Über die „Ultimate Fights“, barfäustige unregelementierte Gladiatorenkämpfe bis zu Aufgabe in den USA, wird viel geredet. Zur fünften Auflage des Medienspektakels meldet sich erstmals ein Deutscher. Der Darmstädter Kickboxer Hubert Numrich, vormals Vize-Weltmeister im Amateurkickboxen, begnügt sich nicht damit zu theoretisieren. Er wird am 7. April in Charlotte in die achteckige Arena, das „Oktagon“, eintreten, und um knapp 100.000 DM Preisgeld kämpfen. Wir interviewten den Riesen vor seiner Abreise.
KICK: Sie nehmen an den Ultimate Fighting Championships teil. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, teilzunehmen, und welche Qualifikation mußten Sie durchlaufen?
Numrich: Ein Bekannter, Uwe Fruth, kennt sich in der Catcher-Szene gut aus. Da ich ohnehin von den UFC begeistert bin, fragte er mich, ob ich mich für die Teilnahme bewerben wolle. Er wußte, daß ich mich schon einige Zeit zuvor für das „Iron Gladiator Turnier“ in Moskau beworben hatte. Die Bewerbung für die UFC war dann nur noch Formsache.
KICK: Haben Sie schon Aufzeichnungen der Ultimate Fighting Challenges gesehen?
Numrich: Ja, ich habe alle vier Wettkämpfe gesehen. Ich finde, es ist eine große Herausforderung, gerade für schwergewichtige Leute.
KICK: Was dürfte das Wichtigste für einen Teilnehmen an diesen Gladiatorenkämpfen sein?
Numrich: Die innere Einstellung ist das A und 0, weniger die Technik. Wie auf der Straße, siegt im Oktagon die Motivation, Technik unterliegt.
KICK: Sie haben bislang nur an sportlichen Wettkämpfen teilgenommen, und nicht an diesen Auseinandersetzungen ohne Regeln. Meinen Sie, die richtige Einstellung zu haben?
Numrich: Das wird sich herausstellen. Ich werde jedenfalls mein Bestes geben. Selbst wenn ich die Einstellung im Moment noch nicht habe, denke ich, daß diese mit der Herausforderungen wachsen kann.
KICK: Neben Ihrem normalen Training, bereiten Sie sich auch mental auf den Wettkampf vor?
Numrich: Natürlich muß man sich zuerst mit der Situation auseinandersetzen. Der Wettkampf ist schließlich nicht auf eine feste Rundenzahl angesetzt, die Möglichkeit eines Punktsieges entfällt völlig. Außerdem muß man mehrmals an einem Tag kämpfen. Folglich muß ich mich darauf konzentrieren, den anderen zu besiegen, und das möglichst schnell. Das ist eine ganz andere Ausgangsposition. Man muß gewinnen, egal wie.
KICK: Stellen Sie sich vor, Sie haben jemanden am Boden, der schon völlig fertig ist. Könnten Sie ihm dann wirklich den finalen Stoß versetzen?
Numrich: Ich denke, daß man das kann, schließlich weiß jeder von vornherein, worauf er sich einläßt.
KICK: Gibt es spezielle Techniken, mit denen Sie die Kämpfe für sich entscheiden wollen?
Numrich: Als Kickboxer kann ich boxen und kicken. Die ersten vier Ultimate Fights haben jedoch gezeigt, daß die meisten Kämpfe am Boden entschieden werden. Darum trainiere ich jetzt viele Bodentechniken, um mein Gewicht vorteilhaft einzusetzen. Speziell Ellbogentechniken dürften mir im Bodenkampf helfen.
KICK: In der letzten Zeit gab es viel Gerede darüber, daß die UFC nichts anderes als Showkämpfe sind, ähnlich dem amerikanischen Wrestling. Ist es wirklich nur Show ?
Numrich: Es ist unterhaltsam, und hat deshalb Showcharakter. Dennoch geht es voll zur Sache.
KICK: In der letzten Zeit gab es viele Gerüchte, um einen möglichen Kampf zwischen dem Wing-Tsun Kämpfer Emin Botztepe und einem der Gracies. Was halten Sie von dieser Geschichte ?
Numrich: Ich glaube, daß es sich nur um eine künstlich aufgezogene PR-Aktion des WingTsun-Verbandes handelt. Ich kann das nicht für gut heißen. da es das infantile Gehabe in diesem Teil der Kampfkünste nur unterstützt. Jeder Sport muß sich weiterent-wickeln, und so ist der Kampf ein wesentlicher Bestandteil des Kampfsports und der Kampfkünste. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, daß ein Herr Kernspecht damit geworben hat, daß Leung Ting an sogenannten Vollkontaktkämpfen bis zur Aufgabe teilgenommen hat. Man hat sich damit großartig gerühmt. Wenn jedoch ein WT-Jünger später mal einen greisen Chinesen überfallartig verprügelt, hat das jedoch nichts mit Kampf zu tun.
KICK: Können Sie sich vorstellen, daß es zu einem Kampf zwischen Boztepe und den Gracies kommt?
Numrich: Natürlich kann ich mir das vorstellen. Man muß jedoch beachten, daß es sich dabei nicht um einen Kampf der Stile handeln wird. Es wird eine Auseinandersetzung von zwei Menschen sein, deren Motivation entscheiden wird, und nicht ihre Techniken. Im Rahmen solcher Kämpfe kann durchaus ein Unbekannter einen famosen Sportler besiegen.
KICK: Was wollen Sie machen, wenn Sie in den USA siegen?
Numrich: Dann will ich meine Bekanntheit dazu nutzen, ein Kampfsportprojekt für Jugendliche in Darmstadt zu etablieren.
KICK: Als möglicher Sieger werden Sie weitere Verpflichtungen im Rahmen der UFC wahrnehmen müssen. Können Sie sich einen solchen Wettkampf auch in Deutschland vorstellen?
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Numrich: Ich bin ein Kampfsportler, der schon viel versucht hat. Meiner Meinung nach ist der deutsche Kampfsport in den letzten Jahrzehnten ständig verwässert worden. Die UFC-Wettkämpfe sind der einzige Weg, diese Verwässerung aufzudecken und ins Reine zu bringen. Es dürfte eine große Herausforderung sein, so etwas gerade in Deutschland zu organisieren und durchzuführen.
KICK: Bei den Wettkämpfen kann man sich leicht verletzten. Spielt nicht das Geld – es gibt eine Prämie von knapp 100.000 Mark zu gewinnen – eine entscheidende Rolle, für Ihre Entscheidung zu Teilnahme?
Numrich: Aber sicher. Das Geld spielt eine große Rolle. Dennoch ist es ein recht kleiner Betrag. den es zu gewinnen gibt. Beim K1-Thaibox-Turnier in Japan, an dem ich übrigens auch teilnehmen werde, gibt es umgerechnet 150.000 Mark zu gewinnen, künftig soll daraus sogar eine ganze Million Dollar werden. Ich sehe es dennoch mehr als eine Herausforderung. Theorien zählen nicht viel, denn es ist ein hartes Geschäft. Gemessen an den hohen Einspielergebnissen der Veranstalter sind die Prämien eher dürftig. Man muß jedoch auch sehen, daß es viele Kämpfer gibt, die bereits für erheblich geringere Summen in den Ring steigen; viele sogar ganz umsonst.
KICK: Wie erklären Sie sich die Motivation dieser Leute?
Numrich: Es ist eine besondere Herausforderung, eines der letzten Abenteuer, das es in unserer Zeit noch gibt. Aber klar, es gibt dennoch viele Leute die es ablehnen. Warum sollte auch jemand an einem solchen Wettkampf teilnehmen, wenn er einen tollen Job hat und mit seinem Leben vollauf zufrieden ist. Steve Jennum, der Sieger der dritten UFC, ist ein Polizist, der es sicher nicht nötig hatte, teilzunehmen. Dennoch hat er es getan. Das sagt doch wohl alles.
Kurzporträt: Hubert Numrich
Alter: 36 Jahre (im Jahr 1995)
Geburtsort: Frankturt/Main
Wohnort: Weiterstadt, Hessen
Budodisziplinen: Judo, Ju Jutsu ab 1973 – Karate ab 1975 – Kickboxen ab 1977 – Thaiboxen ab 1993 – Seidokan-Karate ab 1994
Erfolge im Kickboxen: mehrfacher Deutscher Meister, Challenge Cup Sieger ’82 – Goldener Handschuh, Vize-WM ’91, WAKO – Profi WM-Kampf, WAKO-PRO
Sonstiges: Entwicklung des Sozialprogramms „Kampfsport für ehemals Drogenabhängige – zweifacher Baden Würrtembergischer Meister im Amateurboxen – Karate- und Kickboxtrainer.
Anmerkung: Hubert Numrich verstarb am 02.01.2020.