New Generation Kickbox-Gala Berlin 1996

Um Berlin, die alte Hochburg des deutschen Kickboxens, ist es in den letzten Jahren rughig geworden. Mit neuen Stars wie Cengis Koc und Andre Mewis soll die Szene in der Bundeshauptstadt wieder belebt werden. Als Geburtsstätte des europäischen Kickboxen wurde Berlin bekannt. Seit vielen Jahren ist es um die Szene der Kickboxer in der neuen Bundeshauptstadt ruhig geworden. Veranstaltung fanden nur ein kleinem Rahmen statt und nach dem Rücktritt des bekanntesten deutschen Kickboxers, Michael Kuhr, wuchsen zunächst keine neuen Stars nach.

Rundengirl BerlinRundengirl 2Schnelle K.o.‘s in den Vorkämpfen
Der Zossener Gerald Meinel von der Agentur Media Point will dies ändern und frischen Wind in das Lager der Faust- und Fußkämpfer blasen. Seine erste Gala organisierte er Mitte Dezember 1996 in der Schöneberger Sporthalle am Sachsendamm. Rund 1.600 Zuschauer sahen Kickboxkämpfe mit und ohne Lowkicks, einen Seidokan-Karate-Fight und zahlreiche Demos.

'Rippchen' Dittrich gegen S. Bayram
‚Rippchen‘ Dittrich gegen S. Bayram

Die ersten Kämpfe der Galaveranstaltung gewannen J. Reimann (Bushido Halle) und C. Küchler (Fitline Zossen) jeweils Vorzeitig. Die Pausen zwischen den Kämpfen wurden von Demos ausgeschmückt, wobei jedoch nur die Bachi-Ki-Do-Truppe um Ralf Bartsch überzeugte. Als Höhepunkt zeigten sie einen Bruchtest, bei dem Bartsch und einige Schüler auf einem Nagelbrett liegend das Zertrümmern von Steinplatten tapfer über sich ergehen ließen.

Wer sich nicht verteidigt, hat Pech
Bereits in der ersten Runde endete der dritte Fight, den der spindeldürre ‚Rippchen‘ Dittrich gegen S. Bayram vom Fit Studio Berlin nicht mehr fortsetzen konnte. Er wurde von Bayram mehrmals hart zum Kopf getroffen. Obwohl ‚Rippchen‘ nicht K.o. ging, nach ihn der Kampfrichter aus dem Fight, denn man konnte bei ihm keine Bereitschaft oder Fähigkeit entdecken, sich zu verteidigen. Wenn man der Ansicht ist, daß man in einem Kampf zunächst Nehmerquali-täten zeigen muß, bevor man sich wehrt, kann man diese Entscheidung anzweifeln, doch die Regeln geben dem Unparteiischen Recht.

Roland Conar
Roland Conar Comeback Fight
Harter Schlagabtausch
Harter Schlagabtausch

Semikontakt-Star Conar feiert Comeback im Kickboxen
Den ersten Höhepunkt erlebten die Zuschauer im 5-Runden-Kampf zwischen dem Lokalmatadoren Hakan Sönez vom Budokan Berlin und dem Karlsruher Roland Conar, der nach langjähriger Abstinenz aus dem Vollkontakt sein Comeback feierte. Der technisch brillante Karlsruher nahm in den letzten Jahren nur an Semikontakt Wettbewerben teil – und das sehr erfolgreich. Neben zwei WM-Titeln im Lager der WKA errang er im Sommer 1996 als erster Europäer den Grandchampiontitel bei den renommierten US-Open in Orlando.

Sieg
Siegreich: Roland Conar

Der Wiedereinstieg fiel ihm gegen Senöz zunächst sehr schwer. Der Berliner setzte Conar in den ersten beiden Runden so stark unter Druck, daß ein vorzeitiges Aus für den Spitzentechniker in greifbarer Nähe lag. Conar fing sich in der dritten Runde, traf Senöz mit zwei Kicks zum Kopf und erhöhte mit gestärktem Selbstbewußtsein das Tempo. Die letzten beiden Runden gingen klar an den Karlsruher, der den stark aus der Nase blutenden Berliner mit Kicks attackierte und geschickt die Distanz wahrte, um kein Risiko mehr einzugehen. Am Ende hieß der verdiente Sieger des Kickboxkampfes mit Lowkicks: Roland Conar.

Seidokan Berlin
Seidokan Regeln: Andre Mewis mit Sidekick gegen Klaus Nonnemacher

Mewis unter Beschuß
Mit großer Spannung erwarteten die Berliner den Auftritt ihres hochgelobten Stars im Seidokan-Karate. Bei diesem Karate-Stil wird zunächst drei Runden ohne Schützer Karate mit Vollkontakt gekämpft, ähnlich dem Kyokushinkai.

Seidokan Andre Mewis
Seidokan Fighter Andre Mewis

In den letzten beiden Runden ziehen die Fighter das Oberteil des Gis aus, streifen Boxhandschuhe über und kämpfen nach dem Reglement des Thaisboxens bis zum Ende der fünften Runde. Erwartungsgemäß entschied Mewis die ersten beiden Runden in seinem Stil klar für sich, obgleich er in der zweiten Runde einen harten Knietreffer zum Kopf einstecken mußte. Die dritte Runde ging an Nonnemacher, der kurz vor dem Rundengong nach einer spektakulären Technik von Mewis einen Cut auf der Stirn erlitt. Der Berliner trat nach einem Handstandüberschlag mit der Ferse auf den Kopf des völlig überraschten Karlsruhers. Unter Thaiboxregeln verlief der Rest der Auseinandersetzung mit knappen Vorteilen für Nonnemacher, der es jedoch versäumte, entscheidende Akzente zu setzen und am Ende knapp nach Punkten unterlag. Es war ein spannender Fight, der Mewis erstmals auf deutschem Boden in Bedrängnis sah. ψIch hatte zuvor zwei andere Kämpfe bestritten, und war nicht optimal vorbereitet,“ erklärte Nonnemacher die Tatsache, daß er unter ψseinen“ Regeln in den letzten beiden Runden nicht mehr Druck ausüben konnte, wie nötig gewesen wäre, um die Punktrichter nachhaltig zu beeindrucken. Mal sehen, ob es ein Rematch geben wird. Es wäre allemal als Hauptattraktion für eine gute Gala geeignet.

Nonnemacher
Mit Kickboxregeln ging es dann weiter zwischen Mewis und Nonnemacher
Numrich mit Lowkick
Numrich mit Lowkick gegen Cengiz Koc

Numrichs patentierte Lowkicks
Ein Kampf im Schwergewicht über fünf Runden mit Lowkicks stand zum Abschluß auf dem Programm. Der 19jährige Berliner Cengiz Koc, Amateur-Weltmeister der IAKSA und WAKO, wurde frenetisch gefeiert, als er einlief um gegen den 18 Jahre älteren Kickboxveteran Hubert Numrich, der schon mit Welt-klassefightern wie Peter Aerts, Vitaly Klitschko und Przemyslav Saleta im Ring gestanden hat, anzutreten. Der Atem stockte Kocs Fans, als Numrich sich mit einer neuen Spezieltechnik, einem gedrehten Sidekick auf die Innenseiten der Oberschenkel, auf den jungen Türken einkickte. Koc sank mehrmals zu Boden, Numrich wurde verwarnt, erhielt sogar zwei Minuspunkte. Zu unrecht, denn Numrichs Treffer gingen nicht zum Unterleib, sonst hätte Koc den Kampf selbst beim besten Tiefschutz nicht mehr weiterführen können. Daß der junge Berliner am Ende verdient als Punktsieger den Ring verließ geht dennoch völlig in Ordnung. Koc war es, der den Kampf ψmachte“ und jedesmal traf, wenn er den über 20 Kilo schwereren Darmstädter mit schnellen Boxkombinationen überraschte. Mit mehr Erfahrung wird Koc in Zukunft sicher weit vorne in internationalen Kickboxen mitreden können.

Cengiz Koc
Lokalmatador Cengiz Koc holt den Sieg ueber Oldtimer Humbert Numrich
Gerald Meinel
Veranstalter Gerald Meinel

Das nächste Mal ohne Pannen
Wenn man von den üblichen Pannen, die bei einer Gala eigentlich nicht passieren sollten, absieht, kann sich Veranstalter Gerald Meinel über das Ergebnis seiner Veranstaltung freuen. Sollte es ihm gelingen den künftigen Galas einen angenehmeren Rahmen zu geben, wir er es mit seinen Sponsoren und den Zugpferden Mewis und Koc schaffen können, regelmäßig gutbesuchte Kampfabende auf die Beine zu stellen.

Neue Gala im Februar
Die nächste Gala steht bereits. Am 22. Februar soll Lokalmatador Cengis Koc den amtierenden Deutschen Schwergewichtsmeister Ergin Solmaz herausfordern. Davor wird der bekannte Weltmeister Frank Scheuermann mit dem neuen Berliner WAKO Star Thorsten Schmitz Fäuste und Füße kreuzen. Als Stargast ist der Amerikaner Peter ‚Sugarfoot‘ Cunningham angekündigt, der an diesem Wochenende für Seminare in Berlin weilt.

kickboxen
Koc kick Numrich zurück
Klaus Nonnemacher WKA
Klaus Nonnemacher WKA Roundhouse Kick
Bruchtest
Bachi-Ki-Do-Truppe um Ralf Bartsch mit Bruchtest Demo

Samurai Magazin mit Don Wilson
Samurai Magazin 01/1997

Diese Gala Reportage aus Berlin erschien in der Erstausgabe des Samurai Magazins. Die online Ausgabe enthaelt Fotos, die bsilang unveroeffentlicht blieben.