 bis 30 organisieren. Vor kurzem trat er das erste Mal als Organisator auf und es wurde ein voller Erfolg. Ob er als Ausnahmekämpfer, der er ist, nicht eine eigene Kickboxschule eröffnen möchte? „Nein danke,“ wehrt er lächelnd ab. Um bei der heutigen Konkurrenz noch mithalten zu können, muß man auch vieles andere, wie Aerobic oder Gewichte, bieten, da bleibe ihm zu wenig Zeit für Kickboxen. Die holländische Partyszene kann sich also in Zukunft auf einiges gefaßt machen, denn wenn Ernesto Hoost in den Discos Amsterdams eine solche Performance bietet wie jetzt noch im Ring, wird dort erst richtig die Post abgehen.
Trainingstips: Kickboxing Kombinationen mit Ernesto Hoost
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 02/1997. Text und Fotos: Horst Kalcher.