Sensation in Wien
Die kleine Sensation: Österreich schlägt Korea
Das ehrwürdige Wiener Budo Center war Austragungsort für einen Vergleichskampf eines österreichischen Teams gegen ein koreanisches Team, das sich gerade durch deutsche Lande schlug und dabei einen Abstecher nach Österreich wagte. Organisiert wurde das Ganze vom Taekwondo Club Octagon und Großmeister Kim Kwang Chul, der als Coach für das österreichische Team fungierte, was nicht ganz ohne Folgen bleiben sollte.
Geschwächtes koreanisches Team zeigt erwartete Leistung
Da das koreanische Team schon in Deutschland Vergleichskämpfe absolviert hatte und es dort Tribut zollen mußte, so daß nur mehr fünf der ursprünglich sieben Kämpfer einsatzfähig waren, kamen zwei der koreanischen Kämpfer zum Handkuß und mußten am Abend gleich zweimal auf die Matte. Nichtsdestotrotz boten die Koreaner zu Anfang die erwartete Leistung. In der Klasse bis 83 Kilo kämpfte Lee Sang-Il gegen den zweifachen österreichischen Staatsmeister Roman Sendor. Dieser konnte sich aber gegen Lee nicht entfalten, und mußte sich nach den dreimal zwei Minuten mit 4:5 geschlagen geben.
Österreicher holen auf
Österreichs derzeit heißestes Eisen im TKD, Ronny Kokert, zeigte Hong Song-Chul aber „wo den der Bartl den Most herholt“. Der vierfache österreichische Staatsmeister fand wieder einmal zu beachtlicher Form, so daß es zu Kampfende 6:4 für Kokert stand. Auch im nächsten Kampf hatte Korea, Sin Tae-Ung, das Nachsehen. Der junge Caliskan Tuncay wuchs an diesen Tag über sich hinaus und konnte den Koreaner überraschend mit 6:3 schlagen. Nach zwei Niederlagen zeigten die koreanischen Gäste, daß sie nicht zum Verlieren gekommen waren. In der Klasse bis 54 Kilo besiegte Park Tae-Yol Imam Müldür knapp mit 4:3 und stellte somit vor der Pause den verdienten Ausgleich her.
Überraschungsdemonstration von Großmeister Kim
In der Kampfpause zeigte das TKD Demonstrationsteam des Taekwondo Club Octagon, angeführt von Norbert Herzl und Achim Achaz, alle bekannten Höhen und Tiefen des Taekwondo Sports auf. Danach hatte sich der Veranstalter, Fritz Exenberger, noch etwas Besonderes einfallen lassen. Der völlig überraschte Großmeister Kim Kwang Chul wurde auf die Kampffläche gerufen und gebeten seinen berühmten Ziegelstein-Bruchtest vorzuführen. Dabei wird ein freistehender Ziegelstein normalerweise von Großmeister Kim mit der Handkante zerschmettert. Die Überraschung war auf Seiten Kims zu groß oder der Ziegelstein ein besonders böswilliger. Auf jeden Fall erwies sich der Ziegelstein an diesen Abend als besonders widerspenstig und als er auch nach dem zweiten Mal nicht brechen wollte, mußte die herkömmliche Methode herhalten. Von zwei Helfern gehalten wurde der Ziegelstein Opfer eines normalen Handkantenschlags (von oben nach unten ausgeführt). Dem konnte er sich nun wirklich nicht mehr widersetzten und ging auch prompt beim ersten Mal zu Bruch. Großmeister Kim konnte wieder lachen und die letzten drei Kämpfe, die die Entscheidung bringen sollten, konnten beginnen.
Österreicher triumphierten
In der Klasse bis 58 Kilo konnte Serdar Güner den Koreaner Kim Un-Kyu in die Schranken verweisen und mit 3:1 schlagen. Somit lag Österreich vorne und die entgültige Entscheidung lag bei den letzten beiden Kämpfern. Martin Lokay gegen Lee Sang-Il sollte die Entscheidungspartie heißen. Der junge Österreicher lieferte einen Mordskampf und gleich in der ersten Runde traf er den Koreaner mit einem Dollyo chagi so hart zum Körper, daß Lee die Luft wegblieb. So setzte sich die Begeg-nung fort und am Ende stand Lokay mit 7:1 als klarer Sieger fest. Er hatte den Kampf des Abends geliefert und den Österreichern den sicheren Sieg beschert. In ganz Österreich brach unbeschreiblicher Jubel aus und der Tag wurde zum Nationalfeiertag erklärt, wenn ja, wenn TKD in Österreich nur bekannter wäre und sich nicht alle Österreicher im Winter die Zeit damit vertreiben würden, auf Skiern irgendwelche Berge herunter zu wedeln. So blieb die unbeschreibliche Eu- phorie und Freude nur im kleinen Rahmen der Anwesenden und österreichischen TKD-Ausübenden, was aber schon einiges war. Die letzte Begegnung des Abends hatte nur kosmetischen Charakter. Der vierfache österreichische Staatsmeiste Hermann Rebensteiner fertigte Hong Song-Chul klar mit 4:1 ab, womit der österreichische Sieg klar unterstrichen wurde.
Fazit
Gute und spannende Kämpfe mit einem unerwarteten Ende, denn mit einem 5:2 Erfolg für Österreich hatten doch wohl nur die wenigsten gerechnet. Der zeigt zumindest, daß sich Österreich bereits auf den richtigen Weg in Richtung Olympische Spiele 2000 bewegt.
Diese Reportage erschien in der Erstausgabe des Samurai Magazins 01 / 1997. Photos und Text: Horst Kalcher