Ishiis K-1 Grand Prix wird von vielen als die bestbezahlte Kampfsportveranstaltung bezeichnet. Auch der Umstand, daІ er diesmal erstmals im Tokyo Dome mit einem Fassungsvermögen von 60.000 Zuschauern abgehalten wird, läßt auf eine der größten Veranstaltungen schlieІen. Doch nur wenige Wochen zuvor heimst ein anderer die Lorbeeren ein: Die Promotoren des „Pride-1“. Anfang Oktober gelang es ihnen mit einer Freefight-Veranstaltung den Tokyo Dome stattlich zu füllen.
Als Hauptkampf war Rickson Gracie, der stärkste der bekannten Gracie Brüder aus Brasilien, zu sehen. Weitere Kämpfer der verschiedenen Stile, die bereits in ihren Klassen und zumeist auch in regellosen Kämpfen einen großen Namen haben traten im attraktiven Vorprogramm an. Angesetzt wurden die Kämpfe auf die Distanz von 3 Runden zu 10 Minuten, zum Teil aber auch auf nur eine Runde zu insgesamt 30 Minuten. Jeder der schon einmal im Ring gestanden hat, weiß wie lange zwei oder drei Minuten sein können. Zehn Minuten am Stück durchkämpfen – ohne wesentliche Regelbeschränkungen – ist nur etwas für besonders hartgesottene Kämpfer, selbst unter den Free- und Ultimate-Fightern. Die Kampfbörse konnte mit dem K-1 leicht mithalten. Der Sieger des Hauptkampfes zwischen Gracie und dem Japaner Takada sollte gut 200.000 US-Dollar erhalten, und das für nur einen Fight, und nicht für drei wie beim K-1 nötig. Heißt es ab nun „Big Trouble in Tokyo“ unter Japans Promotoren?
Der гrussische Bär schwer KO
Der rußlandstämmige UFC-6-Gewinner Olek Taktarov und der Amerikaner Gary Goodridge lieferten den ersten Kampf des Abends. Der Farbige Goodridge zeigte gleich zu Anfang, daß er die besseren Kicks hatte und auch im Schlagen besser war. Schon nach kurzem zeigte sich auf Taktarovs Gesicht ein Cut unter dem linken Auge. Nach einer weiteren Attacke mußte Taktarov zu Boden, wußte aber das Schlimmste zu verhintern. Am Boden sitzend drehte er sich mit dem vor ihn stehenden Goodridge mit, so daß dieser nicht angreifen konnte. In einem unachtsamen Moment kickte der Amerikaner aber doch, und konnte Taktarov am Kopf erwischen. Obwohl sichtlich angeschlagen kam der Russe wieder hoch nachdem der Ringrichter unterbrochen hatte, war aber nur mehr leichte Beute für Goodridge. Ein weiterer Haken des Amerikaners krachte ans Kinn Taktarovs und der fiel um wie ein naßer Sack. Nach knapp fünf Minuten war Goodridge somit Sieger.
Ex-Sumokämpfer setzte sich durch
Als einer der wenigen war es Kitao Mitsuharu möglich gewesen im traditionellen Sumoringen den allerhöchsten Rang zu erreichen. Als Yokozuna war er im Sumo ein kleiner Gott. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere beschloß er, sich dem Freefight zu widmen und machte von da an anderen im Ring das Leben schwer. Diesmal sollte es der Australier Nathan Jones sein. Obwohl der Australier um zwei Köpfe größer war als der Japaner, bewegte er sich leicht-füßig im Ring. Der erste Dreh-schlag Jones, den ihm in dieser Geschwindigkeit niemand zugetraut hatte, verfehlte Kitaos Kopf nur um Millimeter. Danach sah Kitao, daß auch er etwas machen mußte, um den Australier nicht gänzlich das Zepter übernehmen zu lassen. Nach einigen Low-kicks und Faustschlägen beförderte er Jones auf den Ringboden, wo er ihn mit den Fäusten bearbeitete. Nachdem dies nicht den gewünschten Erfolg brachte, versuchte sich Kitao an einem Armhebel, der ihn auch gelang. Jones klopfte ab, und Kitao, für den es zu Anfang gar nicht gut ausgesehen hatte, konnte den Ring doch noch als Sieger verlassen.
Cikatic als Freefighter
Der nächste Kampf wurde von vielen heiß erwartet. Nachdem Branko Cikatics Vertrag mit Ishii und dem K-1 nach seinem letzten Kampf und der nicht ganz unumstrittenen Niederlage gegen Bernardo ausgelaufen war, wandte man sich zusammen mit Trainer Thom Harinck einer neuen Geldquelle zu, dem Freefight. So konnte man den Kroaten hier das erste Mal im Ring bestaunen, und man war gespannt, was er denn zeigen würde. Sein Gegenüber war der dunkle Amerikaner Ralph White. Cikatic war es, der die erste Aktion setzte. Gleich nach dem Shakehands brachte er einen Drehkick, der sein Ziel aber verfehlte. Danach war White an der Reihe. Mit Highkicks und Lowkiscks, die teilweise ihr Ziel trafen, versuchte er den Kroaten aus der Reserve zu locken, während Cikatic sich darauf beschränkte, dem Treiben des Amerikaners zuzusehen. Doch dann wollte er doch zeigen, daß er sein Geld wert war, und bedrängte White mit harten Faustschlägen, so daß dieser den Rückwärtsgang einlegen mußte, und ihm Zurückgehen zu Boden fiel. Kurz bevor White aus dem Ring fiel, gelang es Cikatic noch, mit dem Schienbein am Kopf zu treffen. Was im wahrsten Sinne des Wortes seine Spuren bei White hinterlies. Als ihm von seinen Betreuern wieder in den Ring geholfen wurde, prahlte eine Beule auf seinem Kopf, die sich in Sekundenschnelle auf Hühnereigröße entwickelte. Der Ringarzt wurde herbeigerufen. Der war genauso ratlos wie alle andereren. So was war ihm noch nie untergekommen, und so tat er, was er als guter Doktor auch tun mußte: Er lies den Kampf abbrechen. Die Begegnung wurde als no-contest gewertet. Cikatic hatte bewiesen, daß er auch nach seiner Kickboxkarriere noch hinlangen kann.
Japan Fighting Spirit
Japans Kyokushin Karate Größe Kurosawa Hiroki stand dem Holländer und Gordeau-Schüler Igor Meindert gegenüber. Dieser überragte den Japaner um zwei Köpfe, so daß ein rasches Ende vorauszusehen war. Doch Kurosawa stellte sich brav seinem Schicksal und versuchte das Beste mit Lowkicks. Diese blockte Meindert und quittierte sie mit einem müden Lächeln. Der Größenunterschied zwischen den beiden war beträchtlich, und so entbehrte die ganze Situation nicht an Komik. Der kleine Japaner kickte was das Zeug hielt, während der große Holländer einen eher gelangweilten Eindruck machte. Meindert war zwar kein Kicker, dafür konnte er aber werfen. Dies lies er auch Kurosawa spüren. Immer öfter fing er die Kicks des Japaners ab, und beförderte ihn mit Würfen gekonnt zu Boden. Bei einem dieser Würfe verletzte Kurosawa sich am rechten Knie. Er war kaum in der Lage auf die Beine zu kommen, geschweige denn das rechte Bein zu belasten, so daß man jeden Augenblick damit rechnen mußte, daß der Kampf-richter den Kampf abbrechen würde. Doch man hatte die Rechnung ohne Kurosawa und dem Kyokushin Fighting Spirit gemacht. Obwohl er kaum noch stehen konnte rettete sich Kurosawa irgendwie über die Runde. In der Pause wurde sein Knie bandagiert und der Japaner nahm den Kampf wieder auf. Anfangs ging es wieder zu gehen, doch im Verlauf der Runde, nachdem sich der Karateka wieder nach einigen Würfen Meinderts auf dem Boden gefunden hatte, wurde für ihn das Stehen wieder schwerer. So auch in der dritten Runde. Nach einem Kickversuch mit dem rechten Bein sackte Kurosawa durch, und war nicht mehr in der Lage aufzustehen. Dem Ringrichter blieb nichts anderes übrig als den Kampf abzubrechen, und den Sieg Meindert zuzusprechen. Ob solche Aktionen, trotz offensichtlich schwerer Verletzungen den Kampf fortzusetzen und so noch größere Schäden zu produzieren, tapfer und edel oder einfach nur hirnrissig und dumm sind, muß jeder für sich selbst entscheiden. Fest steht, die Japaner lieben es, und so wurde auch Kurosawa mit großem Applaus gefeiert.
UFC Gewinner kämpft unentschieden
Der zweimalige UFC Gewinner (UFC 5 und UFC 9) Dan Savern war als nächster an der Reihe. Ihm stand der Hawaianer Kimo gegenüber. Kimo erlangte in Japan Berühmtheit als er bei den UFC III dem damaligen Favoriten Royce Gracie so stark zusetzte, daß dieser zum nächsten Kampf nicht mehr antreten konnte. Danach lieferte er in Japan einen der ersten Freefights im Käfig gegen den Amerikaner Pat Smith, den er durch KO gewinnen konnte. Scheinbar wußte er, daß er mit Savern einen gefährlichen Gegner hatte, und so geschah in der auf 30 Minuten angesetzten Kampfzeit nicht wirklich viel. Beide sind keine begnadeten Schläger, und Kimo wußte, daß ihm der ehemalige Ringer Savern am Boden überlegen sein würde. Auch Savern setzte nicht viele Aktionen, und mit zunehmender Zeit wurden auch das wenige, das zu sehen war, auf ein Minimum reduziert. Nachdem beide wenig zeigten, wurde diese Begegnung nach Ablauf der dreißig Minuten für unentschieden erklärt.
Erfolg ala Gracie – wie man 300.000 Mark in fünf Minuten verdient
Danach kam der Hauptkampf, nicht nur wegen der Beteiligten, auch wegen der Begleitumstände. Während im K-1 Grand Prix noch drei Kämpfe notwendig sind, um die begehrte Siegesprämie zu bekommen, hatten sich die Organisatoren des Pride etwas besonderes einfallen lassen. Ein Kampf sollte reichen, um in den Genuß der umgerechnet rund 300.000 Mark zu kommen. Die beiden Akteure waren der Japaner Takada Nobuhiko und Brasiliens Jiu-Jitsu Wunderkind Rickson Gracie, der von vielen als der stärkste Gracie bezeichnet wird und aus über 400 Vale Tudo Begegnungen als Sieger hervorgegangen sein soll.
Die Kampfzeit war auf 30 Minuten angesetzt, doch jeder der Gracie schon einmal gesehen hatte wußte, daß es so lange nicht dauern würde. Auch diesmal sollte es so sein. Was am meisten Zeit beanspruchte war das Herumtänzeln Takadas, der sichtlich von Gracie beeindruckt war. So geschah die ersten zwei Minuten nichts. Gracie stand in der Mitte des Rings während der Japaner um ihn herumtänzelte, und versuchte jede Berührung mit dem „gefürchteten“ Brasilia-ner zu vermeiden. Danach schien es Gracie doch zu lange zu dauern. Er versuchte Takada zu tackeln, wobei es der Japaner jedoch schaffte sich am obersten Ringseil festzuhalten, so daß er nicht zu Boden gebracht werden konnte. Der Ringrichter trat dazwischen und trennte die beiden Kämpfer, was bei Gracie große Verwunderung hervorrief. Takada bekam allerdings eine Verwarnung zugesprochen, da er sich länger als zehn Sekunden am Seil festgehalten hatte, was gegen die Regeln verstieß. Somit ging es für ihn von nun an um‘s Ganze, den eine weitere Ver-warnung würde seine Disqualifikation bedeuten. Nun übernahm Gracie die Initiative. Ein weiterer Versuch Takada auf den Boden zu bringen war erfolgreich. Gracie saß auf dem Japaner, der versuchte das Schlimmste zu verhindern, und seinen Kopf so eng wie möglich bei Gracie zu halten, um vor dessen Faustschlägen geschützt zu sein. Auch Gracie merkte, daß Takada nicht mit den Fäusten entscheidend zu treffen war, und änderte so seine Taktik. Er ging zu einem Armhebel über, den er auch erfolgreich durchbrachte. Takada blieb nichts anderes übrig als abzuklopfen. Der Sieg und somit auch 300.000 Mark wanderten somit, wie erwartet, in Gracies Tasche, der wieder einmal zum abcashen nach Japan gekommen war. Diesmal hatte er es in 4:47 Minuten geschafft, was einem Sekundenlohn von mehr als 1.000 Mark entsprach Groß war die Freude in der brasilianischen Ecke. Hatte man in Japan doch wieder einmal gezeigt, daß die Gracies immer noch die Nummer Eins sind.
Angesichts des großen Erfolges sehen die Veranstalter schon bald einer Neuauflage entgegen. Gegenüber anderen großen Freefight-Shows haben sie in Japan den Vorteil, daß sie glaubwürdige und gute Athleten verpflichtet haben, so daß neben dem Unterhaltungswert auch der Sport – soweit man dies von solchen Veranstaltungen sagen kann – einen guten Stellenwert genießt. Der große Star ist und bleibt Rickson Gracie, der sicher bei kommenden Galas für ein volles Dome sorgen wird. Nach Gerüchten aus einschlägigen Fachkreisen soll er bei der kommenden Veranstaltung gegen Marco Ruas, dem Gewinner der UFC VII kämpfen. Genaues wird man erst in Zukunft erfahren. KICK wird natürlich darüber berichten.