Schon das dreizehnte Mal abgehalten erfreut sich der Slovenien Cup 1996 großer Beliebtheit. So konnten auch diesmal über 300 Starter aus 37 Vereinen begrüßt werden. Die Beliebtheit des Slovenien Cups im Ausland zeigt sich an der Tatsache, daß Kämpfer aus fünf Nationen am Start waren: Slovenien, Kroatien, Ungarn, Deutschland und Österreich. Gut organisiert – wie immer von Alojz Miklavcic – lief die Veranstaltung reibungslos ab. Als Ehrengast war auch Großmeister Daniel Pond zugegen, der Begründer des Pon Do Kwan, der ab und zu als Schiedsrichter agierte.
Deutsches Team on top
Obwohl Deutschland nur durch ein einziges Team vertreten war, dem TSV Spiegelau, zeigte es be-achtliche Leistung. Wie nicht anders zu erwarten, kämpfte sich bei den Damen über 60 Kg Gerlinde Melch, von den Hallensprechern liebevoll als „Gerlinde Spiegelau“ (aus Melch?) ausgerufen, bis ins Fi-nale vorkämpfen, wo sie auf die Kroatin Ivana Derdic traf. Trotz erbitterter Gegenwehr hatte die Kroatin gegen Melch keine Chance und mußte immer wieder Treffer mit den Sidekicks der Nie-derbayerin hinnehmen, die Melch letztendlich auch den Sieg brachten. Weniger Glück hatte Team-kollege Darius Wisnewski. Er kam zwar bis ins Finale, traf aber dort auf den Heimfavoriten und amtierenden Europameister der IAKSA im Leichtkontakt Tomaz Barada. Obwohl dieser nur 67 Kg wog, startete er in der Klasse bis 84 Kg, was sich auch bezahlt machte. Frei nach dem Motto:“Der G’schwindere, der G’sündere“ holte er sich Punkt für Punkt vom Deutschen, der dem Treiben Baradas teilweise hilflos zusehen mußte. Was aber auch an einer Verletzung lag, die Wisnewski sich in den Vorkämpfen zugezogen hatte. So mußte er den Sieg an Barada abgeben. Aber trotzdem: bei nur zwei Startern ein erster und ein zweiter Platz sind ja keine schlechte Ausbeute. Deutschlands Ehre wurde wieder einmal durch die Bayern gerettet!
Auch Österreicher on top
Ähnliches versuchten natürlich auch die Österreicher. Ihnen fiel es etwas leichter, waren sie doch den Bayern zahlenmäßig weit überlegen und mit sieben Ver-einen am Start, was sich in der Bilanz niederschlug. Bei den Damen konnte sich Martina Kiss in der Klasse über 60 Kg auf Rang drei vorkämpfen. Bei den Herren kam in der Klasse bis 69 Kg Christian Leitner aus Seeham ins Finale, wo er sich dem Slowenen Tomaz Vidmar knapp geschlagen geben mußte. Auch der Welser Ivan Kulev kam in der Klasse bis 74 Kg ins Finale und stand dort dem Ungarn Gabor Mayer gegnüber. „Daß kann doch einen Ivan nicht erschüttern,“ muß er sich gedacht haben und exekutierte den Ungarn klar nach Punkten. Sieg somit für Ivan Kulev. Markus Goller aus Radenthein war in der Klasse bis 89 Kg das Finale zwar nicht vergönnt, immerhin schaffte er es aber auf Rang drei, was für einen Kärtner ja nicht gerade schlecht ist! In der Klasse über 89 Kg glänzte er wieder einmal, Gottes Geschenk an den Semikontakt-Sport: Günther Weninger vom Octagon Wien. Elfengleich schwebte er trotz seines mittlerweilen schon erheblichen Gewichtes über die Kampffläche und holte sich mit seinen blitzschnellen Fäusten Punkt für Punkt vom Ungarn Timar Lazos, der der Grazie Weningers mit Ehrfurcht entgegentrat und auf jegliche Gegenwehr verzichtete. Somit wieder ein Sieg mehr auf der ellenlangen Erfolgsliste des Mannes, der schon zu Lebzeiten zum Semikontakt-Monument zu werden droht: Günther Weninger.
Dramatik in der Allkategorie
Eine besondere Attraktion hatte sich Veranstalter Alojz Miklavcic für den zweiten Tag aufgehoben: die Allkategorie. Dabei sollten ohne Gewichtsklassen 23 Athleten um eine Siegprämie von 1.000 DM kämpfen. Im ersten Pool eliminierte der Lokalmatador Tomaz Barada alles, was sich ihm in den Weg stellte. So auch Günther Weninger und das zweite Ass vom Octagon Wien, Bernhard Wagner. Beide konnten trotz heftiger Gegenwehr den blitzschnellen Rückhände des Slowenen nicht entgegen und mußten sich ge-schlagen geben, sodaß Barada fast mühelos ins Finale einzog. Im anderen Pool gelang das fast Gleiche dem Welser Ivan Kulev. Aber nur bis zum Halbfinale. Nach einem Sidekick, den er von seinem Gegner abbekam und der an der Leistengegend traf, attestierte der Ringarzt einen Muskeleinriß am linken Muskelansatz. Trotz der Empfehlung des Arztes setzte Kulev jedoch den Kampf fort. Die Dramatik der zwei Minuten kennt man normalerweise nur aus Filmen a la „Karate Tiger 27“. Jedesmal nachdem Kulev mit dem linken Bein kickte, brach er beinahe vor Schmerz zusammen, kämpfte aber trotzdem weiter. Was Fortuna ihm auch hochanrechnete und ihn diesen Kampf auch gewinnen lies. Somit war er im Finale, wo sein Gegner Tomaz Barada gewesen wäre. Nach langem Beraten entschloß man sich, auf Welser Seite, nicht anzutreten und sich mit dem zweiten Platz und immerhin 500 DM zufrieden zu geben. So wurde Tomaz Barada kampflos Sieger, der trotz dieser Entscheidung nicht glücklich war. Trotzdem, der Sieg und 1.000 DM waren sein.
Fazit
Mit guter Organisation verstand es Alojz Miclavcic die Slovenien Open wieder reibunslos über die Bühne zu bringen. Einzig die Leistungen einiger Schiedsrichter blieben zu kritisieren. Diese waren die WAKO Reglementierungen, nach denen gekämpft wurde, nicht gewohnt. So kam es teilweise zu abstrusen Wertungen. Aber wenn das schon alles ist, war es auch, bleibt nur zu hoffen, daß die nächsten Slovenien Open genauso erfolgreich verlaufen.
Diese Reportage erschien in der Erstausgabe des Samurai Magazins 01 / 1997. Photos und Text: Horst Kalcher