Zur Ausübung seines Berufs braucht er einen Koffer, einen ReisepaB und gute Flug- und Autoverbindungen. Heute Berlin, morgen London – übermorgen Los Angeles. So ist das eben, wenn jemand ein international bekannter Lehrer für die Hohe Kunst der Selbstverteidigung ist. Die Rede ist von dem Kampfkünstler und Schauspieler EMIN BOZTEPE.
EMIN BOZTEPE
EIN MODERNER KRIEGER
Ein Bericht von FRANK KRUEGER
Die frühen Jahre
E.B. wurde 1962 in einer türkischen Kleinstadt geboren. Als er 4 Jahre alt war, übersiedelte seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Sein Vater hatte hier als sogenannter Gastarbeiter eine Arbeit gefunden. Die 60er Jahre waren eine Zeit, in der die Türken noch etwas ganz Fremdes im deutschen StraBenbild darstellten. Mißtrauen, Probleme, Anpöbeleien waren an der Tagesordnung. Das bekam auch der junge Emin zu spliren. Schon früh lernte er, sich zu wehren. Um dieses noch effektiver zu konnen, begann er sich mit Kampfsportarten zu beschaftigen. Ob Judo, Boxen, Karate, guckte er noch überall mal hinein. Langer blieb er dann beim Tae Kwon Do.
Das ist es!
Bis 1980, da las er in einer Fachzeitschrift einen Bericht fiber das chinesische WingTsun. Die Theorie dieses Karnpfstils und das Wissen, daß auch die Wurzeln seines allerersten Vorbildes, nämlich Bruce Lee, im WT lagen, veranlaßten ihn, die ersten Seminare zu besuchen. Begeistert stellte er fest: „Das ist es! Kein Lernen abgehackter und vereinzelter Bewegungen mehr. All meine Energie fließt komprimiert nach vorn. Welch und doch stark und unaufhaltsam wie Wasser.“ Gleichzeitig begann er das philippinische Verteidigungssystem ESCRIMA (in Europa hauptsächlich als Stockkampf bekannt) zu erlernen. Schnell erkannte WT-Europacheftrainer, Großmeister Keith R. Kernspecht, welches groBe Potential in dem jungen Mann steckte. Sein Privatunterricht verbunden mit Emins Kreativitat und ungeheurem Trainingsfleiß, zeigte schnell Erfolg.
Talent und Beruf werden eins
Bereits 1982 gab Emin seiner erlernten Beruf als Heizungsbauer auf und wurde Profi-Trainer für WingTsun und Escrima. Die Fortschritte gingen weiter. Schon bald galt er als einer der qualifiziertesten Trainer und besten Kämpfer der gesamten International WingTsun Martial Art Association. Doch all das reichte ihm nicht. Obwohl von seinern eigenen Kampfsystem Uberzeugt, suchte er es doch ständig nach Schwachstellen ab. Trainierte mit Ringern, Thai-Boxern, Boxern. Die Erfahrung aus diesen Begegnungen floB ins WT zurlick, z.B. in Form neuer Bodenverteidigungstechniken. 1987 dann der Lohn: Eine groBe Kampfsportzeitschrift wählte ihn zum „fighter of the year.“
Dreimal erschienen Dokumentationen Uber ihn im Fernsehen, 1988 im ZDF – 1990 auf RTL plus – 1991 im RIAS TV Berlin.
Neue Horizonte
1991 bewarb sich Emin Boztepe spontan bei der Filmregisseurin Doris Dörrie („Männer“) für die Hauptrolle des Films Happy Birthday, Türke. Duch für die Rolle des eher schmächtigen türkischen Privatdetektivs sah der Modellathlet einfach zu groB und zu stark aus. Immerhin bekam er eine Nebenrolle; er spielte einen gefährlich aussehenden türkischen Dealer.
Go West
1992 wurde Los Angeles, wo er seitdem die Hälfte des Jahres lebt, zu seinem 2. Wohnsitz. Nachdem Emin bereits in den 80er Jahren Cheftrainer für die Türkei war, dieses Amt aber aus Zeitmangel aufgab, wurde er 1992 zum Cheftrainer der USA ernannt. Seitdem heißt es L.A. – Houston – New York und immer wieder Lehrgänge in Europa. Zu den von ihm Trainierten gehören neben tausenden von Schülern mittlerweile auch hochkarätige Sicherheitsorganisationen, wie das bertühmte amerikanische Marine Corps, das Geiselbefreiungs-team des FBI und die Elite-Einheit der GSG 9. AuBerdem international bekannte Schauspieler, wie sein Freund Mickey Rourke und der frUhere Bodybuilding-Weltmeister Ralf Möller. Ebenfalls 1992 folgte die erste Filmrolle in den USA (Shoot-Fighter).
Heute Morgen Immer vorwarts
Schnell hat sich Emin in Los Angeles eingelebt. Er trainiert mit Box-Weltmeistern, wie Roberto Duran und Victor Cordoba, trifft sich mit Schauspielern wie Jeff Goldblum, James Caan und Arnold Schwarzenegger. Und zielstrebig plant der Kampfkunststar seine nachste Karriere: Filmschauspieler. Wer sein Lebensmotto kennt, weiß, daß er irgendwann auch das schaffen wird. Emin Bortepe: „Mein Lebensmotto ist wie mein Kampfstil: In Bewegung sein, fließend sein and immer vorwärts.“
Dieser Bericht erschien in einer Kicksider Ausgabe im Jahr 1993.